Deutschland

Kindesmissbrauch: Zwölf Jahre Haft für Priester

Das Landgericht Köln hat am Freitag einen römisch-katholischen Priester wegen sexuellen Kindesmissbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Dem heute 70-Jährigen werden 118 Tatvorwürfe zur Last gelegt. Das jüngste Opfer war ein neun Jahre altes Mädchen.

Der Priester soll über viele Jahre Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Der Priester zwang Kinder laut Anklage zum Geschlechtsverkehr, zu Oralsex und zu vielen anderen sexuellen Handlungen. Während des Prozesses hatten sich weitere Opfer gemeldet, woraufhin die Anklage erweitert wurde und der Priester in Haft kam. Das Gericht sah Wiederholungsgefahr.

In dem seit November laufenden Prozess wurde deutlich, dass der Priester stets ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis auszunutzen verstand. Er missbrauchte den Zeugenaussagen zufolge zum Beispiel ein Mädchen, das in einer Ferienfreizeit Heimweh hatte. In einem anderen Fall erweckte er den Eindruck, sich um die Tochter einer alkoholkranken Mutter kümmern zu wollen.

„Therapievereinbarung“ als Vorwand

Als Krankenhausseelsorger wiederum baute er zu einer Familie ein besonderes Vertrauensverhältnis auf. In einem Fall schloss der Geistliche mit Eltern eine „Therapievereinbarung“ für ihre angeblich jähzornige Tochter ab. Stets habe er dies dann dafür ausgenutzt, die Mädchen sexuell zu missbrauchen, so die Anklage.

Obwohl den Verantwortlichen des Erzbistums Köln immer wieder Vorwürfe und Gerüchte gegen den Pfarrer zugetragen wurden, erhielt er stets aufs Neue die Gelegenheit, mit Kindern allein zu sein. Das Erzbistum bezahlte sogar seine Anwaltskosten, nachdem vorübergehend gegen ihn ermittelt worden war. Die Ermittlungen wurden zunächst wieder eingestellt, weil die Nichten des Pfarrers ihre belastenden Aussagen zurückzogen.

Erzbischof: „Haben konsequent gehandelt“

Amtsträger des Erzbistums Köln haben in dem Prozess gleichwohl jede Mitverantwortung bestritten. „Wir haben konsequent gehandelt“, beteuerte etwa der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, früher Personalchef in Köln, in seiner Zeugenvernehmung.

Der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann hat in dem Prozess seine Irritation über die Haltung der katholischen Verantwortungsträger teilweise offen gezeigt. So fragte er den ebenfalls als Zeugen geladenen ehemaligen Kirchenrichter Günter Assenmacher, warum dieser keine eigene Recherche unternommen habe, um dem Fall auf den Grund zu gehen. Man könne einen Missbrauchsfall schwerlich durch Herumblättern in der Personalakte aufdecken, hielt er ihm vor.

Vorgeschichte nicht erwähnt

Assenmacher antwortete, weitergehende Untersuchungen seien nicht seine Aufgabe gewesen. In seine Aussagen streute Assenmacher dann immer wieder lateinische Wendungen und Begriffe ein. Kaufmann las auch aus einem Schreiben vor, das Assenmacher damals an eine Kollegin im Erzbistum gerichtet hatte, die ihn an den Fall des Priesters erinnert hatte. „Ich hatte die Unterlagen in den Giftschrank hier eingeschlossen und ganz aus dem Blick verloren“, entschuldigte sich der Ex-Kirchenrichter damals.

An einem anderen Prozesstag verlas der Vorsitzende Richter einen Brief eines Leitenden Pfarrers, in dessen Verantwortungsbereich der Angeklagte gearbeitet hatte. Als er seine Stelle angetreten habe, sei er vom Erzbistum mit keinem Wort über den im Raum stehenden Verdacht gegen den Priester informiert worden, schrieb der Pfarrer in seinem Brief. Im Gegenteil, man habe ihm noch gesagt, dass es sich um eine „bestens bestellte“ Musterpfarrei handele.