Blick auf die Stadt Prag
APA/AFP/Ludovic Marin
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Katholiken

Synodaler Prozess: Kontinentale Versammlung startet

Der von Papst Franziskus ausgerufene weltweite Synodale Prozess kommt in seine kontinentale Phase: Von 5. bis 9. Februar versammeln sich die Delegierten aus Europa zu Beratungen in Prag.

Österreich ist dabei durch den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak, die Innsbrucker Hochschul-Rektorin und Theologin Petra Steinmair-Pösel und den Salzburger Theologen Markus Welte vertreten. Zusätzlich werden zehn weitere Personen aus Österreich online zugeschaltet sein und sich einbringen können. Verantwortlich für die Konferenz ist der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE).

Ausgangspunkt für die Beratungen ist das Vorbereitungsdokument „Mach den Raum deines Zeltes weit“ (Jes 54,2), das Ende Oktober 2022 vom Vatikan veröffentlicht wurde. Die mehrtägige Konferenz in Prag teilt sich in zwei Phasen: Die erste dauert vom 5. bis 9. Februar, 200 Personen sollen vor Ort teilnehmen, 390 online.

Ziel: Gemeinsames Abschlussdokument

Erklärtes Ziel ist die gemeinsame Erarbeitung und Verabschiedung eines Abschlussdokuments. Anschließend tagen von 10. bis 12. Februar die 39 Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen in Europa. Sie werden sich mit dem Abschlussdokument befassen und planen dazu eine Stellungnahme.

Die Österreichische Bischofskonferenz hatte schon bei ihrer letzten Vollversammlung im November ihre vierköpfige Delegation für den ersten Teil der Konferenz in Prag beschlossen. Inzwischen ist auch klar, wer aus welchem kirchlichen Bereich in Österreich online zugeschaltet sein wird.

Es sind dies (in alphabetischer Reihenfolge) Lukas Albert (Seminaristen), Anja Appel (Entwicklung und Mission), Erzabt Korbinian Birnbacher (Ordensgemeinschaften), Angelika Hirschenberger (geistliche Bewegungen), Victoria König (Jungschar und Jugend), Wolfgang Mazal (Laienrat), Maria Plankensteiner-Spiegel (Schule), Angelika Ritter-Grepl (Frauenbewegung) und Nora Tödtling-Musenbichler (Caritas). Die bzw. der zehnte Online-Delegierte sollte vom Ökumenischen Rat der Kirchen nominiert werden, was aber noch nicht erfolgt ist.

Reflexionsphase auf Arbeitsdokument

Von November bis Ende Jänner waren die Online-Delegierten eingeladen, Rückmeldungen zum Arbeitsdokument für die kontinentale Etappe zu machen. Zur Stellungnahme waren auch alle Diözesen gebeten sowie einige Personen, die im Juni 2022 an der vorsynodalen Beratung der Bischofskonferenz in Mariazell teilgenommen hatten.

Konkret waren dies Franziska Bruckner (Ordensgemeinschaften), Ferdinand Kaineder (Katholische Aktion), Waltraud Klasnic (Opferschutz), Barbara Krenn (Medien), Michael Landau (Caritas) und Matthias Tschirf (Katholische Verbände).

Die Ergebnisse der Rückmeldungen bilden eine wesentliche Grundlage für die vierköpfige Delegation aus Österreich. Sie wird in Prag – so wie die Vertreter der anderen europäischen Länder – Gelegenheit haben, bei den dafür vorgesehenen Plenarversammlungen ihre Position zu präsentieren. Teile der Konferenz vom 5. bis 9. Februar plant die CCEE in einem Livestream über ihre Internetseite www.ccee.eu zu übertragen.

50.000 Personen in Österreich beteiligt

Begonnen hat der Synodale Prozess im Oktober 2021. Von da an haben in den Diözesen weltweit Gespräche, Befragungen und Erhebungen stattgefunden. In Österreich haben sich rund 50.000 Personen an dieser ersten Phase beteiligt.

Verdichtet und nochmals reflektiert wurden die diözesanen Ergebnisse dann in einer nationalen vorsynodalen Beratung der Bischofskonferenz im Juni 2022 in Mariazell; das Ergebnis der Endredaktion ging fristgerecht bis zum 15. August an das vatikanische Generalsekretariat für die Bischofssynode und wurde am 21. September von Erzbischof Lackner und den Theologinnen Polak und Petra Steinmair-Pösel präsentiert.

Themen: Mitbestimmung, Frauen, Laien

Wie es in dem Österreich-Bericht heißt, gibt es einige Anliegen, die man vor Ort aufgreifen und umsetzen kann. Dies betrifft etwa die Themen Geschlechtergerechtigkeit, Förderung von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen oder den Ausbau von Partizipationsmöglichkeiten in Richtung Mitbestimmung auf allen Ebenen.

Ebenso gilt dies für die vermehrte Mitwirkung von Laien und Laiinnen in der Liturgie, das Bemühen um eine verständlichere Sprache in Liturgie und Verkündigung, den pastoralen Umgang mit Menschen, die in verschiedener Weise vom kirchlichen Leben ausgeschlossen sind, für die Aufarbeitung von Missbrauch oder die Förderung der Glaubensbildung.

Andere Anliegen seien auf weltkirchlichen Ebenen zu thematisieren, wie es in der Synthese heißt: Dies betrifft etwa den Zugang von Frauen zur Weihe – vor allem zum Diakonat – und den damit verbundenen Ämtern, den Zölibat als Zulassungsbedingung zum Weiheamt oder die Adaptierung von Lehrmeinungen unter Berücksichtigung der fortschreitenden Offenbarung des Heiligen Geistes, etwa hinsichtlich der Sexualmoral.

Auch in anderen Ländern aktuell

Dass diese Themen nicht nur in Österreich diskutiert werden, belegen auch andere nationale Ergebnisberichte und das Arbeitsdokument für die kontinentale Etappe des Synodalen Prozesses. Fast durchgängig ist der Wunsch nach einer stärkeren Rolle der Frau in der Kirche, auch wenn es Unterschiede in der konkreten Umsetzung gibt.

Dass dabei nicht alles zur Disposition steht, hat der Papst beispielsweise Ende des Jahres im Blick auf das Thema Frauenpriesterweihe klar gemacht. Das kirchliche Nein dazu bleibt für Franziskus maßgeblich.

Reformgruppe kritisiert Zusammensetzung

Vertreterinnen und Vertreter katholischer Reformgruppen aus ganz Europa blicken mit gemischten Gefühlen auf die Versammlung. Zugleich fordern sie die Teilnehmenden zu grundlegenden Reformen auf.

Der Vorsitzende der Organisation „Wir sind Kirche International“, Colm Holmes, hob kürzlich bei einer Online-Pressekonferenz hervor, in Prag diskutierten zwar etwa 600 Laien und Kleriker vier Tage lang über den Erneuerungsprozess der Kirche. „Doch leider werden an den letzten beiden Tagen nur die 39 Leiter der Bischofskonferenzen zusammenkommen“, kritisierte der Ire: „Was alle betrifft, sollte von allen entschieden werden.“

Plattform: Immer noch „von oben nach unten“

Mit Papst Franziskus sei das Thema der Synodalität – also des gemeinsamen Austauschs und des gemeinsamen Unterwegsseins – an der Spitze der Weltkirche angekommen, betonte auch der Vorstand der österreichischen Plattform „Wir sind Kirche“ in einer Aussendung am Montag.

Als „irritierend“ bezeichnete die Plattform jedoch „die zahlreichen Querschüsse und Verunglimpfungen, die zum Teil von höchsten vatikanischen Würdenträgern ausgehen und die befürchten lassen, dass eine mächtige Clique in Rom diese Kirche immer noch von oben nach unten regieren möchte“.

Grundlegende Veränderung gefordert

Die Leiterin der italienischen religiösen Zeitschrift „ADISTA“, Ludovica Eugenio, wies laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) auf die weiterhin stockende Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche hin. Dieser sei „die Folge eines Machtmissbrauchs, der sich nicht im luftleeren Raum abspielt“, sondern in einem Kontext, der solche Gewalt weiter begünstige.

Der Sekretär der katholischen Arbeitsgruppe des Europäischen Forums Christlicher LGBT-Gruppen, Miroslav Matavka, beklagte eine anhaltende Diskriminierung sexueller Minderheiten. Vor allem in Osteuropa sähen sich diese immer noch mit wissenschaftlich längst widerlegten Vorurteilen konfrontiert. „Einige Ortskirchen befürworten zum Beispiel immer noch direkte oder indirekte Heilmethoden von Homosexualität oder verschiedene Angebote zur Unterdrückung der Geschlechtsidentität“, so der Slowake.

Ordensfrau: „Gibt kein zurück“

Die Britin Sophie Rudge, Co-Vorsitzende des europäischen katholischen Frauennetzwerks Andante, forderte „die Zulassung von Frauen zum Diakonat, die Ermöglichung des Predigtamtes für Frauen und die Öffnung von Leitungspositionen für Frauen“. Nur so sei eine grundlegende Veränderung in der Kirche möglich.

Die deutsche Benediktinerin Philippa Rath, unter anderem Delegierte der Orden im deutschen Reformprozess „Synodaler Weg“, zeigte sich überzeugt, „dass es kein Zurück gibt auf dem Weg zu einer synodalen Kirche“. Es bleibe aber noch viel zu tun, etwa die Schaffung einer nüchternen Streitkultur.