Rund 20 atheistische Vereine zählt man in Österreich, von Freidenkern, Humanisten und Atheisten über Skeptiker bis zum Spaghettimonster. Der heurige Fokus auf säkulare Flüchtlingshilfe ist laut Wilfried Apfalter von der Atheistischen Religionsgesellschaft (ARG) ein gemeinsamer Nenner von zumindest fünf verschiedenen atheistischen Gruppen. Man wolle auf „die Not atheistischer, zumeist vom Islam abgewandter Flüchtlinge“ aufmerksam machen, heißt es in einer Aussendung. Die Verfolgung aufgrund des Glaubens (oder eben des Nichtglaubens) kann als Flucht- und Asylgrund gelten.
In Österreich sei es wichtig, „dass die Religionsfreiheit uns alle schützt“, so Apfalter, der den Spendenaufruf initiierte. Auch wenn die staatliche Asyl- und Rechtsberatung sowie Diakonie und Caritas alle Menschen unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit berät, würde von der Säkularen Flüchtlingshilfe unter dem Motto „Atheist:innen helfen Atheist:innen“ gezielt diesen Geflüchteten geholfen, so Apfalter gegenüber religion.ORF.at. Es wird Rechtsberatung und auch finanzielle Unterstützung bei Gerichtsverfahren angeboten. Die Säkulare Flüchtlingshilfe ist ein eingetragener Verein.
Fluchtgrund Atheismus und Religionskritik
Atheistische Flüchtlinge seien „überwiegend sehr engagierte, politisch denkende Menschen, die sich gegen die dogmatische Ideologie der vorherrschenden Religion ihrer Heimatländer auflehnen“, heißt es auf der Website der Säkularen Flüchtlingshilfe.
Unterstützung leisten Personen, die selbst vor religiösen Zwängen in ihren Heimatländern geflohen sind. Der Verein will das öffentliche Bewusstsein für Flüchtlinge stärken, die wegen ihrer Weltanschauung fliehen mussten. Man setze sich dafür ein, „dass Atheismus und Religionskritik bei entsprechender Bedrohungslage in der Heimat konsequent als Asylgrund anerkannt wird“.
Der Scherz vom Atheisten-Tag
Der „World Atheist Day“ am 23. März geht auf eine Initiative der internationalen Organisation „Atheist Republic“ zurück. Der Tag soll auf das Recht auf Religionsfreiheit (auch im Sinn von Freiheit von der Religion), das Recht, frei von Diskriminierung und Verfolgung zu leben und sich frei zu seinen Ansichten bekennen zu können, aufmerksam machen.
Um die Entstehung des World Atheist Day rankt sich folgende Legende: Eine fiktive atheistische Person klagte die fiktive Regierung auf einen eigenen atheistischen Feiertag. Ein fiktives Gericht bestimmte den Scherztag 1. April als solchen. Die Geschichte machte im Internet die Runde und in der Folge wurde der 1. April von manchen Atheistinnen und Atheisten tatsächlich als Feiertag angenommen. Zugleich entlarvten sie ihn aber als Scherz und so gibt es mindestens zwei Atheisten-Tage im Jahr.
Etwa vier Prozent Atheisten in Österreich
Über die Zahl der in Österreich lebenden Atheistinnen und Atheisten gibt es nur Schätzungen. Die Statistik Austria erhebt keine Daten zur Religionszugehörigkeit mehr, die letzten stammen aus 2001. In einer Studie von 2018 bezeichneten sich 63 Prozent der Befragten als religiös, 29 Prozent als nicht-religiös und vier Prozent als überzeugte Atheisten.
Die Anliegen und Zwecke der atheistischen Vereine und Organisationen sind unterschiedlich, manche haben eher rechtliche Schwerpunkte, manche sind mehr gesellschaftlich oder sozial engagiert und wieder andere sind dezidiert politisch.
Anerkennungsbestrebungen atheistischer Vereine
Die Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) strebt beispielsweise die Anerkennung als staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft an. Sie ist der Ansicht, dass nicht die Menschen von Göttern erschaffen wurden, sondern dass die Menschen Götter erschaffen. Ihre Religionsausübung verstehen sie als praktische Lebenshilfe. Religion wird grundsätzlich als theistische, nichttheistische oder atheistische Glaubensüberzeugung verstanden.
Auch die parodistische Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich (KdFSMÖ) strebt eine rechtliche Anerkennung als eingetragene Religionsgemeinschaft an. Das sei ein wichtiger Beitrag für die Gleichberechtigung aller nicht-religiösen und religiösen weltanschaulichen Überzeugungen vor dem Gesetz", so die Aussendung zum Welt-Atheisten-Tag. Die Gemeinschaft vertritt ihrem Selbstverständnis nach humanistische Werte.
„Frei von Dogmen denken“
Der Freidenkerbund, der sich nach der Umbenennung des ursprünglichen Freidenkerbunds in Humanistischer Verband Österreich (HVÖ) neu gründete, erachtet Religionskritik als wichtiges Element von Kritik an jeder Art von Ideologie. Fördern will man laut Website „eine nicht-religiöse, rational begründete Weltsicht, die sich auf ein Denken frei von Dogmen und Tabus stützt“. Über den Krieg in der Ukraine zeigt sich der Bund „entsetzt“. „Wir bekennen uns zu Menschlichkeit, Solidarität und Mitgefühl und unterstützen daher aus innerster Überzeugung die Säkulare Flüchtlingshilfe Österreich“, so die Aussendung.
Ziel des Humanistischen Verbands Österreich (HVÖ) ist laut Stellungnahme für religion.ORF.at eine säkulare, offene und pluralistische Weltgesellschaft. „Wir verbinden Atheismus mit Menschlichkeit und Menschenrechten“. Der Verband tritt für eine Trennung des Staates von religiösen Gemeinschaften ein und will humanistische Einrichtungen und soziale Dienstleistungen aufbauen und betreiben. Auf Anfrage teilte der Verband mit, dass auch er die Säkulare Flüchtlingshilfe unterstützt.
Weitere Vereine und Initiativen befassen sich mit der Sicherung von Freiheit, agnostischen Themen und Demokratie. Das „Atheist Republic Vienna Consulate“ ist die „Atheist Republic“-Dependence in Wien. Hier geht es vor allem um die Vernetzung von Atheistinnen und Atheisten online und auch bei persönlichen Treffen.