Patriarch Kyrill
Reuters/Patriarchal Press Service/Handout
Reuters/Patriarchal Press Service/Handout
Ukraine

Scharfe innerorthodoxe Kritik an Moskauer Patriarch

Vor allem in den orthodoxen Kirchengemeinden in Westeuropa mehren sich die Stimmen, die nicht nur den Ukraine-Krieg verurteilen, sondern auch mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill scharf ins Gericht gehen.

„Wir bringen unsere Solidarität mit allen Gläubigen in der Ukraine zum Ausdruck, unabhängig davon, welcher Kirche sie angehören, aber insbesondere mit der autokephalen orthodoxen Kirche der Ukraine“, hieß es beispielsweise in einer am Wochenende verbreiteten Erklärung der georgisch-orthodoxen Diözese von Belgien und den Niederlanden, wie das Portal Orthodox Times berichtete.

Die Zeit sei zudem reif, dass die georgisch-orthodoxe Kirche die Orthodoxe Kirche der Ukraine als autokephal (eigenständig) anerkennt, hieß es weiter. Vonseiten des Moskauer Patriarchats wird der Orthodoxen Kirche der Ukraine jegliche Legitimität aberkannt. Einzig legitime Kirche ist für Moskau die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats. Doch auch diese hat den Angriff Russlands auf die Ukraine scharf verurteilt.

Angst nimmt zu

In Georgien nimmt die Angst von Tag zu Tag zu, nach der Ukraine der nächste Staat auf der Eroberungsliste Wladimir Putins zu sein. Das Land hat deshalb auch vor wenigen Tagen einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Der georgisch-orthodoxe Patriarch Ilia II. war das erste orthodoxe Kirchenoberhaupt, das schon wenige Stunden nach dem Angriff Russlands am 24. Februar zum sofortigen Stopp des Krieges aufgerufen hatte.

Eine russisch-orthodoxe Gemeinde in Amsterdam hat unterdessen angekündigt, aus Protest gegen die Haltung des Moskauer Patriarchen Kyrill zum Krieg dessen Namen nicht mehr in der Liturgie zu kommemorieren. In der Orthodoxie ist dies mehr oder weniger gleichbedeutend mit der Aufkündigung der Kirchengemeinschaft. „Auf diese Weise schließen wir uns dem orthodoxen Klerus der Ukraine an, der in zunehmender Zahl aufhört, des Patriarchen Kyrill zu gedenken“, hieß es in einer Erklärung der Gemeinde.

Kritik aus Rumänien

Ohne die Moskauer Kirchenführung direkt beim Namen zu nennen, übte dieser Tage auch der Sprecher des Bukarester Patriarchats, Vasile Banescu, schärfste Kritik an der Haltung der russisch-orthodoxen Kirche. Ein wahrhaftiger Christ habe die moralische und spirituelle Pflicht, in der aktuellen dramatischen Situation, in der Abertausende unschuldige Menschen sterben, Gerechtigkeit von Ungerechtigkeit und Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, so Banescu.

Er bezichtigte die russisch-orthodoxe Kirchenführung der Komplizenschaft mit Wladimir Putin. Ein wahrhaftiger Christ würde auch nicht in das System aus „Falschmeldungen und perfider antieuropäischer Propaganda“ einstimmen, so der Sprecher des Patriarchats. Die Erklärung des Sprechers wurde auf der offiziellen Website der rumänisch-orthodoxen Kirche veröffentlicht.

Patriarch Kyrill offenbar unbeeindruckt

In den orthodoxen Kirchen in Russland wurde unterdessen am Sonntag für den Frieden gebetet, wie einer Mitteilung auf der offiziellen Website des Moskauer Patriarchats zu entnehmen ist. Auch Patriarch Kyrill sprach beim Sonntagsgottesdienst in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau ein entsprechendes Gebet.

Allerdings ging er zugleich auch scharf mit jenen ins Gericht, die derzeit ihre Waffen gegen das „heilige Russland“ erheben würden. Am Ende des Gottesdienstes, an dem auch zahlreiche russische Regierungsvertreter teilnahmen, wurde die Kulturministerin der Russischen Föderation, Olga Borisovna Lyubimova, mit einem hohen kirchlichen Orden ausgezeichnet.