Elizabeth II.

Theologe: „Queen-Abschied war Zu-Grabe-Tragen der Monarchie“

„Der Staatsakt in Westminster zum Abschied von Queen Elizabeth II. war wie ein Zu-Grabe-Tragen der Monarchie insgesamt“. Das sagte der seit vielen Jahren in England lehrende österreichische Theologe Michael Hölzl im Gespräch mit Kathpress.

Er habe das Land „wie eingefroren“ erlebt – selbst auf den Straßen seien Menschen um 12.00 Uhr zur Gedenkminute stehen geblieben, berichtete der an der Universität Manchester Politische Philosophie und Religion lehrende Theologe am Montag. Es sei ein „eindrucksvolles Erlebnis“ gewesen und zugleich von Vorzeichen eines kommenden Wandels im Vereinigten Königreich und Commonwealth geprägt.

Die Trauer der Menschen und ihre Ehrerbietung galt in den vergangenen Tagen „in erster Linie der Person der Queen und nicht dem Königshaus an sich“. Mit ihr sei nun „eine Klammer weggebrochen“, die bisher das Königshaus gestärkt und gestützt habe und die nun fehle.

Der Begräbniszug von Queen Elizabeth II. Mit Tausenden Menschen
APA/AP/Carl de Souza
Tausende Menschen verabschiedeten am Montag Queen Elizabeth II.

Monarchie „sicher nicht so wie bisher“

Der Abschied von der Queen vollziehe sich daher auch „wissend, dass es zu großen Veränderungen in UK und Commonwealth“ kommen werde und die Monarchie „sicher nicht so wie bisher“ weiter bestehen bleiben werde. Die Boulevard-Zeitung „Daily Star“ habe dieses Grundgefühl treffend auf den Punkt gebracht mit dem Titel „Kingdom united“ („Das Königreich vereint“). Das Königreich sei eben schon lange nicht mehr das Vereinigte Königreich, habe sich aber heute noch einmal hinter seiner Königin vereinigt versammelt.

Zur Rolle der Monarchie in Großbritannien schrieb die Londoner Tageszeitung „The Guardian“ am Dienstag: "Die Monarchie ist der größte Anachronismus der britischen Gesellschaft. Doch eine Flut von infantilisierender Berichterstattung sowie einige echte Trauer um eine geliebte Monarchin scheinen jede Diskussion über Reformen erstickt zu haben. In einem zerrissenen Königreich sollte das Ableben der Königin jedoch Anlass sein, darüber nachzudenken, was es für ihren Sohn bedeutet, die Nachfolge anzutreten.

The Guardian: Königliche Familie wie Religion

Die Monarchie habe nichts Rationales an sich, so „The Guardian“. „Wie die Ereignisse dieser Woche gezeigt haben, ähnelt die königliche Familie eher einer Religion, die Emotionen weckt, die mit Logik nichts zu tun haben, sondern mystische Impulse tief in unserer kollektiven Psyche auslösen. Vielleicht hat der Tod der Monarchin eine Welle der Verbundenheit und Solidarität ausgelöst.“

Aber solche Gefühle könnten so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind, schreibt die Zeitung. „Was bleibt, ist monarchische Macht ohne nennenswerte Rechenschaftspflicht. Der große Erfolg von Elizabeth II. als Königin bestand darin, ihre Machtausübung aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit herauszuhalten, so dass sie nicht durch öffentliche Kontrolle gefährdet war.“

Kein Interesse an Gottesdienst

Theologe Hölzl hatte den Gedenkgottesdienst zunächst mit einigen hundert anderen an der Uni Manchester bei einem Public Viewing und anschließend in einem Pub verfolgt. „Interessant war, dass die Leute da wie dort in dem Moment das Interesse verloren, als der Gottesdienst begann“. Mit der liturgischen Sprache habe „keiner hier etwas anfangen können“. Erst als die BBC die verschiedenen militärischen Grade, Ränge und Truppenvertretungen erläuterte, sei die Aufmerksamkeit wieder gestiegen.