Papst Franziskus und Bischöfe im Vatikan
Reuters/Remo Casilli
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Vatikan

Mehr Sexualethik: Fragebogen zu potenziellen Bischöfen neu

Der deutsche „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat am Donnerstag einen Fragebogen veröffentlicht, mit dem der Botschafter des Papstes in Deutschland, Nuntius Erzbischof Nikola Eterovic, Informationen über mögliche Bischofskandidaten einholen kann.

In dem „Fragebogen, von dessen Existenz niemand wissen soll“, so die Zeitung, spielt etwa das Thema Missbrauch bei der Ernennung neuer Bischöfe für den Vatikan offenbar eine größere Rolle als vor 20 Jahren. Demnach sollen die Befragten Auskunft geben, ob der Kandidat mit Fällen von Kindesmissbrauch bisher „angemessen und gerecht“ umgegangen ist. In einem ähnlichen Fragebogen, den die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ 2001 veröffentlichte, kam dieser Aspekt nicht vor.

Die Fragebögen weisen weitere Unterschiede auf. So will der Vatikan wissen, ob die Kandidaten Ordensschwestern mit Wertschätzung behandeln und ob sie Verhaltensweisen an den Tag legen, die zu „einem Ärgernis oder Skandal“ führen könnten. Beide Auskünfte wurden 2001 nicht verlangt.

Einstellung zu Sexualethik erfragt

Behandelt wird auch die Einstellung der Kandidaten zum Priesteramt, zur Priesterweihe der Frauen, zur Ehe und zur kirchlichen Sexualethik. 2001 – also während der Amtszeit von Papst Johannes Paul II. – wollte der Vatikan jedoch zusätzlich wissen, wie die Männer zur Enzyklika „Humanae Vitae“ stehen. In diesem Lehrschreiben von 1968 kritisierte Papst Paul VI. unter anderem künstliche Verhütungsmittel als moralisch verwerflich. In der aktuellen Liste fehlt der ausdrückliche Bezug zu „Humanae Vitae“.

Heute wie vor 20 Jahren sollen die Befragten neben den Angaben zur Rechtgläubigkeit eine ganze Reihe weiterer Auskünfte geben, darunter zu dem äußeren Erscheinungsbild der Kandidaten, möglichen Erbkrankheiten, dem Bildungsniveau, dem Interesse am aktuellen Weltgeschehen, dem Umgang mit Menschen, Erfahrungen in der Seelsorge oder Führungsqualitäten.

Kardinal bot Rücktritt an

Im Zuge der Vertrauenskrise in der Erzdiözese Köln hat Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Sollte Franziskus das Gesuch annehmen, schlägt das Kölner Domkapitel Nachfolgekandidaten vor. Über diese holt Eterovic mithilfe des Fragebogens Informationen ein. Die Namen sowie eigene und weitere Empfehlungen gibt er an den Papst. Am Ende erstellt Franziskus eine Liste mit drei Kandidaten, aus der das Kölner Domkapitel einen Erzbischof wählen kann.

Ausnahme Köln

Für die meisten Diözesen weltweit erfolgt die Ernennung eines neuen Bischofs nicht nach einer Wahl durch ein Domkapitel, sondern völlig frei durch den Papst. Unabhängig von einem konkreten Bestellungsvorgang sieht das Kirchenrecht im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Ermittlung von Bischofskandidaten vor, dass die Bischöfe einer Kirchenprovinz bzw. die Bischofskonferenz wenigstens alle drei Jahre nach gemeinsamer Beratung eine Liste von für das Bischofsamt geeigneten Priestern erstellt und an den Heiligen Stuhl übermittelt.

Dieser Vorgang ist geheim. Hiervon unabhängig ist aber jeder einzelne Bischof berechtigt, dem Heiligen Stuhl Namen von Priestern mitzuteilen, die er für das Bischofsamt für würdig und geeignet hält.