Gräber indigener kanadischer Kinder in  Iqaluit, Nunavut, Canada.
APA/AFP/Anne-Sophie Thill
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Medienbericht

Kirche erarbeitet Erklärung zu Kolonialgeschichte

Kanadas Bischöfe und der Vatikan arbeiten einem Medienbericht zufolge an einer Erklärung zur sogenannten „Doktrin der Entdeckung“ („Doctrine of Discovery“). Unter diesem Stichwort wird derzeit in Kanada die frühere päpstliche Legitimation europäischer Eroberungen ab dem Ende des 15. Jahrhunderts diskutiert.

Kanadische Medien zitierten Mittwochabend (Ortszeit) eine Sprecherin der Papstreise-Organisatoren. Papst Franziskus befindet sich seit Sonntag auf einer „Buß-Reise“ in Kanada, wo er sich unter anderem bei der indigenen Bevölkerung für den Missbrauch und das Leid entschuldigte, das indigenen Kindern in kirchlichen Einrichtungen widerfahren ist.

Laut den Berichten arbeiten Kanadas Bischöfe, der Vatikan und Experten, „die sich mit diesem Thema befasst haben“, um „eine neue Erklärung der Kirche herauszugeben“. Zwar hätten die kritisierten päpstlichen Dokumente der Geschichte „keine rechtliche und moralische Autorität“ mehr. Gleichwohl verstehe man „den Wunsch, diese Texte zu benennen, ihre Wirkung einzugestehen und die damit verbundenen Konzepte zu widerrufen“, so die Sprecherin Laryssa Waler.

Papst verurteilt Gewalt und Zwang in der Mission

Mit „Doktrin der Entdeckung“ ist ein religiös inspiriertes Kolonisierungsbewusstsein sowie eine daraus entstandene Rechtsauffassung gemeint, mit der europäische Eroberer und spätere Kolonialregierungen sich anmaßten, indigene Bewohner zu verdrängen, zu entrechten und sich ihr Land anzueignen.

In seinen Reden in Kanada hat Papst Franziskus bisher nicht von der kritisierten Doktrin gesprochen. Er verurteilte aber Kolonialisierung sowie Gewalt und Zwang in der Mission. Man könne das Evangelium nicht auf eine Weise verkünden, die der Lehre Jesu entgegenstehe. Dies dürfe nie wieder geschehen.

Päpstliche Bullen müssten widerrufen werden

Ausgangspunkt für die Entwicklung der „Doktrin der Entdeckung“ sind vor allem Urkunden („Bullen“) Papst Alexanders VI. (1492-1503). Nach der Rückkehr von Christoph Kolumbus aus Amerika ermächtige der Papst katholische Herrscher dazu, von ihnen entdeckte, nicht-christliche Länder zu erobern, zu missionieren sowie ihre Bewohner zu enteignen.

In der weiteren Kolonialgeschichte floss dieses Denken in Politik und Gesetzgebung auch nicht-katholischer Kolonialmächte ein. Es fand Einzug in Entscheidungen oberster Gerichte in USA und Kanada. Bis heute, so sagen Fachleute, liege es kanadischen Gesetzen zugrunde und verhindere, dass indigene Menschen ihr Recht erhielten. Daher müsse der Papst die Bullen Alexanders VI. und ähnliche Schriften explizit widerrufen.