Tschechien

Graubner wird neuer Erzbischof von Prag

Papst Franziskus hat den bisherigen Olmützer Erzbischof Jan Graubner (73) zum neuen Erzbischof von Prag ernannt. Das teilten das vatikanische Presseamt und die Erzdiözese Prag am Freitagmittag laut Kathpress zeitgleich mit.

Der Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz folgt damit Kardinal Dominik Duka (79), der seit 2010 an der Spitze der Hauptstadt-Erzdiözese in der Tschechischen Republik stand und vor wenigen Wochen seinen 79. Geburtstag feierte. Duka hatte vor Kurzem mit kontroversen Aussagen über Vergewaltigungen durch russische Soldaten im Ukraine-Krieg für Empörung gesorgt.

Die Soldaten seien oft selbst „Opfer der stärksten Emotionen und Leidenschaften“, schrieb Duka in einem Blog für das Internetportal aktualne.cz. Hass und die Schrecken des Kampfes würden „eine Art Amok-Zustand“ hervorbringen, argumentierte der Kirchenvertreter. Frauenorganisationen und Politiker reagierten entsetzt. Der Prager Oberbürgermeister Zdenek Hrib sprach von einem „völlig inakzeptablen Verständnis für diese Verbrechen“.

Duka seit 2010 Bischof

Duka stand seit 2010 an der Spitze der böhmischen Kirchenprovinz der katholischen Kirche. In der Zeit des Kommunismus verbrachte das Mitglied des Dominikanerordens einige Zeit im Gefängnis. Bei der jüngsten Volkszählung 2021 bekannten sich noch rund 741 000 der 10,5 Millionen Einwohner Tschechiens zur katholischen Kirche. Dreißig Jahre zuvor waren es noch mehr als vier Millionen Menschen gewesen.

Vor zwei Jahren hatte Graubner, der seit 1992 als Erzbischof von Olmütz (Olomouc) amtierte, Duka auch an der Spitze der Bischofskonferenz abgelöst. Ende 2020 überlebte Graubner eine Coronavirus-Erkrankung nur knapp.

„Caritas-Bischof“ des Landes

Der neue Prager Erzbischof ist in der tschechischen Öffentlichkeit angesehen. Graubner war schon von 2000 bis 2010 über ein Jahrzehnt Vorsitzender der tschechischen Bischöfe und ist seit vielen Jahren „Caritas-Bischof“ des Landes. Die nunmehrige Ernennung des bereits 73-jährigen Olmützer Erzbischofs durch den Papst kommt dennoch eher überraschend.

Als Kandidaten für den Prager Bischofsstuhl waren in der tschechischen Presse in den vergangenen Monaten wiederholt auch der Pilsner Bischof Tomas Holub (54), der Königgrätzer Bischof Jan Vokal (63) oder der Erzabt des Benediktinerstifts Brevnov, Prokop Siostrzonek (64), genannt worden.

Amt bisher mit Kardinalswürde verbunden

Das Amt des Erzbischofs von Prag war in den vergangenen Jahrzehnten traditionell auch mit der Verleihung der Kardinalswürde durch den Papst verbunden. Das Diözesangebiet umfasst den Zentralraum um die tschechische Hauptstadt, wo nach Angaben der Erzdiözese unter rund 2,3 Millionen Menschen etwa 550.000 Katholikinnen und Katholiken leben.

Jan Graubner wurde am 29. August 1948 in Brünn (Brno) geboren und wuchs als eines von fünf Geschwistern in Straznice auf. Nach der Matura wurde er nicht zum höheren Studium zugelassen und verdiente sich als Arbeiter seinen Lebensunterhalt. Erst während des „Prager Frühlings“ im Jahre 1968 durfte er in Olmütz das Theologiestudium aufnehmen. 1973 wurde Graubner zum Priester geweiht. Danach war er als Seelsorger in kleinen Orten tätig, wobei er sich unter der Bevölkerung große Sympathien erwarb.

Mit 42 Weihbischof

1990 ernannte Papst Johannes Paul II. den damals 42-jährigen zum Weihbischof von Olomouc. Nach dem Tod von Erzbischof Frantisek Vanak 1991 übernahm Graubner zunächst als Diözesanadministrator die interimistische Leitung der Erzdiözese. Am 28. September 1992 wurde er Erzbischof von Olmütz und damit Metropolit der mährischen Kirchenprovinz, zu der neben Olmütz auch die Diözesen Brünn (Brno) und Ostrau-Troppau (Ostrava-Opava) gehören.

Zu Graubners Verdiensten zählt u. a. die Wiederbelebung der Tradition der Nationalwallfahrten nach Velehrad. In der Diözese Olmütz sorgte er für den Wiederaufbau der Kirchenstrukturen nach kommunistischer Zeit und einen Fokus auf Familienseelsorge, gründete mehrere Schulen und initiierte u.a. auch die mit der Sternsingeraktion vergleichbare Drei-Königs-Sammlung. 2008 zeichnete der damalige Staatspräsident Vaclav Klaus Erzbischof Graubner mit dem „Masaryk-Orden II. Klasse“ aus. Graubner spricht fließend Deutsch und hat sich um die Aussöhnung mit heimatvertriebenen Sudentendeutschen sehr verdient gemacht.