CoV-Maßnahmen

Evangelische „befremdet“ über VfGH-Erkenntnis

In den evangelischen Kirchen (A.B. und H.B.) zeigt man sich befremdet über das aktuelle Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zur Ungleichbehandlung von Kunst und Religionsausübung im Zuge der Covid-19-Maßnahmen.

Der evangelische Synodenpräsident und Jurist Peter Krömer kritisiert, dass der Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes von 1867 beim VfGH-Urteil keine Beachtung finde. Dieser „wesentliche Artikel“ nimmt die inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften von der staatlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung aus.

Krömer hielt am Mittwoch gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epdÖ) fest, dass es von Pandemie-Beginn an Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften gegeben habe.

Falscher Eindruck in der Öffentlichkeit

Die öffentliche Rezeption des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes erwecke den Eindruck, „dass in den Kirchen während der Covid-19-Pandemie überhaupt keine Beschränkungen vorhanden waren“, kritisiert Krömer. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, „teilweise waren die Maßnahmen im Bereich der Kirchen im Zusammenhang mit gottesdienstlichen Veranstaltungen sogar strenger“.

Der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer
APA/Georg Hochmuth
Synodenpräsident Peter Krömer kritisiert das jüngste Urteil des VfGH zu Ausnahmen für Religionsgesellschaften im Zuge der CoV-Maßnahmen im Winter 2021

Religionsgemeinschaften von Lockdown ausgenommen

Die 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung sah für den Zeitraum vom 22. November 2021 bis 11. Dezember 2021 einen bundesweiten Lockdown vor. Das Betreten des Kundenbereichs von Kultureinrichtungen war in diesem Zeitraum ausnahmslos untersagt. Hingegen waren Zusammenkünfte zur gemeinsamen Religionsausübung vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen.

Es sei vereinbart gewesen, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften für die Abhaltung von Gottesdiensten, kirchlichen Amtshandlungen sowie Veranstaltungen zum Zwecke der Religionsausübung eigene verbindliche Regelungen zum Schutz vor Covid-19 anordnen. Alle Maßnahmen seien darüber hinaus immer mit der dafür zuständigen Bundesministerin Susanne Raab (ÖVP) abgesprochen worden. Raab hatte die Ausnahmen für die Religionsgemeinschaften stets verteidigt.

Krömer: „Massive Beschränkungen“ für Evangelische

Der VfGH urteilte nun, dass diese Ausnahmen für Religionen „gleichheitswidrig“ gewesen sei. Dagegen wehrt sich Krömer. Die evangelischen Kirchen seien „von massiven Beschränkungen und Restriktionen betroffen gewesen“.

So seien im Hinblick auf die zahlreichen Auflagen viele Gottesdienste nur online abgehalten worden, „die Gottesdienste in Präsenz waren – von den Räumlichkeiten her gesehen – nur mit minimalen Besucher*innen zulässigerweise besetzt, es gab auch kein gemeinsames Singen“, so der Synodenpräsident.

Abendmahlsfeiern im Rahmen von Gottesdiensten seien nicht abgehalten worden, auch keine Tauffeiern, Hochzeiten und die Generalsynode sei abgesagt worden, unterstreicht der Synodenpräsident.

Erinnerung an Karfreitagsurteil

„Besonders befremdend“ ist für den Juristen Peter Krömer noch ein rechtsstaatlicher Aspekt am Erkenntnis des VfGH: Wiederum ergehe eine Entscheidung eines Höchstgerichtes, die die Evangelische Kirchen – in diesem Fall auch alle anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften – betreffe.

„Hier wurden Aussagen zur Religionsausübung gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften getroffen, ohne dass diese im Verordnungsprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gehört wurden“, bemängelt der Synodenpräsident und erinnert zugleich daran, dass auch im Ausgangsverfahren für die EuGH Entscheidung zum Karfreitag und im Verfahren vor dem EuGH zur Karfreitagsentscheidung im Jänner 2019 die Evangelischen Kirchen trotz Antragstellung nicht gehört wurden, „obwohl sie allerdings massiv betroffen waren und sind“.