Pfarrnetzwerk Asyl für Solidarität mit allen Geflüchteten
Pfarre Zur Frohen Botschaft
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Flucht

Pfarren im Einsatz für Flüchtlinge

Viele Pfarren sind in der Flüchtlingshilfe aktiv – nicht erst seit dem Ukraine-Krieg. Seit zwölf Jahren bietet das „Pfarrnetzwerk Asyl“ die Möglichkeit zum Austausch und organisiert Hilfsaktionen. Daniel Vychytil und Roswitha Feige vom Leitungsteam des Netzwerks sprachen mit religion.ORF.at darüber, wie sich Pfarren für Geflüchtete stark machen.

Wie der Theologe und Mitarbeiter des Pastoralamts Vychytil anlässlich des ORF-Schwerpunkts zum Thema „Flucht“ gegenüber religion.ORF.at erzählt, sind derzeit insgesamt 16 katholische und evangelische Pfarren am „Pfarrnetzwerk Asyl“ beteiligt. Die Struktur des Netzwerks sei lose, aber dadurch auch sehr dynamisch. Jeder und jede könne sich beteiligen, Pfarren aber nur dann beitreten, wenn der Pfarrgemeinderat auch zustimmt. Vor allem politische Statements würden immer an den Pfarrgemeinderat zurückgespielt.

Das sei zwar ein zum Teil langwieriges Prozedere, mache aber auch den Charme aus, so Feige: „Weil wir in den Pfarren nicht nur jene haben, die sich für Flüchtlinge engagieren, sondern ein Abbild der gesamten Gesellschaft.“ Die damit notwendigen Aushandlungsprozesse seien wichtig, zeigt sich Feige überzeugt: „Wenn wir Bewusstseinsbildung ernst nehmen, dann fängt es da an, dass wir in den Pfarren diskutieren und in den Pfarren das Thema auch am Laufen halten.“

Vom Erfahrungsaustausch zum praktischen Einsatz

Es waren langwierige Bleiberechtsfälle, die den Anstoß gaben, das „Pfarrnetzwerk Asyl“ 2010 zu gründen, so Feige. „Es ging uns darum, einfach einen Erfahrungsaustausch zu haben, sodass nicht jeder bei null anfangen muss in einer so komplizierten Materie.“ Sehr schnell zeigte sich aber auch die Notwendigkeit, in der Gesellschaft Bewusstsein für die Thematik zu schaffen. Man versucht dies mit unterschiedlichen Aktionen und spirituellen Impulsen.

Als erste Aktion gestaltete eine Schule in Schwechat einen Kreuzweg. Es folgten Gedenken an auf der Flucht gestorbene Menschen, Fastenaktionen mit unterschiedlichen Impulsen und die Solidaritätswege „Romaria“. In diesem Jahr lautete das Motto des Weges „Wo ist deine Schwester?“. Bewährt hat sich auch der Adventkalender des „Pfarrnetzwerks Asyl“. Wie Vychytil erzählt, habe man für diesen Informationen, wie etwa die Genfer Flüchtlingskonvention, zur Verfügung gestellt, aber auch Flüchtlinge, Flüchtlingshelfer und -helferinnen selbst zu Wort kommen lassen.

Schutzhäuser für unbegleitete Minderjährige

Das „Pfarrnetzwerk Asyl“ betreibe so Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung mit anderen Organisationen. Gleichzeitig versuche man, Flüchtlingen mit konkreten Projekten zu helfen. Feige erzählt, dass das „Pfarrnetzwerk Asyl“ so etwa seit drei Jahren einen Schwerpunkt „Balkanroute und Bosnien“ hat. Hier gebe es auch eine starke Kooperation mit der humanitären Initiative „SOS Balkanroute“. Derzeit versuche man, zwei Projekte in Bihac, einer Stadt im äußersten Nordwesten von Bosnien und Herzegowinas, umzusetzen.

22. Romaria, Solidaritätsweg mit Geflüchteten – unter dem Motto „Wo ist deine Schwester“. Schuhe begleiteten die Teilnehmenden auf dem ganzen Weg
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Die Aktion „Romaria“ ist Ausdruck der Solidarität mit Geflüchteten. Die Schuhe sind nicht nur Symbol für den Weg, sondern auch Sachspende

Das Projekt „Familien helfen Familien“, unterstützt Familien rund um Bihac, die Flüchtlinge aufgenommen haben, sagt Feige: „Das Projekt ist aus der Erfahrung entstanden, dass die Familien, die Flüchtlingen helfen, ja selbst auch fast nichts haben.“ Das zweite Projekt will drei Schutzhäuser für unbegleitete Minderjährige schaffen. Wie Feige erzählt, seien sie besonders vulnerabel, auch weil es für sie keine eigenen Quartiere gibt. Gerade Mädchen würden häufig Opfer sexueller Gewalt. Mit den Schutzhäusern wolle man unbegleitete Minderjährigen ein Stück Sicherheit geben.

Erfahrungen nutzen und über Probleme reden

Die Erfahrungen der letzten Jahre würden auch in der jetzigen Situation helfen, so Feige: „Es sind ja vor allem 2015 Strukturen entstanden zwischen Pfarren und der Zivilgesellschaft, an die man nun sofort wieder anknüpfen konnte. Das damals gesammelte Know-how hilft jetzt, auch wenn die konkrete Situation eine andere ist.“ Wichtig sei es, so Feige, jetzt den Kontakt zu den Geflüchteten von 2015 zu intensivieren und zu halten.

Manche dieser Flüchtlinge würden sich zwar jetzt für Menschen aus der Ukraine engagieren. Aber aufgrund der unterschiedlichen Aufnahmepraktiken würde auch Neid entstehen. Es sei notwendig zu vermitteln, daran zu erinnern, dass sie alle vor einem Krieg, vor Gewalt geflohen sind, so Feige: „Wir hören zu. Für die politischen Akteure, für die Gesetze können wir nichts. Wir können uns nur immer wieder stark machen, dass die Gesetze geändert werden. Und das wird in aller Regel auch verstanden.“

Begegnung auf Augenhöhe

Mit Blick in die Zukunft zeigt sich Vychytil überzeugt, dass es wichtig sei, deutlich zu machen, dass das Thema „Flüchtlinge“ keines ist, das sich einfach lösen lässt. „Wenn einem das Thema wirklich ein Anliegen ist, muss man sich für Menschenrechte und Flüchtlingsschutz engagieren, und das kostet Geld.“ Feige zufolge sollte man sich dabei immer wieder auch bewusst machen, dass es um Menschen geht: „In dem Moment, wo sich Mensch und Mensch gegenüberstehen und in einem Gebilde sind, wo es möglich ist, voneinander zu lernen, aufeinander zuzugehen, dann ändern sich auch Gesichtspunkte.“

Sie selbst engagiert sich seit ihrer Jugend und dem Vietnamkrieg für Flüchtlinge: „Dieses Grundlegende: Menschenrechte, Gastfreundschaft oder anders formuliert: auf gleicher Augenhöhe wahrgenommen zu werden, das ist etwas, was man in dieser Arbeit immer wieder lernen kann. Und in dem Moment, wo ich auf Augenhöhe bin, werde ich auch extrem beschenkt.“