Deutschland

Weltkirchenratstreffen: Kritik an Russisch-Orthodoxen

Zum Auftakt des Weltökumenetreffens (Weltkirchenrat) am Mittwoch im deutschen Karlsruhe hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Führung der russisch-orthodoxen Kirche scharf für deren Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kritisiert.

Ihre Leitungsebene verbreite Propaganda, die „willkürlich Gottes Willen für die imperialen Herrschaftsträume einer Diktatur in Anspruch nimmt“, sagte Steinmeier am Mittwoch laut vorab verbreitetem Redetext in seiner Eröffnungsansprache. Sie beschreite einen „blasphemischen Irrweg“.

Steinmeier verwies dabei unter anderem auf „Flächenbombardements“ gegen zivile Ziele sowie Kriegsverbrechen und Zerstörungen religiöser Stätten in der Ukraine. „Kein Christ, der seinen Glauben, seine Vernunft und seine Sinne noch beisammen hat, wird darin Gottes Willen erkennen können“, sagte der Bundespräsident.

Kontroverse über Teilnahme russisch-Orthodoxer

In Karlsruhe begann am Mittwoch die elfte Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) – eine Art Welttreffen der christlichen Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Es nehmen auch Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche teil, was im Vorfeld für Kontroversen sorgte. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill ist ein vehementer Unterstützer von Staatschef Wladimir Putin und dessen Politik.

Nach Beginn des russischen Angriffs forderte er die russischen Gläubigen wiederholt zur Unterstützung des Kriegs auf und sprach von einem Kampf gegen „die Mächte des Bösen“, der außerhalb wie auch innerhalb Russlands geführt werden müsse. Der einflussreiche Kirchenführer vertritt außerdem konservative religiöse Werte, bezeichnet Homosexualität etwa als Sünde.

„Wahrheit über Krieg“ aussprechen

Steinmeier forderte die Vollversammlung „auch im Namen der Bundesregierung“ auf, bei ihrem angestrebten Dialog mit den Vertretern der orthodoxen Kirche aus Russland „die Wahrheit über diesen brutalen Krieg“ auszusprechen und die Täter sowie deren „Erfüllungsgehilfen“ klar zu benennen. „Ein Dialog dagegen, der sich auf fromme Wünsche beschränkt und im Ungefähren bleibt, wird schlimmstenfalls zur Bühne für Rechtfertigung und Propaganda“, sagte er.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, betonte in ihrer Eröffnungsbotschaft an die Vollversammlung, die „Liebe Christi“ dulde „keinen Angriffskrieg“. „Wenn es Versöhnung und Einheit geben soll, dann nicht ohne diese Wahrheit.“ Sie wolle „um der Liebe Christi willen“ hoffen und glauben, dass das Treffen dafür ein „starkes Zeugnis“ ablege.

Bischof: Zukunft liegt in Einigung, nicht in Spaltung

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz mahnte zum Auftakt zu Einigkeit und Versöhnung in Gesellschaft und Kirche. „Nicht in der Spaltung liegt die Zukunft, sondern in der Einigung“, erklärte deren Vorsitzender, Limburgs Bischof Georg Bätzing. „Die christliche Botschaft von Frieden und Versöhnung wird eher durchdringen, wenn wir als Christen untereinander versöhnt sind.“

Kampf gegen Antisemitismus

Auch die Haltung des Weltökumenerats zu Israel hatte vorab bereits für Streit gesorgt. Auf dem Treffen sollen auch Vorwürfe des Antisemitismus gegen die Vereinigung diskutiert werden. Steinmeier erinnerte die Versammlung in seiner Eröffnungsansprache an den über Jahrhunderte hinweg durch Christen „angestifteten mörderischen Judenhass“. Der Kampf gegen Antisemitismus zähle zu den „großen aktuellen Aufgaben der christlichen Kirchen“.

Weltökumenetreffen erstmals in Deutschland

Das Weltökumenetreffen findet nach Angaben der EKD im Regelfall alle acht Jahre statt und wird erstmals in Deutschland abgehalten. Christinnen und Christen aus rund 120 Staaten nehmen an der mehrtägigen Versammlung in Karlsruhe teil, die von der EKD mitausgerichtet wird. Auf dem Programm steht der Austausch über zahlreiche aktuelle Themen, etwa auch dem Klimawandel.

Der Ökumenische Rat der Kirchen versteht sich als Gemeinschaft von christlichen Kirchen und Gemeinschaften, die weltweit 600 Millionen Menschen vertreten – anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische, orthodoxe, reformierte und unabhängige. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied, hat aber Beobachterstatuts.