Demonstration von Abtreibungsbefürwortern vor dem Weißen Haus in Washington
APA/AP/Andrew Harnik
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Christentum

Abtreibungsverbot: Altkatholiken befremdet über Jubel

Die positiven Reaktionen aus christlichen Kirchenkreisen auf das Kippen des Abtreibungsrechts durch den US-Amerikanischen Supreme Court nehmen die österreichischen Altkatholikinnen und Altkatholiken „mit Befremden wahr“, hieß es am Dienstag in einer Aussendung.

Die Entscheidung „berechtigt nicht zu kirchlichem Jubel“, so die Gemeinschaft. Gewissensentscheidungen könnten nun kriminalisiert werden. „Selbstverständlich hat für uns der Schutz des Lebens oberste Priorität.“

Im Vertrauen auf einen barmherzigen Gott respektiere man aber genauso die Gewissensentscheidung von Frauen, die sich aus ihrer individuellen Notsituation zum Schwangerschaftsabbruch entschließen. „Die Entscheidung des Supreme Courts eröffnet die Möglichkeit der Kriminalisierung von Gewissensentscheidungen.“

Kein Verbot von Gewissensentscheidung

Die altkatholische Kirche stelle der Gewissensentscheidung des/der Einzelnen kein kirchliches Verbot entgegen. Das „Ja“ zu Empfängnisverhütung und Familienplanung sei einer der Bausteine für ein klares „Ja“ zum Leben. „Wir gehen davon aus, dass Verhütung Abtreibungen einschränkt.“

„Das in Österreich geltende Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch trägt unserer pluriformen Gesellschaft Rechnung“, schrieben die Altkatholiken. Zugleich weisen sie auf die Notwendigkeit von Schwangerschaftsberatungseinrichtungen hin, sie seien unerlässlich für jede Entscheidungsfindung.

Empörung und Zustimmung nach Entscheidung

Ende Juni hatte das mehrheitlich konservativ besetzte US-Gericht ein Urteil aus dem Jahr 1973 gekippt, das als „Roe gegen Wade“ bekannt ist und mit dem zuvor das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch sichergestellt wurde. Damit machte es den Weg frei für strengere Abtreibungsgesetze. Die Entscheidung löste sowohl große Empörung als auch Zustimmung aus. Für Frauenrechtsbewegungen ist die Entscheidung ein Schlag ins Gesicht. Durch die Kriminalisierung werden illegale und damit auch für Frauen gesundheitsgefährdende Praktiken befürchtet.

Die römisch-katholischen Bischöfe in den USA begrüßten die Gerichtsentscheidung. Auch Papst Franziskus verurteilte nach der Abtreibungsentscheidung des Obersten Gerichtshofs in den USA Schwangerschaftsabbrüche erneut und verglich sie mit „Auftragsmord“. In evangelikalen Kreisen in den USA spricht sich die Mehrheit gegen legale Abtreibungen aus. Laut einer im April veröffentlichten Studie des Meinungsforschungsinstituts PEW sind allerdings 61 Prozent der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner dafür, dass Abtreibungen in allen oder den meisten Fällen legal sein sollten.