Ein Weihrauchgefäß von unten fotografiert
APA/dpa/Patrick Seeger
APA/dpa/Patrick Seeger
Versammlung

Deutsche Bischöfe weiter für Reformkurs

Allen Bedenken aus dem Vatikan zum Trotz wollen die katholischen Bischöfe Deutschlands zumindest mehrheitlich am Reformkurs festhalten. Themen sind Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.

Die meisten Mitglieder der Bischofskonferenz wollten das Kirchenvolk stärker an Entscheidungen beteiligen und auch den Vatikan vom Reformkurs des deutschen „Synodalen Weges“ überzeugen, während eine Minderheit die massive Kritik aus Rom daran teilt. Das sagte der Konferenzvorsitzende, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung in Dresden.

Das Treffen fand vor der abschließenden Synodalversammlung in einer Woche in Frankfurt statt. Einige Beschlussvorlagen könnten wegen des Widerstands weniger Bischöfe scheitern, erklärte Bätzing.

„Wollen mit Rom im Gespräch bleiben“

Der Vatikan hatte den Spielraum für Reformen in Deutschland zuletzt noch weiter eingeschränkt und die geplante Gründung eines gemeinsamen Leitungsorgans von Laien und Klerikern auf allen Ebenen ausgeschlossen. Ein solcher Synodaler Rat schränke die Vollmacht jedes einzelnen Bischofs unzulässig ein.

„Wir müssen und wir wollen im Gespräch mit Rom bleiben, das ist der ausdrückliche Wunsch der Bischofskonferenz“, sagte Bätzing dazu. „Die breite Mehrheit der Bischöfe steht hinter den Reformanliegen des ‚Synodalen Weges‘ und strebt nachhaltige Veränderungen an.“

Heikle Themen

Zugleich räumte der Bischof ein: „Ich gehe nicht davon aus, dass alle Texte durch die Synodalversammlung kommen. Wir rechnen auch damit, dass Texte nicht angenommen werden, und das ist ein ganz normaler Vorgang.“ Schwerpunktthemen des Reformdialogs sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.

Besonders umstritten sind unter anderem Beschlussvorlagen zur Segnung homosexueller Paare und zur Zulassung von Frauen zu sakramentalen Ämtern.

Fünf Bischöfe wollen nicht teilnehmen

Unklar ist auch, ob alle 27 Ortsbischöfe am Synodalen Ausschuss teilnehmen, der den Synodalen Rat in den kommenden drei Jahren vorbereiten soll. Die fünf Ortsbischöfe aus Köln, Augsburg, Eichstätt, Passau und Regensburg hatten hinter dem Rücken ihrer Amtsbrüder brieflich beim Vatikan angefragt, ob sie verpflichtet sind, am Synodalen Ausschuss mitzuarbeiten.

Dazu sagte Bätzing: „Das ist eine freie Entscheidung jedes Mitglieds dieses Ausschusses, ob er sich in der Lage sieht, mitzuarbeiten oder nicht.“ Der Wortlaut des Briefes der fünf Bischöfe sei den anderen Bischöfen nach wie vor nicht bekannt.

Kein Bruch gewollt

Kritiker werfen dem „Synodalen Weg“ immer wieder vor, er führe zu einer Kirchenspaltung. Diesem Vorwurf erteilte Bätzing eine deutliche Absage: „Wer von Spaltung spricht, der verspricht sich was davon. Ich spreche davon nicht, weil sie niemand will.“ Es könne als gesichert gelten, dass kein deutscher Bischof eine Spaltung mit Rom wolle, ebenso wie wohl auch kaum einer der anderen Delegierten von Laien-Seite beim Synodalen Weg erkennbar einen radikalen Bruch mit dem Vatikan beabsichtige.

Kritik an Vatikan-Positionen

Kritik übte der Bischofskonferenz-Vorsitzende am päpstlichen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic. Dieser hatte in seinem Grußwort zum Auftakt der Vollversammlung erläutert, warum es aus Sicht von Papst Franziskus nicht möglich sei, Frauen zu Priestern zu weihen. Es gebe das „petrinische Prinzip“ des Weiheamtes, das Männern vorbehalten sei, daneben das „marianische Prinzip, in dem sich die Kirche widerspiegelt, weil sie Frau und Braut ist“, jedoch auch die „administrative Dimension“ der Kirche. In diesem dritten Bereich, der Verwaltung, sollten Frauen dem Papst zufolge mehr Raum bekommen.

Bätzung distanzierte sich mit Blick auf das „Verwaltungsprinzip“ auch von Papst Franziskus und betonte, dieser könne „nicht verlangen, dass man das annimmt“. Auch das „marianische Prinzip“ sei als Bild nicht unmittelbar auf die Wirklichkeit zu übertragen, betreffe es doch „die ganze Kirche, nicht nur Frauen“, so der Limburger Bischof.

Positionen zum Ukraine-Krieg

Erneut verurteilten die deutschen Bischöfe den Angriffskrieg Russlands als „völkerrechtswidrig“ und betonten das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung. „Wir bewundern die Entschlossenheit und Widerstandskraft der Ukrainer, die sie im Kampf für ihre Freiheit an den Tag legen. Wir stehen solidarisch an ihrer Seite“, heißt es in einer am Donnerstag in Dresden veröffentlichten Erklärung. Es sei legitim, dem angegriffenen Land durch Waffenlieferungen und andere militärischen Maßnahmen zu Hilfe zu kommen.

Zugleich betonten die Bischöfe, dass auch Selbstverteidigung und Nothilfe bestimmten Grenzen unterlägen. So müsse die Zivilbevölkerung geschont werden; auch dürften international geächtete Waffen nicht zum Einsatz kommen. „Eskalationsszenarien sind so weit wie möglich auszuschließen; vor allem muss alles getan werden, damit ein regionaler Krieg nicht zum Weltkrieg und der Einsatz von Massenvernichtungswaffen nicht wahrscheinlich wird.“

Sorgfältige Entscheidungsfindungen

Mit Blick auf Debatten in Deutschland betonen die Bischöfe, dass das Ringen der internationalen Staatengemeinschaft um geeignete militärische Unterstützung der Ukraine nicht per se als falsche Zögerlichkeit denunziert werden sollte. Sorgfalt und Bedachtsamkeit gehörten zu einer verantwortungsvollen Entscheidungsfindung.

Zur Frage möglicher Verhandlungen unterstreichen die Bischöfe, es sei „alles geboten, was einer totalen Verfeindung der Kriegsparteien entgegenwirkt. Dazu gehört auch und in besonderer Weise die Diplomatie“. Alle Spielräume für einen Dialog müssten genutzt werden. Zugleich aber dürfe die Ukraine nicht in Verhandlungen hineingedrängt werden, die nicht auf einen gerechten Frieden, sondern auf Unterwerfung hinauslaufen würden.

79 Millionen Euro Spenden

Die Bischöfe hatten kürzlich mitgeteilt, dass die katholische Kirche in Deutschland für die Flüchtlinge und Betroffenen insgesamt 79 Millionen Euro Spenden gesammelt hätten. „Wir haben hier das größte Spendenvolumen innerhalb eines Jahres zu verzeichnen“, erklärte Bätzing.