„Red Wednesday“

Lage der Christen in vielen Ländern verschlechtert

Die Lage von Christinnen und Christen hat sich in vielen Ländern verschlechtert. Das berichtete der Präsident des internationalen Hilfs­werks „Kirche in Not“, Thomas Heine-Geldern.

Dabei seien die Ursachen der Verfolgung oder Diskriminierung vielfältig, sagte Heine-Geldern im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung „kirche bunt“ (aktuelle Ausgabe). Anlass war der bevorstehende „Red Wednesday“ (16. November), mit dem das Hilfswerk auf die Lage von verfolgten Christen weltweit aufmerksam machen möchte.

Dabei werden Gebäude und Wahrzeichen auf der ganzen Welt rot angestrahlt, darunter auch das Parlament in der Wiener Hofburg, die Karlskirche und der Stephansdom. Die Frage, ob es in Zeiten von Energieknappheit angebracht sei, nachts Gebäude zu beleuchten, beantwortete Heine-Geldern mit Ja.

Beleuchtung „vertretbar“

Es gebe nach wie vor vieles im öffentlichen Raum, das abends beleuchtet wird – etwa Werbeflächen. Deshalb sei es für ihn „vertretbar“, in einer Nacht des Jahres auf die erschreckende Situation vieler Christen und Christinnen aufmerksam zu machen.

Der Stephansdom in Rot aufgenommen im Rahmen der „Red Wednesday“-Aktion am Mittwoch, 27. November 2019, in Wien
APA/Herbert Neubauer
Gebäude und Wahrzeichen auf der ganzen Welt werden rot angestrahlt, darunter das Parlament in der Wiener Hofburg, die Karlskirche und der Stephansdom

Die Beleuchtung müsse außerdem nicht die ganze Nacht über eingeschaltet bleiben. Viele Pfarren und Klöster seien heute zudem energieautark oder erhalten ihren Strom aus erneuerbaren Energien. Es gehe beim „Red Wednesday“ vielmehr darum, aufzuzeigen, „dass es nicht selbstverständlich ist, dass man eine Bibel haben darf oder dass man am Sonntag in die Messe gehen kann“.

Große Probleme in Subsahara-Ländern

Immens zugenommen haben die Repressionen in Subsahara-Ländern wie Burkina Faso, Niger, Nigeria oder Mali, berichtete Heine-Geldnern. In diesen Staaten gebe es eine „hochexplosive Mischung von Korruption und von kriminellen Banden, die staatliche Einrichtungen wie Polizeistationen angreifen und Spitäler oder Schulen zerstören“.

Auch die Klimakrise habe in diesen Staaten negative Auswirkungen, wenn in gewissen Regionen Hirtenvölker auf der Suche nach Nahrung für ihre Herden diese auf Feldern von ansässigen Bauern grasen lassen, weil ihre ursprünglichen Weiden vertrocknet sind. Aus der Not würden islamistische Hassprediger immer wieder Kleingeld schlagen. „Das geht dann gegen die Christen im Land“, so Heine-Geldern.

Sorgen in Ländern mit totalitären Regimes

Anders sei die Situation in Syrien, wo es nur mehr ein paar Hunderttausend Christinnen und Christen gebe; „da geht es der Gesamtbevölkerung schlecht, weil es seit über elf Jahren Krieg gibt, aber auch, weil die Sanktionen des Westens vor allem die einfachen Menschen im Land treffen“, so Heine-Geldern.

Sorgen machten ihm zunehmend der religiöse Nationalismus in Indien und Myanmar, die totalitären Ideologien in China und Nordkorea und die Radikalisierung in Pakistan. „Diese Entwicklungen werden in der Weltöffentlichkeit aber oftmals völlig negiert“, kritisierte der „Kirche in Not“-Präsident.

Krieg belastet russische Katholiken

Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine habe sich auch die Situation der Katholikinnen und Katholiken in Russland verschlechtert, berichtete Heine-Geldern. Das habe auch mit der von Papst Franziskus geäußerten Kritik am Patriarchen von Moskau, Kyrill I., zu tun, der sich bekanntlich vollumfänglich hinter den russischen Präsidenten Putin stellte. Die römisch-katholische Kirche in Russland sei auf materielle Hilfe aus dem Ausland angewiesen, es sei aber nur noch bedingt möglich, die notwendigen Mittel zu überweisen, so Heine-Geldern.

Im Libanon, den der „Kirche in Not“-Präsident kürzlich besuchte, habe er große Not bei den Menschen erlebt. Sie haben „weder genug zu essen noch genug zu heizen, ab acht Uhr abends ist der Strom weg“. Man helfe vielfältig in der Hoffnung, dass so die Christen im Land blieben. Kürzlich haben der Libanon und Israel, die offiziell im Kriegszustand sind, sich bezüglich der Grenze in den Hoheitsgewässern zwischen ihren Ländern geeinigt. Das sei Grund zur Hoffnung für das Land.

Steigende Intoleranz im Westen

In der „westlichen Welt“ sieht Heine-Geldern eine gegen Christen gerichtete, steigende Intoleranz und Diskriminierung. Sorge mache, „dass es in den westlichen Ländern eine Verwirrung über den Begriff Menschenrechte gibt, wenn etwa das Menschenrecht der Religionsausübung durch das Menschenrecht auf Selbstbestimmung eingeschränkt wird“.

Ebenso sei auffällig, dass das Recht der freien Gewissensentscheidung zunehmend eingeschränkt werde – etwa im britischen Gesundheitsdienst, wo ein katholischer Arzt in Bezug auf Abtreibungen nicht mehr nach seinem Gewissen entscheiden und das ablehnen dürfe. „Ich bin für die Gewissensfreiheit und die Selbstbestimmung, aber die muss uns Christen auch zugestanden werden“, zeigte sich Heine-Geldern überzeugt.

Kirchen und Klöster rot angestrahlt

Mit dem „Red Wednesday“ macht das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ auch in diesem Jahr auf das Schicksal verfolgter Christen und Christinnen auf der ganzen Welt aufmerksam. Mehr als 135 Kirchen, Stifte, Klöster und Monumente werden am Mittwoch, 16. November, rot angestrahlt, darunter auch das Parlament in der Wiener Hofburg, die Karlskirche und der Stephansdom.

„Kirche in Not“ lädt am Mittwoch, 16. November, um 18.00 Uhr zudem zu einem Gottesdienst in die rot bestrahlte Karlskirche in Wien ein. Der libanesische syrisch-katholische Bischof Jules Boutros wird mit dem Wiener Weihbischof Franz Scharl und dem aus Nigeria stammenden niederösterreichischen Pfarrer Ikenna Okafor der Messe vorstehen.