Opferbereitschaft pries der 75-Jährige als bedeutendsten Ausdruck „der besten menschlichen Eigenschaften“. Mit Blick auf die Ukraine sprach Kyrill von einem „brudermörderischen Krieg“, ohne das Land beim Namen zu nennen. Viele Menschen kämen aktuell auf dem Schlachtfeld ums Leben. Die Kirche bete dafür, „dass dieses Gefecht so schnell wie möglich zu Ende geht, damit möglichst wenige Brüder in diesem brudermörderischen Krieg einander töten“.
Kyrill betonte zugleich, die Kirche wisse, dass diejenigen, die bei der Erfüllung ihrer militärischen Pflichten sterben, sich für andere aufopfern. „Und deshalb glauben wir, dass dieses Opfer alle Sünden abwäscht, die ein Mensch begangen hat“, so der Patriarch.
Nach offiziellen Angaben Moskaus von Donnerstag wurden seit Februar 5.937 russische Soldaten bei der „militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine getötet. Kiew und westliche Experten gehen allerdings von deutlichen höheren Verlusten Russlands in dem Krieg aus.
Mufti unterstützt Mobilmachung
Die von Kreml-Chef Wladimir Putin am vergangenen Donnerstag angeordnete „Teilmobilmachung“ betrifft mindestens 300.000 Reservisten. Kyrill äußerte sich bisher nicht direkt zu dieser Entscheidung Putins. Der Vorsitzende des russischen Muftirats, Rawil Gainutdin, forderte die muslimischen Geistlichen hingegen öffentlich zur Unterstützung der Mobilmachung auf.
Patriarch Kyrill ist ein wichtiger Verbündeter Putins. Das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt sprach Mitte September von einer „schicksalhaften Mission“ Russlands gegen ausländische Mächte, die das Riesenreich als unabhängigen Staat zerschlagen wollten.
Theologin: Aussagen „blasphemisch“
Die Bonner orthodoxe Theologin Natallia Vasilevich bezeichnete die Aussage des Patriarchen als „blasphemisch“. In der Geschichte des Christentums hätten bereits mehrere Kirchenführer einen Sündenerlass für gefallene Soldaten versprochen. „Aber Kyrill ist wohl der erste, der das Opfer eines Soldaten auf dem Schlachtfeld in Treue zu seinem Staat mit dem Heilsopfer Christi selbst vergleicht“, sagte die Sprecherin der ökumenischen Gruppe Christian Vision in Belarus der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Der Patriarch habe das Bibelzitat „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ aus dem Johannes-Evangelium auf Armeeangehörige bezogen, „die in einen Krieg geschickt werden, um zu töten“.