Blick auf den Altar während einer Messe im Stephansdom
APA/AFP/Joe Kalmar
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Statistik

Katholische Kirche verzeichnet Rekord an Austritten

Die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich ist auf einem neuen Rekordhoch: 90.808 Personen haben 2022 die römisch-katholische Kirche verlassen, besagt die am Mittwoch veröffentlichte Kirchenstatistik.

Die Zahl der Katholikinnen und Katholiken schrumpfte gegenüber dem Vorjahr von 4,83 Mio. auf 4,73 Mio. (minus 1,96 Prozent). 2022 waren es genau 4.733.174, 2021 4.827.683 Katholikinnen und Katholiken. Katholikinnen und Katholiken stellen somit nach wie vor etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung (52 Prozent).

Bereits 2021 war die Zahl der Kirchenaustritte mit 72.222 hoch gewesen und hatte damals den zweithöchsten Wert hinter jenem im Jahr 2010 dargestellt, als viele Menschen nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen der Kirche den Rücken gekehrt hatten. 2020 waren es 58.727. „Für die aktuell hohen Austrittszahlen dürften bei vielen Menschen eine Distanz zur Kirche ausschlaggebend sein, die durch die Pandemie in den vergangenen Jahren größer geworden ist“, analysierte Kathpress die aktuelle Entwicklung.

Unmut über CoV-Maßnahmen

Laut Angaben aus den Diözesen sei dieser Trend im letzten Jahr durch die angespannte wirtschaftliche Gesamtlage noch verstärkt worden, und das, obwohl die Diözesen etwa wegen der Coronavirus-Pandemie den Menschen bei der Einziehung des Kirchenbeitrages entgegengekommen waren. Ärger unter manchen Mitgliedern gab es in den vergangenen Jahren auch über die von der Kirche gesetzten CoV-Maßnahmen, die aber nicht strenger waren als in anderen Bereichen.

Grafik zeigt Daten zu den Kirchenaustritten 2022 in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Kathpress

Bekenntnislose zweitgrößte Gruppe

Die Zahl der katholischen Gläubigen in Österreich schrumpft kontinuierlich, ebenso jene der evangelischen. Geschuldet ist das der Säkularisierung, die vor allem in Europa ein allgemeines Phänomen darstellt. Allerdings gibt es auch Religionsgemeinschaften, die – vor allem durch Zuzug – ständig wachsen, allen voran muslimische und christlich-orthodoxe. Die zweitgrößte Gruppe stellen in Österreich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung die Bekenntnislosen dar.

Zahlen zur Größe der Religionsgemeinschaften sind immer schwerer zu erheben. Wurde bis 2001 das Bekenntnis noch bei der Volkszählung erhoben, fiel dieses Merkmal im Rahmen des Zensus danach weg. 2021 führte Statistik Austria im Auftrag des Bundeskanzleramts eine freiwillige Erhebung über die „Religionszugehörigkeit der Bevölkerung in Privathaushalten“ durch.

Zusätzlich werden noch die Zahl der Austritte sowie der Aufnahmen bzw. Wiederaufnahmen unter den kirchenbeitragspflichtigen Religionsgemeinschaften in Österreich (römisch-katholisch, evangelisch A. B. und H. B., Altkatholikinnen und -katholiken) dokumentiert.

Nicht nur Aus-, sondern auch Eintritte

Gemeinsam mit den vorläufigen Katholikenzahlen veröffentlichte die katholische Kirche am Mittwoch auch die amtliche Kirchenstatistik für 2021 mit den Details zum kirchlichen Leben in Österreich. Mit Stichtag 31. Dezember 2022 wurden 4.449 Personen in die Kirche wieder oder neu aufgenommen. Das ist etwas weniger als 2021 (4.520), zugleich aber etwas mehr als 2020 (4.068).

630 Personen machten zudem 2022 von ihrem Recht auf Widerruf Gebrauch. Damit sind Menschen gemeint, die zunächst ihren Austritt erklärt hatten, nach einem Kontakt mit kirchlichen Verantwortlichen und innerhalb einer Dreimonatsfrist aber wieder Abstand von diesem Schritt nahmen. Die Zahl der Widerrufe ist gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegen. 2021 konnte die Kirche 552 Widerrufe verzeichnen, 2020 waren es 461.

Mehrere Faktoren für Zahlen ausschlaggebend

Bei den Angaben für 2022 handelt es sich um vorläufige Zahlen. Kleinere Korrekturen – vor allem bei den Neu- oder Wiedereintritten, aber auch bei den Widerrufen – sind noch zu erwarten, da noch nicht in allen Diözesen die Daten für die letzten Monate des Vorjahres umfassend vorliegen. Erfahrungsgemäß werden die Zahlen der Kircheneintritte (Aufnahmen und Wiederaufnahmen) und der Widerrufe noch leicht steigen.

Grafik zeigt Daten zu den Kirchenaustritten 2022 in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Kathpress

Zu jener Zahl an Personen, die aus freien Stücken der katholischen Kirche beitreten, müssen auch noch jene hinzugezählt werden, die sich im Erwachsenenalter (ab 14 Jahren) taufen lassen. Hier gibt es für 2022 noch keine Daten. Die Zahl der amtlichen Statistik für 2021 weist hier 287 Taufen aus, 2020 waren es 417.

Maßgebliche Faktoren für den leichten Rückgang der Katholikenzahl sind jedenfalls nicht nur das Verhältnis von Austritten zu Kircheneintritten, sondern vor allem auch von Taufen zu Sterbefällen und von Zuzügen zu Wegzügen.

Zahlen in Diözesen

Die Diözesen haben für 2022 folgende Katholikenzahlen bekanntgegeben (die Vergleichszahlen 2021 beziehen sich auf die amtliche Statistik der Österreichischen Bischofskonferenz):

Erzdiözese Wien

Für 2022 meldet die Erzdiözese Wien 1.088.275 Katholikinnen und Katholiken (2021: 1.113.043). 23.986 Personen traten aus der Kirche aus (2021: 19.767). Zugleich konnten bislang 901 Neu- und Wiedereintritte verzeichnet werden (2021: 941). Weiters meldete die Erzdiözese 108 Widerrufe (2021: 102).

Diözese Linz

Die Diözese Linz hatte zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt 898.064 Katholiken und Katholikinnen (2021: 914.916). 16.505 Personen traten aus der Kirche aus (2021: 12.865 Personen). 776 Personen traten 2022 wieder oder neu in die Kirche ein (2021: 790). 146 Personen widerriefen ihre Austrittserklärung (2021: 111).

Diözese Graz-Seckau

In der Diözese Graz-Seckau gehörten 752.605 Personen im Jahr 2022 der katholischen Kirche an (2021: 768.858 Personen). 16.171 Personen traten 2022 aus der Kirche aus (2021: 11.970). Gleichzeitig konnten bisher 1.136 Wieder- und Neueintritte mit Jahresende 2022 verzeichnet werden (2021: 1.125). 158 Personen widerriefen ihren Austritt (2021: 141).

Diözese St. Pölten

458.637 Katholikinnen und Katholiken hatten mit Jahresende 2022 ihren Hauptwohnsitz in der Diözese St. Pölten (2021: 468.243). 8.664 Katholiken traten im vergangenen Jahr aus der Kirche aus (2021: 6.492). Weiters waren 333 Wieder- und Neueintritte zu verzeichnen (2021: 327) sowie 28 Widerrufe (2021: 31).

Erzdiözese Salzburg

In der Erzdiözese Salzburg wird die Gesamtzahl der Katholikinnen und Katholiken mit Stichtag 31. Dezember 2022 mit 438.227 angegeben (2021: 446.242). 7.403 Personen verließen die Kirche (2021: 6.335), 417 traten wieder oder neu ein (2021: 390). 53 Personen machten vom kirchlichen Angebot des Widerrufs Gebrauch (2021: 46).

Diözese Gurk

Mit Stichtag 1. Jänner 2023 sind 338.139 Kärntnerinnen und Kärntner römisch-katholisch (2021: 344.758). Im Jahr 2022 traten 5.306 Personen aus der katholischen Kirche aus (2021: 4.349). Es gab zudem 2022 344 Aufnahmen in die katholische Kirche durch Wiederein- und Übertritte (2022: 334 Aufnahmen). 44 Personen widerriefen im Jahr 2022 ihren Austritt (2021: 36).

Diözese Innsbruck

Die Diözese Innsbruck zählte zum Jahreswechsel 359.169 Katholikinnen und Katholiken (2021: 365.151). 6.004 Personen verließen die Kirche (2021: 5.076). Die Zahl der Eintritte belief sich 2021 auf 314 (2021: 373). 51 Personen widerriefen ihren Austritt (2021: 35).

Diözese Feldkirch

2022 verzeichnete die Diözese Feldkirch 217.153 Katholikinnen und Katholiken (2021: 222.014). 4.592 Personen traten 2022 aus der Kirche aus (2021: 3.649). Zugleich konnten 128 Neu- und Wiedereintritte registriert werden (2021: 151). 34 Personen widerriefen ihren Austritt (2021: 34).

Diözese Eisenstadt

182.905 Katholikinnen und Katholiken gehörten mit Jahresende 2022 der katholischen Kirche im Burgenland an (2021: 184.458). Die Diözese Eisenstadt vermeldete für das vergangene Jahr 2.177 Austritte (2021: 1.719). 100 Personen wurden neu oder wieder in die Kirche aufgenommen (2021: 89), acht Widerrufe wurden für 2022 gemeldet (2021: 16).