ÖFSE-Studie

„Konfliktminerale“: Dreikönigsaktion vermisst Sorgfalt

Die Dreikönigsaktion (DKA), das entwicklungspolitische Hilfswerk der Katholischen Jungschar, fordert seit Jahren einen sorgfältigen Umgang mit Konfliktrohstoffen und die Beachtung von Menschenrechten bei Lieferketten.

„Es geht um die Verhinderung von menschlichem Leid! Menschen werden tagtäglich bedroht, versklavt und verletzt“, so DKA-Experte Herbert Wasserbauer anlässlich der Veröffentlichung einer Studie der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) über die Umsetzung der 2017 verabschiedeten Konfliktminerale-Verordnung der Europäischen Union durch österreichische Unternehmen.

Die von der Dreikönigsaktion beauftragte Studie kommt zu einem differenzierten Bild: 15 österreichische Unternehmen, die eine bestimmte Mindestmenge an Tantal, Wolfram, Zinn oder Gold in die EU importieren und deshalb heuer erstmals einen Bericht zur Umsetzung der EU-Verordnung vorlegen mussten, kamen dieser Verpflichtung sehr unterschiedlich nach, wie die DKA in einer Aussendung am Donnerstag darlegte: Es lägen „mustergültige“ Berichte vor, andere wiesen Mängel auf oder fehlten bisher ganz.

Interviews mit Unternehmensvertretern

Die Unternehmen hatten nach einer dreieinhalbjährigen Übergangszeit seit 2017 nachzuweisen, wie sie dafür sorgen, durch ihre Rohstoffeinkäufe nicht zu Gewalt und Menschenrechtsverletzungen in Konfliktregionen beizutragen. Die ÖFSE analysierte diese Berichte und führte auch Interviews mit Vertretern von unter die Verordnung fallenden Unternehmen sowie der zuständigen Behörde im Finanzministerium.

Die auf dieser Basis erstellte Studie zeige ein gemischtes Bild, informierte die Auftraggeberin DKA: Die „Wolfram Bergbau und Hütten AG“ (WBH) könne als Vorreiterin gelten. Ihr ausführlicher, teilweise online verfügbarer Bericht schildere u.a. den Umgang mit Unregelmäßigkeiten in der Lieferkette. Als einziges der interviewten Unternehmen wusste die WBH genau über den Ursprung der von ihr importierten Rohstoffe Bescheid und inspiziert Minen auch vor Ort, lobte die DKA und merkte an: „WBH ist der einzige Verhüttungsbetrieb in Österreich, der ‚Konfliktminerale‘ verarbeitet, und baut in seiner Berichtslegung auf ein solides, mehrjähriges freiwilliges Engagement auf.“

Swarovski und voestalpine säumig

Andere Unternehmen hätten Berichte veröffentlicht, die den Vorgaben der Verordnung zwar entsprechen – „allerdings viel weniger ausführlich“. Die Unternehmen „Plansee SE“, „Treibacher Industrie AG“ und „Tribotecc GmbH“ hätten zusätzlich die zusammenfassenden Auditberichte online verfügbar gemacht.

Zwei Unternehmen – „CRONUS Industrial Solutions GmbH“ und „IMR metal powder technologies GmbH“ – haben laut der Aussendung auf ihren Websites zwar Berichte veröffentlicht, nach einem Abgleich mit den Anforderungen der EU-Verordnung erscheine es jedoch als fraglich, ob die Behörde diese als ausreichend werten kann. Es werde z.B. nicht erwähnt, ob Lieferanten über Audits verfügen oder wie Sorgfaltspflichten im Managementsystem umgesetzt werden.

Als säumig müssen die drei Unternehmen „Boehlerit GmbH“, „Swarovski AG“ sowie „voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH“ bezeichnet werden, die bis dato noch keine Berichte veröffentlichten.

Auch EU-Kommission im Verzug

Die ÖFSE-Studie zeigt laut DKA aber auch, dass auch die EU-Kommission deutlich im Verzug ist. Anders als in der Verordnung vorgesehen, habe sie bisher noch keine Branchen-Standards und entsprechende Kontrollsysteme anerkannt, die Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten unterstützen könnten. Dies erzeuge in der Branche große Unsicherheit. Festzuhalten sei zugleich, dass die EU-Verordnung vorsieht, dass solche Standards nur eine Unterstützung darstellen. Unternehmen können ihre Verantwortung nicht auslagern oder delegieren.

ÖFSE-Studienautorin Karin Küblböck forderte klare Qualitätskriterien für Auditorinnen und Auditoren seitens der EU-Kommission ein: „Ein wesentlicher Teil der Umsetzung der Sorgfaltspflichten sind qualitativ hochwertige Audits der Unternehmen bzw. ihrer Lieferant*innen. Auditor*innen müssen deswegen umfassende Kompetenzen – auch in den Bereichen Menschenrechte und Konfliktursachen – aufweisen.“ Ohne klare Vorgaben seitens der EU und der nationalen Behörden bestehe die Gefahr, dass ein neues lukratives Geschäftsfeld für Auditfirmen entsteht „und bestehende Beschaffungspraktiken legitimiert werden, ohne die Situation der Bevölkerung in den Herkunftsländern der Rohstoffe zu verbessern“.

Menschliches Leid verhindern

„In den sehr technisch-bürokratischen Vorgängen, die mit der Umsetzung der Konfliktminerale-Verordnung zu tun haben, darf eines nicht vergessen werden: Es geht um die Verhinderung von menschlichem Leid“, erinnerte DKA-Referent Wasserbauer. Angesichts der großzügig bemessenen Übergangsfrist nannte er es „dramatisch“, dass einige österreichische Unternehmen noch immer keine Berichte veröffentlichten. In der für nächstes Jahr auf europäischer Ebene anstehenden Überprüfung der Verordnung sollte darum auch über bisher fehlende Sanktionen verhandelt werden, „damit der Druck auf Minimalist*innen und Verweiger*innen erhöht wird“, so Wasserbauer abschließend.

Die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Rohstoffe, einem Bündnis österreichischer NGOs, das es sich zum Ziel gesetzt hat, negative Auswirkungen des Abbaus mineralischer Rohstoffe etwa für IT- und Hochtechnologie-Produkte durch deren Herstellung, Nutzung und Entsorgung zu verringern sowie gleichzeitig positive Ansätze eines nachhaltigeren Umgangs mit diesen Materialien politisch und gesellschaftlich voranzutreiben.