Melk

Stiftsbibliothek: Historische Bücher werden restauriert

Vom Holzwurm durchlöcherte Bücher, Schimmel und fehlende Einbände: Ungeziefer, Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung haben Teile der Melker Stiftsbibliothek stark in Mitleidenschaft gezogen. Bis 2032 werden die Bücher nun restauriert.

Die Arbeiten liegen im Plan, berichtete Bibliothekar Johannes Deibl bei einem Besuch der APA in dem Stift. Die Gesamtkosten für die Restaurierung samt Baumaßnahmen in den historischen Räumen werden auf zwölf Millionen Euro geschätzt.

Der Bestand der 1735 eingerichteten Stiftsbibliothek umfasst mehr als 100.000 Bände, davon 1.800 Handschriften und 750 Inkunabeln aus der Frühzeit des Buchdrucks zwischen etwa 1470 und 1500. Das älteste Werk stammt von Anfang des 9. Jahrhunderts und beschäftigt sich mit Naturkunde.

Der Prunksaal der Bibliothek des Stifts Melk
APA/Baumgartner
Der Prunksaal der Melker Stiftsbibliothek

Pro Jahr werden nun unter Leitung von Papierrestauratorin Bettina Dräxler rund 10.000 Bände gereinigt, mit der Inventarliste abgeglichen und auf Schäden untersucht. „Das Ziel ist, bis zum Jahr 2032 einige Tausend Bücher zu restaurieren“, sagte Dräxler.

Etwa zehn Prozent des Bestands beschädigt

In den für Besucher zugänglichen Bibliotheksräumen mit großem und kleinem Saal ist nur ein Bruchteil der Bestände zu sehen. Der Rest ist auf mehrere Stockwerke verteilt und über eine Wendeltreppe erreichbar. Beim Blick auf die Regale entdeckt man immer wieder Bücher ohne Einband. Manche Mängel sind weniger offensichtlich und offenbaren sich erst bei genauerer Betrachtung, wie etwa Schimmel. Auf dem Boden vor den Bücherregalen platziert sind Fallen für ein Schädlingsmonitoring. „Der Holzwurm ist am meisten gefürchtet“, sagte Dräxler.

Ungefähr zehn Prozent des Bestandes dürften beschädigt sein und könnten restauriert werden, schätzte die Expertin. Wichtig für die Bücher sind laut Dräxler konstante Temperaturen und eine Luftfeuchtigkeit unter 60 Prozent. „Wegen der guten Lagerung sind nur ganz wenig Bücher von Schimmel betroffen“, sagte die Papierrestauratorin. Mitunter haben auch „gut gemeinte Reparaturen“, etwa wenn unsachgemäße Verklebungen geklebt wurde, größere Schäden verursacht.

Im Sommer Zeit zum Sichten

Gemeinsam mit vier Praktikanten wird im Zuge der Restaurierung jeweils im Sommer der Bestand gesichtet und gereinigt. Dazu werden zuerst die Bände einzeln von Staub befreit. Anschließend werden die Bücher mit einem Latexschwämmchen außen von allen Seiten abgewischt. Wird Schimmel – meist aufgrund eines Wasserschadens – entdeckt, wird der Band desinfiziert.

Besteht die Gefahr, dass Seiten oder der Einband verloren gehen, wird das Werk in einen Kartonumschlag gegeben. Geprüft werden Papierqualität und Bindung sowie, ob die Werke von Ungeziefer befallen sind. Schäden werden erfasst.

Kostspieliges Unterfangen

Anhand der Schadenskartierung wird entschieden, welche Bücher restauriert werden – diese Aufträge werden an Spezialfirmen vergeben. Es handelt sich um ein zeitaufwendiges und kostspieliges Unterfangen: Fehlt zum Beispiel der Einband, muss mit mindestens 500 Euro gerechnet werden. Eine Restaurierung kann aber auch bei großem Zeitaufwand mit bis zu 10.000 Euro zu Buche schlagen.

Der größte Teil der Investitionskosten entfällt allerdings auf bauliche Maßnahmen in der Stiftsbibliothek als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Die Restaurierung umfasst u.a. die Sanierung der Türen und Fenster samt UV-Schutzverglasung, das Raumklima soll verbessert werden. Eingebaut wird auch ein Brandschutz, der Feuer mit Wassernebel ersticken soll.

Für kommende Generationen erhalten

Außerdem werden die Bibliotheksräume erweitert und eine neue Handschriftenkammer sowie ein Archiv eingerichtet. Erneuert wird die Fußbodenkonstruktion der Altane – dem Balkon, von dem Besucher auf das Donautal und die Stadt Melk blicken. Zudem wird die Fassade des Bibliothekstrakts saniert. Die Arbeiten erfolgen bei laufendem Betrieb.

Bei der Restaurierung gehe es darum, „das Gebäude für kommende Generationen zu schützen und Verschleißerscheinungen entgegenzuwirken“, erläuterte Deibl. Das Know-how, um alte Bücher zu schützen, – beispielsweise durch UV-Schutzglas – werde immer größer. Bei den Arbeiten setze man vor allem auf hausinterne Handwerker und Anbieter aus der Nähe. Man komme dem Auftrag aus der Klostergründung im Jahr 1089 nach, für die Region zu sorgen und als Bildungszentrum zu fungieren. Die Restaurierung stärke auch den Wissenschaftsstandort, sagte Deibl.

Hohe Kosten, weniger Besuchende

Die Kosten für die erste Sanierungsetappe betragen 500.000 Euro, 47 Prozent davon trägt das Stift. 25 Prozent kommen vom Land, 15 Prozent vom Bund und drei Prozent von der Stadt Melk. Der Förderverein „Ex litteris immortalitas“ („Durch Bücher unsterblich“) – benannt nach der Inschrift am westlichen Eingang zur Stiftsbibliothek – will zehn Prozent der Gesamtkosten beitragen.

Das Wachauer Barockstift mit seiner weltberühmten Bibliothek verzeichnet indes seit dem Ausbruch der Pandemie deutlich niedrigere Touristenzahlen. Heuer wurden etwa seit Mai jeweils rund 30.000 Besucher monatlich weniger als in den Jahren vor Covid-19 verzeichnet.

Reiseverhalten in Pandemie verändert

Im Juli waren es beispielsweise um die 47.500 Gäste statt durchschnittlich 78.000 vor der Pandemie. Einen starken Rückgang gebe es bei asiatischen Reisegruppen, teilte Pater Ludwig Wenzl, Leiter der Bereiche Kultur und Tourismus im Stift Melk, auf Anfrage mit.

Bei den für das Stift wichtigen Flusskreuzfahrtgästen spielen laut Wenzl eine eingeschränkte Reisemöglichkeit auf der Donau durch den Ukrainekrieg und das derzeitige Niederwasser eine Rolle. Nur langsam erholt sich der Markt mit Busgästen, dazu kommen kurzfristige Stornierungen von Gruppen aus Österreich und den Nachbarländern.

Auf „neue Realität“ einstellen

Von einer Normalität wie „vor Corona“ gehe man nicht aus, hieß es. Das Virus habe ganz stark das Reiseverhalten verändert, dazu kommen u.a. die derzeitige Weltwirtschaftslage, der Ukrainekrieg, Preissteigerungen und Personalknappheit. „Wir denken, dass wir uns auf eine neue Realität einstellen und unser Angebot an diese neue Realität anpassen müssen, was man aber durchaus auch als Chance sehen sollte“, blickt man dennoch optimistisch in die Zukunft.