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Hilfsorganisationen kritisieren Aus für Quarantänepflicht

Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe haben in einer gemeinsamen Aussendung das von der Regierung mit Augustbeginn verordnete Aus für die Quarantänepflicht kritisiert. Sie fordern „praxistaugliche“ Regelungen für den Pflegebereich.

Verkehrsbeschränkungen statt der bisherigen Absonderungsvorschriften sei für die Langzeitpflege ungeeignet. Vulnerable Gruppen würden durch die auch von vielen Gesundheitsfachleuten kritisierte Neuregelung gefährdet, das Pflegepersonal verunsichert, hielten die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) vertretenen Hilfsorganisationen am Donnerstag fest. Die NGOs stünden nun vor enormen Herausforderungen durch ihren Anspruch, dem Schutz von Klientinnen und Bewohnern der Einrichtungen „oberste Priorität“ einzuräumen.

Infizierte, symptomlose Mitarbeitende dürfen seit 1. August in der Langzeitpflege und -betreuung mit FFP2-Maske körpernahe Tätigkeiten verrichten. Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, hält diesen Richtungswechsel, der mit den Lockerungen ohne entsprechende Detailregelungen für die Langzeitpflege von der Bundesregierung initiiert wurde, für unverantwortlich: „Dadurch werden sehr vulnerable Gruppen nun einem hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt.“ Die Infektion mit COVID-19 sei eine anzeigepflichtige, schwere Erkrankung, sie gelte bei der AUVA als Berufserkrankung und könne zu Dauerschäden führen, gab Parr zu bedenken. „Wir wollen und können das Risiko nicht eingehen“, dass sich Betreute, und auch nicht, dass sich Pflegende anstecken.

Haftung nicht klar

Auch Erich Fenninger, Direktor der derzeit den BAG-Vorsitz führenden Volkshilfe Österreich, wies auf das nun inakzeptable Gefährdungspotenzial hin. Laut Rot-Kreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig kann es auch zu Problemen führen, dass das korrekte Tragen der FFP2-Maske Voraussetzung für einen möglichen Berufseinsatz ist: Im Fall von körpernahen Dienstleistungen – wie Hilfe beim Duschen – könne dies nicht immer garantiert werden.

Ungeklärt sei auch die Haftungsfrage beim Einsatz von Covid-positiven Mitarbeitern. Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm wies darauf hin, dass die aktuelle rechtliche Lage zwar den Einsatz positiv Getesteter erlaube. „Es gibt aber keine Handhabe dafür, was passieren würde, wenn Klienten dadurch zu Schaden kämen.“ Offen ist laut BAG auch die Frage der Informationspflicht gegenüber den Betreuten betreffend den Covid-Status ihrer Pflegenden. „Wie stellt man sich das in der Praxis vor?“, so Anselm.

Kritik an Wegfall des Kostenersatzes

Seit Beginn der Coronavirus-Krise im Frühjahr 2020 habe sich die Ausfallzeit der Mitarbeitenden deutlich erhöht, wies die BAG weiter hin. Bisher wurden die Personalkosten durch den Kostenersatz des Bundes übernommen. Dessen Wegfall „trifft die Organisationen in der Langzeitpflege massiv, insbesondere nach den finanziell herausfordernden Jahren der Pandemie“, hieß es. „Für gemeinnützige Sozialorganisationen ist dieser Kostenersatz unerlässlich, da die Mittel sonst in der konkreten Pflege und Betreuung mit den Menschen fehlen“, so Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie.

Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe appellierten an die verantwortlichen Bundesminister, für „praxistaugliche Regelungen“ in der Langzeitpflege zu sorgen, die Haftungsfrage rasch zu klären und den pandemiebedingten finanziellen Mehraufwand weiterhin abzugelten.