Frauen, Fußgänger, Menschen
ORF.at/Dominique Hammer
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Kampagne

Katholische Jugend und Frauen: „16 Tage gegen Gewalt“

Unter dem Motto „Jede von uns kann ein Vorbild gegen Gewalt sein“ ermutigen die Katholische Jugend (KJÖ) und die Katholische Frauenbewegung (kfbö) zum Aufstehen gegen Gewalt an Frauen.

Ein gemeinsames Videoprojekt der beiden Organisationen im Rahmen der internationalen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ soll auf die Vielfalt der Gewalt gegen Frauen hinweisen, ist einer gemeinsamen Aussendung vom Donnerstag zu entnehmen. Vorgestellt wurde das Video „Jede von uns“ mit einer Diskussion am Donnerstagabend im Innsbrucker ÖGB-Haus.

Anlässlich des am 25. November begangenen „Internationalen Tags gegen Gewalt an Mädchen und Frauen“ wies die kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl darauf hin, dass ihre Organisation Frauen seit Jahren dazu ermutige, „selbstbewusste, eigenständige Frauenbilder und Frauenrollen zu entwickeln“. Zudem benenne man auch „strukturelle Gewalt, welche die Gleichberechtigung und die Gleichstellung von Frauen behindert“. Dabei werde ein Bewusstseinswandel innerhalb der Kirche wie auch in der gesamten Gesellschaft angestrebt.

Auch nichtbinäre und transidente Personen betroffen

Die KJÖ und die kfbö erinnerten daran, dass auch nichtbinäre und transidente Personen sind von Gewalt betroffen sind. KJÖ-Vorsitzende Marika Schneider: „Wir wollen allen von Gewalt betroffenen Menschen Mut zusprechen und sie bestärken.“ Jede könne als Vorbild wirken, indem sie sich selbst schützt und andere bestärkt. Niemand müsse perfekt sein und Hilfen stehen bereit, so das Fazit.

Mit den Videos „Jede von uns“ wollen KJÖ und kfbö nicht nur aufzeigen, wie vielfältig Gewalterfahrungen sind und wie viele Frauen auf unterschiedliche Weise betroffen sind, sondern auch, dass jede von uns andere Frauen und sich selbst gegen Gewalt schützen kann.

Gewalt und raditionelle Frauenrollen

Das Erdulden von Gewalt hängt unter anderem mit der Akzeptanz traditioneller Frauenbilder und Frauenrollen zusammen, heißt es in der Aussendung. Das widerspruchslose Ertragen von Zuständen und eine Haltung der Aufopferung als kulturelles Frauenideal können Frauen in eine Gewaltspirale führen.

KJÖ und kfbö sehen auch das gesellschaftliche Rollenverständnis als Hindernis. In den Rollenerwartungen werde ein Ideal vorausgesetzt, bei dem sich Frauen aufopferten – sowohl in der Familie, als auch im Beruf, wo sie immer noch die meiste unbezahlte Pflege-, Erziehungs-und Hausarbeit verrichteten. So seien von allen Pflegenden in Österreich 73 Prozent Frauen älter als 60 Jahre, die pflegebedürftige Angehörige unbezahlt zu Hause versorgen.

Die Meinung, dass besonders Frauen diese Tätigkeiten gerne und aufopferungsvoll verrichten sollen, mache es für Frauen umso schwieriger, eine überfordernde Situation und ihre Gewalterfahrungen zu benennen und gegen diese vorzugehen.

Emmausgemeinschaft bietet Schutzräume

Zum Internationalen Tag meldete sich am Donnerstag auch die Emmausgemeinschaft in St. Pölten zu Wort und wies auf ihr Angebot der Schutzräume für Frauen. Angesichts der stark zunehmenden Gewalt gegen Frauen sowie der Armutsgefährdung und Altersarmut von Frauen sei es „dringend notwendig, die Rechte von Frauen immer wieder sicherzustellen“, betonte in einer Aussendung Geschäftsführer Karl Langer.

Das Frauenprojekt der Emmausgemeinschaft St. Pölten begann im Jänner 2004 in einer angemieteten Dachgeschoßwohnung mit sechs Notschlafplätzen. Da sich der Bedarf ständig erhöhte, erfolgte bereits binnen eines Jahres der Umzug in die Stephan Buger-Gasse mit eigenem Standort. Heute gibt es eine Notschlafstelle mit vier Plätzen und ein Frauen-Cafe (Tageszentrum).

Hilfe für wohnungslose Frauen

Das Wohnheim hat 17 Plätze, fünf davon für akut von Wohnungslosigkeit betroffene Frauen sowie zwölf Wohnplätze für Frauen mit psychischer Erkrankung. Im Frauenwohnheim „Brot & Rosen“ und in der Frauennotschlafstelle finden Frauen, die häuslicher Gewalt entfliehen und aus diesem Grund akute Obdachlosigkeit erfahren haben, sichere und Halt gebende Räumlichkeiten vor.

Von 2004 bis 2020 wurden laut Angaben von Rita Olah, der Leiterin des Frauenwohnheimes, insgesamt 1.102 Frauen von der Emmausgemeinschaft begleitet und unterstützt. 2021 verzeichnete man 4.557 Nächtigungen im Frauenwohnheim sowie 667 in der Notschlafstelle.

Sexuelle Gewalt allgegenwärtig

Sowohl die Emmausgemeinschaft als auch die Katholische Jugend und die Katholische Frauenbewegung verwiesen in ihren Aussendungen auf das Problem der sexuellen Gewalt. Einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist jede dritte Frau in ihrem Leben von solcher Gewalt durch einen Partner oder durch Übergriffe außerhalb der Beziehung betroffen. Nur bei zehn Prozent der Anzeigen wegen Vergewaltigung kommt zu einer Verurteilung. In Österreich ist jede fünfte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt.

Seit Beginn dieses Jahres wurden laut einer Erhebung des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) bereits 27 mutmaßliche Femizide begangen (Stand November 2022). Nahezu alle davon wurden durch (Ex-)Partner, Bekannte oder Familienmitglieder verübt. (Österreichische Frauenhelpline gegen Gewalt mit anonymer und kostenloser 24-Stunden-Beratung: Tel. 0800 222 555)

Orangefarbenes Licht schärft Bewusstsein

Die Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“ dauert vom 25. November, dem „Internationalen Tag gegen Gewalt an Mädchen und Frauen“, bis zum 10. Dezember, dem „Internationaler Tag der Menschenrechte“. In Österreich wird die Aktion auch durch eine Beleuchtung öffentlicher Gebäude in orangem Licht sichtbar gemacht.

Mehrere Pfarren und kirchliche Einrichtungen – darunter die Pfarre Villach-Heiligenkreuz, das Mutterhaus der Franziskanerinnen Vöcklabruck, die Burg Altpernstein, das Stift Schlägl, die Wallfahrtsbasilika Pöstlingberg, sowie evangelischen Gemeinden in Fürstenfeld, Gmünd und Hermagor – sind beteiligt.