Interview

Schönborn: Papst sieht nicht nach Rücktritt aus

„Der Papst wirkte nicht wie jemand, der vor Rücktritt steht“: Das hat der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn im Interview mit Kathpress über seine Erfahrungen bei der jüngsten Kardinalsversammlung gesagt. Kein Verständnis zeigte er für Kritik, die Konsistorien seien „nutzlos“.

Wird Papst Franziskus bei der Kardinalsversammlung im Vatikan seinen Rücktritt erklären, wie einst Papst Benedikt XVI.? – Über diese Frage war zuletzt viel spekuliert worden. Es kam nicht nur anders, der Papst habe vielmehr bei den Beratungen „so präsent und so klar in seinen Orientierungen und Linien“ gewirkt, dass jeder weiteren Spekulation eine Abfuhr erteilt werden müsse, so Schönborn nach seiner Rückkehr aus Rom. „Trotz aller Schwierigkeiten seines Amtes habe ich den Eindruck: Er macht das mit Freude, mit Energie und großer Gelassenheit.“

Die Gerüchte und Spekulationen, die im Vorfeld der Versammlung die Runde machten, schob Schönborn auf die Sommerzeit und den Druck der „Vatikanisti“, „liefern zu müssen“. Außerdem seien die Spekulationen angesichts der Reise des Papstes zum Grab Coelestins und der Erinnerung an den Rücktritt Papst Benedikts XVI. im Rahmen eines Konsistoriums naheliegend – „das ist erklärbar, aber vom Papst aus betrachtet zugleich völlig unberechtigt“.

Kritik an Konsistorium „unbegreiflich“

Unverständnis äußerte Kardinal Schönborn an der Kritik des emeritierten Kurienkardinals Walter Brandmüller. Dieser hatte die Konsistorien in ihrer jetzigen Form als eine „völlig nutzlose Prozedur“ bezeichnet, bei denen keine wirkliche Debatte oder Austausch stattfinde – mehr dazu in Emeritierter Kurienkardinal wettert gegen Konsistorien.

„Das stimmt einfach nicht“, erklärte Schönborn dazu. „Es wurde intensiv in Sprachgruppen diskutiert.“ Gewiss sei eine Debatte im Plenum mit über 200 Kardinälen schwierig, aber in den Sprachgruppen sei der Austausch „hervorragend“ gewesen. Die Kritik Brandmüllers sei ihm daher „unbegreiflich“. Konsistorien sind Kardinalsversammlungen unter der Leitung des Papstes.

Kardinal Christoph Schönborn
APA/Georg Hochmuth
Kardinal Christoph Schönborn berichtete vom am Dienstag zu Ende gegangenen Konsistorium in Rom

Der Wiener Erzbischof, leitete selbst eine der Sprachgruppen zum Stand bzw. zur anstehenden Umsetzung der Kurienreform. Dieser hatte Papst Franziskus mit der Konstitution „Praedicate Evangelium“ neuen Schub verliehen und etwa eine Öffnung höchster Ämter in der Kurie für Laien in Aussicht gestellt sowie die zeitliche Begrenzung der Amtszeiten für Kuriale verfügt. Über diese Fragen sei intensiv diskutiert worden, so Schönborn.

Mehr Laien an Kurie: „Das kommt“

„Es wird sicher eine Reihe von Dikasterien geben, die von Laien geleitet werden. Das kommt“, zeigte sich Schönborn überzeugt. Persönlich könne er sich etwa neben der bereits bestehenden Leitung des Dikasterium für Kommunikation durch einen Laien (Paolo Ruffini) auch weitere Dikasterien in Hand von Nicht-Geweihten vorstellen. Konkret denke er da etwa an das neue Dikasterium für Erziehung und Kultur, das er sich sehr gut in der Hand eines Laien – ob männlich oder weiblich – vorstellen könne.

Auch die Begrenzung der Amtszeit für Kuriale auf fünf Jahre (und eine mögliche Verlängerung um weitere fünf Jahre) sei zu begrüßen: So falle es Bischöfen leichter, bewährte eigene Mitarbeiter an die Kurie zu entsenden, wenn diese in einem überschaubaren zeitlichen Horizont wieder zurückkehren werden. „Man darf nicht auf die Kurie schimpfen, wenn man nicht gute Leute hinschickt“, so Schönborn.

Vatikan-Bank „hat Hausaufgaben gemacht“

Im Rahmen der Kardinalsversammlung kam dem Wiener Erzbischof außerdem die Aufgabe zu, über die Entwicklung bei der Vatikanbank IOR zu berichten. Schönborn gehört u.a. dem über das IOR wachenden Kontrollgremium an. Die Bank habe sich seit 2013 sehr gut entwickelt und nehme nun eine auch international von Agenturen und anderen Banken anerkannte Vorreiterrolle in der vatikanischen Finanzverwaltung ein. „Die Vatikan-Bank hat ihre Hausaufgaben gemacht“, bilanzierte Schönborn. Dies sehe man auch daran, dass inzwischen 45 internationale Banken einen Finanzverkehr mit dem IOR pflegen.

Diese Neuaufstellung der Vatikanbank sowie die Schaffung eines Wirtschaftssekretariats, die Arbeit der vatikanische Finanzaufsichtsbehörde (ASIF) und des General Auditors würden dafür Sorge tragen, „dass solche Dinge wie der Londoner Skandal in Zukunft nicht mehr passieren können“, zeigte sich Schönborn überzeugt. Zudem wies er darauf hin, dass die Aufdeckung des Skandals „ja nicht von außen kam, sondern von innen, vom IOR“, nachdem diesem Unregelmäßigkeiten aufgefallen seien. „Das ist ein erfreuliches Zeichen, dass die vatikanischen Einrichtungen inzwischen so gute Standards haben, dass sie auch Selbstreinigungsprozesse in Gang setzen können“, so der Wiener Erzbischof.