Glaube

Heinz Fischer: Als Sozialist „sehr nahe bei christlichen Werten“

Altbundespräsident Heinz Fischer erklärte im Kärntner „Sonntag“, dass er als Agnostiker weder die Annahme für beweisbar hält, dass es eine Gottheit und ein Leben nach dem Tod gibt, noch den atheistischen Widerspruch dagegen.

Dennoch sieht sich der Sozialdemokrat und frühere österreichische Bundespräsident in vielem mit christlichen Werten verbunden, wie er im Kärntner „Sonntag“ (Donnerstags-Ausgabe) darlegte. Er verwies dazu auf sein bereits 1977 erschienenes Buch „Positionen und Perspektiven“.

Darin bezeichnete er Empathie und Fähigkeit zum Mitleiden als kennzeichnend für einen Sozialisten, sprach sich gegen Egoismus aus, für Wertschätzung der menschlichen Verschiedenheit bei gleichzeitiger Sensibilität für ungleiche Lebenschancen, für Toleranz und eine „nicht als Recht des Stärkeren“ verstandene Freiheit. Mit dieser Position stehe man „auch sehr nahe bei den christlichen Werten“ – und umgekehrt, wie Fischer hinzufügte.

Fischer: „Man kann gläubig und vernünftig sein“

„Wenn Sie mich fragen, ob ich Zeus, Jupiter oder Allah für Gottheiten und Jesus Christus für Gottes Sohn halte, dann ist meine Antwort, vorsichtig formuliert, sehr zurückhaltend“, so Fischer im Interview. Er könne sehr gut verstehen, „dass die unfassbaren Urgewalten der Kosmologie, die bei der Entstehung des Weltalls am Werk waren und weiter am Werk sind, und dass das Wunder des Lebens bzw. die Wunder der Natur, die dem Menschen, seit es ihn gibt, unerklärlich sind“. Ebenso verstehe er, dass der Mensch sie unter Zuhilfenahme des Phänomens eines allmächtigen Gottes zu erklären versuche.

Altbundespräsident Heinz Fischer
APA/Lukas Dürnegger
Heinz Fischers Lebensmotto ist der kategorische Imperativ Kants

Glaube und Vernunft sind nach den Worten des langjährigen Spitzenpolitikers „nicht grundsätzlich getrennt, denn man kann selbstverständlich gläubig und vernünftig sein“. Aber sie seien auch nicht zwingend verbunden, so könne man etwa auch gläubig und unvernünftig oder vernünftig und ungläubig sein. Er selbst reihe Ethik vor Religion, „weil es zwar Ethik ohne Religion, aber keine Religion ohne Ethik geben kann“, erklärte Fischer. „Sonst ist es nämlich keine Religion.“ Auf die Frage, ob er im Himmel den Ruheort für die Seelen sehe, antwortete der Altbundespräsident knapp mit „Nein“.

Kategorischer Imperativ als Lebensmotto

Als sein Lebensmotto könne der kategorische Imperativ von Immanuel Kant („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“) gelten und sein „Optimismus, dass die Menschen lernfähig sind“, sagte Fischer weiter. Und er bejahte die Frage, ob er im Alter von 84 Jahren noch immer von einer solidarischeren und gerechteren Welt träume: „Vor allem, wenn ich wach bin.“