China

Kardinal festgenommen: China weist Kritik zurück

Der in Hongkong festgenommene Kardinal Joseph Zen Ze-kiun ist wieder in Freiheit. China wies am Donnerstag die Kritik des Westens an der vorübergehenden Festnahme des ehemaligen Bischofs von Hongkong mit scharfen Worten zurück.

Der 90-jährige Kardinal Joseph Zen und weitere mit ihm festgenommene Demokratie-Aktivisten würden beschuldigt, „sich mit ausländischen Staaten und Mächten verschworen zu haben“, erklärte das Büro des von Peking eingesetzten Hongkong-Beauftragten am Donnerstag.

Sie hätten sich verschworen, um die nationale Sicherheit zu gefährden – dies sei „eine schwerwiegende Tat“, erklärte das Büro, welches das chinesische Außenministerium in Hongkong repräsentiert.

Auf Kaution entlassen

Das unabhängige Internetportal Hong Kong Free Press hatte am Mittwochabend auf Twitter ein Foto des Kardinals mit Maske und die Information verbreitet, der 90-jährige Zen sei auf Kaution aus dem Polizeihauptquartier entlassen worden.

Der Hongkonger Kardinal Joseph Zen
APA/AFP/Isaac Lawrence
Der Hongkonger Kardinal Joseph Zen

Anschließend habe er den Ort ohne weitere Erklärungen in einem Privatauto verlassen. Örtlichen Berichten von Mittwoch zufolge war der frühere Bischof von Hongkong und prominente Kritiker der chinesischen Regierung zuvor gemeinsam mit zwei weiteren Personen von der Nationalen Sicherheitspolizei festgesetzt worden.

Bei den beiden anderen handelt es sich den Angaben zufolge um die ehemalige Oppositionsabgeordnete und Anwältin Margaret Ng Ngoi-yee, die laut Hong Kong Free Press nun ebenfalls auf Kaution wieder freikam, und die Aktivistin für Lesben- und Schwulenrechte sowie Sängerin Denise Ho Wan-sze.

Demonstranten unterstützt

Alle vier Beschuldigten waren Verwalter eines inzwischen aufgelösten Hilfsfonds, der Demonstrantinnen und Demonstranten finanziell unterstützte, die während der Massenproteste im Jahr 2019 festgenommen worden waren.

Das im Juli 2020 von Peking verhängte sogenannte Sicherheitsgesetz erlaubt den Behörden in Hongkong ein drakonisches Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Mehr als 180 Hongkonger sind derzeit auf Grundlage dieses Gesetzes inhaftiert; die Beschuldigten kommen in der Regel nicht gegen Kaution frei und müssen mit langen Haftstrafen rechnen.

„Geheime Absprachen“

Den Berichten nach werden allen Festgenommenen „geheime Absprachen mit ausländischen Kräften“ vorgeworfen. Bereits am Dienstag sei auch der Kulturwissenschaftler Hui Po-keung am Flughafen von Hongkong verhaftet worden, hieß es.

Insgesamt sollen fünf Personen festgenommen worden sein, die wie Zen als Treuhänder an der Verwaltung eines inzwischen aufgelösten humanitären Fonds für Demonstranten der gegen Peking gerichteten prodemokratischen Proteste 2019 beteiligt waren.

Vatikan „besorgt“

Der Vatikan äußerte sich nach der Verhaftung „besorgt“. Der Heilige Stuhl verfolge die weitere Entwicklung „mit sehr großer Aufmerksamkeit“, erklärte Vatikan-Sprecher Matteo Bruni. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing (Limburg), schrieb auf Twitter, der Vorgang erfülle ihn mit „großer Sorge“.

In einem weiteren Tweet der Deutschen Bischofskonferenz hieß es: „Kardinal Zen ist seit Jahrzehnten ein unbequemer und unbestechlicher Streiter für die Freiheit der Menschen gegenüber den Anmaßungen der kommunistischen Staatsmacht, die mittlerweile auch Hongkong unter ihre Kontrolle gebracht hat.“

Prominenter Kritiker

Kardinal Zen zählt zu den kirchenpolitisch prägenden katholischen Vertretern Asiens. Über seine Amtszeit hinaus gehört der Ordensmann der Salesianer Don Boscos zu den prominenten Kritikern der chinesischen Regierung und ihrer Religionspolitik, zuletzt zunehmend auch des Vatikan und seiner China-Politik.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte: „Die Verhaftung eines 90-jährigen Kardinals wegen seiner friedlichen Aktivitäten ist ein schockierender neuer Tiefpunkt für Hongkong und veranschaulicht den freien Fall der Menschenrechte in der Stadt in den vergangenen zwei Jahren.“

Human Rights Watch: „Unheilvolles Zeichen“

Weiter hieß es: „Die Verhaftungen, die nach der Ernennung des ehemaligen Sicherheitschefs John Lee durch die chinesische Regierung zum Regierungschef der Stadt erfolgen, sind ein unheilvolles Zeichen dafür, dass das harte Durchgreifen in Hongkong eskalieren wird.“ Der chinatreue bisherige Sicherheitsminister John Lee war am Sonntag (8. Mai) zum neuen Regierungschef Hongkongs bestimmt worden.