Papst Franziskus winkt aus dem Papamobil
APA/AFP/Alberto Pizzoli
APA/AFP/Alberto Pizzoli
Synodaler Weg

Vatikan kanzelt deutschen Reformprozess ab

In einer offiziellen Erklärung hat der Vatikan am Donnerstag die deutsche katholische Kirche vor zu weitgehenden Reformen gewarnt. Papst Franziskus hatte sich schon mehrfach skeptisch zum Synodalen Weg geäußert.

„Der ‚Synodale Weg‘ in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten“, stellte der Heilige Stuhl in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung klar.

„Es wäre nicht zulässig, in den Diözesen vor einer auf Ebene der Universalkirche abgestimmten Übereinkunft neue amtliche Strukturen oder Lehren einzuführen, welche eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Bedrohung der Einheit der Kirche darstellen würden“, hieß es laut der Deutschen Nachrichten-Agentur (dpa) weiter.

In Weltkirche einbringen

Zur „Wahrung der Freiheit des Volkes Gottes und der Ausübung des bischöflichen Amtes“ erscheine es notwendig, dies klarzustellen, zitierte Kathpress aus der ohne Absender verbreiteten Erklärung.

Der Vatikan lädt die deutschen Katholikinnen und Katholiken jedoch ein, ihre Vorstellungen in den derzeit ebenfalls laufenden synodalen Prozess der Weltkirche einzubringen. Diesen Prozess hat Papst Franziskus angestoßen, wobei unklar ist, was genau das Ziel ist und ob damit irgendwelche konkreten Reformen beabsichtigt werden.

Reformen in vier Bereichen angestrebt

Der 2019 begonnene Synodale Weg der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist eine Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal. Er strebt Reformen in vier Bereichen an: Das sind der Umgang mit Macht, die katholische Sexualmoral, die Position der Frauen und die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester (Pflichtzölibat).

Zu den konkreten Erneuerungen, die angestrebt werden, gehören etwa ein Mitspracherecht der Gläubigen bei der Ernennung von Bischöfen, die Legitimierung des Segens für gleichgeschlechtliche Paare und das Diakonat der Frau, eine Vorstufe zum Priestertum.

Der Papst äußerte sich schon öfter kritisch zum Weg der deutschen Kirche. In einem Interview vom Juni 2022 sagte er, es brauche nicht zwei evangelische Kirchen in Deutschland. Der Papst nannte es „problematisch, wenn der Synodale Weg von den intellektuellen, theologischen Eliten ausgeht und sehr stark von äußeren Zwängen beeinflusst wird“ – mehr dazu in Papst: Brauchen nicht zwei evangelische Kirchen.

Kirchenrechtler: Deutsche Träume zerplatzt

Der Vatikan erteilte damit den Reformbemühungen der deutschen Katholiken nach Einschätzung des Kirchenrechtlers Thomas Schüller eine klare Absage. „So kann es mit den Blütenträumen der deutschen Synodalen gehen: Sie zerplatzen an den römischen Mauern“, sagte der Münsteraner Professor am Donnerstag der dpa.

Schüller sagte, gemeint seien zum Beispiel die deutschen Pläne, die Bischöfe stärker an die Zustimmung von Beratergremien zu binden oder gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. „Rom stellt ein Stoppschild auf und beharrt auf seinem alleinigen Führungsanspruch, was die Veränderung von Macht und Lehre in der Kirche angeht.“

Sorge um „deutschen Sonderweg“

Den Vatikan treibe die Sorge um einen deutschen Sonderweg um, und offenbar schafften es die restaurativen Kräfte in der römischen Zentralverwaltung, Papst Franziskus in seiner kritischen Sicht auf eine deutsche Kirche zu bestärken. Dabei seien Änderungen in der Lehre ebenso ein Gebot der Stunde wie die Einhegung bischöflich-absolutistischer Macht. „Auch die Weltkirche und damit Rom könnte von einer Teilkirche wie der in Deutschland durchaus lernen, will es aber augenscheinlich nicht“, sagte Schüller.

Mehrfach Kritik

In den vergangenen Monaten gab es vermehrt internationale Kritik an dem Reformprozess der Kirche in Deutschland. Unter anderem veröffentlichten die polnische und die nordische Bischofskonferenz diesbezüglich Offene Briefe. Auch der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper äußerte sich mehrfach kritisch.

Für Aufsehen sorgte zudem ein Mitte Juni in der Zeitschrift „Communio“ erschienenes Interview, in dem der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn zu dem Schluss kam, dass der deutsche Synodale Weg eine „Instrumentalisierung des Missbrauchs“ unternehme mit der Absicht, die Kirche umzubauen.