Eine kleine Delegation der Caritas-Österreich in der Ukraine
APA/Caritas
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Krieg

Caritas-Delegation in Ukraine sorgt für Winter vor

Seit Montag ist eine kleine Delegation der Caritas Österreich in der Ukraine, um sich vor Ort einen Eindruck von der aktuellen Lage sowie dem Bedarf an Hilfslieferungen zu verschaffen. So müssen etwa die Unterkünfte winterfest gemacht werden, um Menschen vor dem Erfrieren zu bewahren.

Einer der vier Vertreter ist Auslandshilfe-Generalsekretär Andreas Knapp. Die größten Herausforderungen für die Hilfsorganisationen vor Ort seien der nahende Wintereinbruch und die Behandlung von Traumata. Mehr als fünf Monate, nachdem die ersten russischen Truppen in die Ostukraine einmarschiert sind, ist die Anzahl an Auslandsspenden für die ukrainische Bevölkerung nicht mehr so hoch wie zu Beginn.

Das war laut Caritas zu erwarten, erreicht die finanzielle Hilfsbereitschaft in Krisen doch meist nach einer gewissen Zeit ihren Höhepunkt. Unterstützung ist aber laut Andreas Knapp noch immer bitternötig: „Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist nach wie vor überwältigend“, wie er der APA und Ö1 am Mittwoch sagte.

„Wettlauf mit der Zeit“

Aktuell liege der Fokus der Caritas und anderer Hilfsorganisationen darauf, Unterkünfte winterfest zu machen. Diese Aufgabe könne man mit einem „Wettlauf mit der Zeit“ vergleichen, so Knapp. Der Grad der Zerstörung ist demnach in vielen Gegenden hoch: „Es müssen also in sehr kurzer Zeit viele Gebäude so weit repariert werden, dass zumindest ein Teil davon winterfest gemacht werden kann.“

Andernfalls könnten die Menschen den Winter dort nur schwer überleben. „Das erfordert eine massive Kraftanstrengung und viele Baumaterialien“, so Knapp. Daher müsse man pragmatisch vorgehen und erst mal jene Häuser reparieren, bei denen schon kleine Reparaturen vergleichsweise viel Positives bewirken. Von Seiten der ukrainischen Regierung gebe es diesbezüglich sehr klare Pläne, in die auch die Caritas einbezogen sei.

Hilfe für Traumatisierte suchen

Die aktuell zweite große Herausforderung ist laut Knapp, ausreichend psychosoziale Unterstützung zu ermöglichen. „Wir haben festgestellt, dass sehr viele Menschen aufgrund der Kriegserlebnisse starke Traumata entwickelt haben und wir mehr machen müssen, um ihnen zu helfen – besonders den Kindern.“

Geeignetes und verfügbares Fachpersonal dafür zu finden, erweise sich jedoch als schwierig. In Tageszentren, die es bereits vor dem Krieg zur Unterstützung sozial benachteiligter Familien gab, sollen Kinder von ihren Kriegserfahrungen Abstand nehmen können. Gleichzeitig werde dabei versucht, ihre psychischen Probleme zu erkennen und sie an Spezialistinnen und Spezialisten zu überweisen.

Ältere Menschen allein

Neben den Kindertageszentren hält Knapp auch die Aufrechterhaltung anderer Sozialleistungen für wichtig, etwa die mobile Krankenpflege. Nachdem vor allem junge Frauen und Kinder das Land verlassen haben, seien gerade in den ländlichen Gebieten zurückgelassene, ältere Menschen stark auf diese Hilfe angewiesen.

Nach und nach kehren Binnenflüchtlinge nun offenbar aber auch wieder vermehrt in ihre Heimat zurück, besonders nach Kiew. "Kiew erlebt gerade einen Zustrom an Menschen, denn intern Vertriebenen geht vielfach das ersparte Geld aus und in Kiew ist die Chance auf Unterbringung und Arbeit doch noch größer, als in anderen Landesteilen, berichtet Knapp. Hier sei es halbwegs sicher und die lokalen Hilfsorganisationen könnten sehr aktiv arbeiten. In den direkt umkämpften Gebieten sei es hingegen aus Sicherheitsgründen noch immer kaum möglich, Hilfe zu leisten.

Hilfslieferungen „einfacher“

Allgemein seien Hilfsgüterlieferungen in die Ukraine mittlerweile einfacher, so Knapp: „Im Vergleich zu vor einigen Monaten noch funktioniert die Logistik heute besser.“ Erfreulich sei zudem, dass in vielen Landesteilen die lokalen Märkte teilweise wieder funktionieren würden. „Die Hilfe vor Ort kann also lokal gekauft und verteilt werden“, so der Caritas-Funktionär. So könnten die Organisationen vermehrt auf finanzielle Unterstützung umstellen, die schneller und wirksamer sei als Hilfsgüterlieferungen. „So können die Menschen selbst lokale Produkte einkaufen und das, was von der ukrainischen Wirtschaft noch übrig ist, stärken“, sagt Knapp. Wolle man helfen, seien Geldspenden derzeit also sinnvoller als Sachspenden.

Nach drei Tagen Aufenthalt in der Hauptstadt Kiew und ihren Vororten Butscha und Irpin fuhren Knapp und seine Kollegen am Mittwoch in die Stadt Lwiw (Lemberg) nahe der polnischen Grenze. Am Donnerstagnachmittag geht es voraussichtlich zurück nach Wien.