Papst Franziskus lachend unter vielen Leuten, die mit Smartphones Fotos machen
APA Picturedesk/AFP/Alberto Pizzoli
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Katholiken

Zehn Jahre Papst Franziskus

Vor zehn Jahren wurde Kardinal Jorge Bergoglio, damals Jesuiten-Erzbischof von Buenos Aires, nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt. Immer wieder sorgt er mit seinen Äußerungen für Aufsehen.

Zuletzt hatte er gegenüber dem argentinischen Nachrichtenportal Infobae daran erinnert, dass in der katholischen Ostkirche verheiratete Männer als Priester erlaubt seien. „Es liegt kein Widerspruch darin, dass ein Priester heiraten kann“, sagte der 86-Jährige. Auf die Frage, ob das Zölibat also revidierbar sei, antwortete Franziskus mit Ja. Er erklärte, dass das Zölibat in der westlichen Kirche eine „zeitliche Vorschrift“ sei und damit „provisorisch“ – im Gegensatz etwa zur Priesterweihe „für immer“.

10 Jahre Papst Franziskus

Papst Franziskus feiert am 12. März sein 10-jähriges Jubiläum. Vatikan-Experten ziehen eine gemischte Bilanz über seine bisherige Amtszeit.

Als erstes zeigte sich das in seinem Umgangsstil. Schon unmittelbar nach seiner Wahl, in der Sixtinischen Kapelle. Nur in Weiß gekleidet, ohne den roten Schulterumhang der Mozetta, kam er aus dem Raum, in dem der zum Papst gewählte Kardinal sich umkleidet, zurück in die Sixtina. Anstatt gleich auf einem weißen Stuhl vor dem Altar sitzend die Glückwünsche der Kardinäle entgegenzunehmen, ging der Neue zuerst hinunter zu dem im Rollstuhl sitzenden indischen Kardinal Ivan Dias und umarmte ihn.

Papst Franziskus kurz nach seiner Wahl 2013 auf dem Balkon vor dem Petersplatz
APA/AFP/Osservatore Romano
Die legendär schlichten ersten Worte des neugewählten Papstes an die Gläubigen: „Buona sera“

Der Papst aus Argentinien ist ein Mann der Gesten. Ob er sich auf der Loggia des Petersdoms verbeugt, um ein Segensgebet der Gläubigen entgegenzunehmen, ob er einen durch Krankheit entstellten Mann umarmt oder den Anführern südsudanesischer Bürgerkriegsparteien die Füße küsst, um sie um Frieden zu bitten. Unvergessen seine Andacht zu Beginn der Pandemie mit dem erstmals überhaupt sakramental erteilten Segen „Urbi et orbi“ am 27. März 2020 auf dem dunklen, verregneten, völlig leeren Petersplatz.

Namenswahl bezeichnend

Allein seine Namenswahl war ein Zeichen. Etliche Kardinäle waren glücklich, versprach der Name doch ein Reformprogramm, das sich viele erhofften. Anderen schwante Böses: „Das wird ein Desaster!“, soll noch in der Sixtina der slowenische Kardinal Franc Rode dem US-Amerikaner William Levada zugeraunt haben.

Franz von Assisi stand für Armut, Friedensdiplomatie und Liebe zur Schöpfung. Themen, die das Pontifikat Bergoglios seither prägen. Als Anwalt von Menschen am Rande, als Friedensdiplomat und Mahner für ökologische und soziale Nachhaltigkeit hat sich Franziskus immer wieder eingemischt. Mit unterschiedlichem Erfolg – ob in Zentralafrika, Myanmar, Südsudan, im Ukraine-Krieg oder in Pandemie und Klimakrise. Stärker als seine Vorgänger setzt er dabei auf die interreligiöse Zusammenarbeit.

Neuer Wind und neues Denken

Insgesamt brachte der Argentinier neuen Wind und neues Denken in das von mediterraner Mentalität und manch höfischen Mustern geprägte Zentrum der Kirche. Das zeigt sich auch an seinen Reisezielen und Kardinalsernennungen mit Namen und Ländern, die es kaum in den medialen Mainstream Nordamerikas oder Europas schaffen.

Papst Franziskus 2013 bei seiner ersten Reise als Papst auf der Insel Lampedusa in einer Menschenmenge
APA/AFP/Marcello Paternostro
Seine erste Reise als Papst unternahm Franziskus auf die italienische Insel Lampedusa

Die erste Reise unternahm Franziskus 2013 auf die italienische Insel Lampedusa, sowohl um für die ertrunkenen Migranten zu beten als auch für die Menschen, die die Flucht überlebten. Um die Welt besser zu verstehen, müsse man sie von den Rändern her sehen, mahnte er wiederholt.

Aber während Franziskus in etliche Bereiche Bewegung bringt und für Umbrüche sorgt, bleibt er in anderen Fragen traditionell, beharrend, drängt auf Vertiefung. „Franziskus ist nicht liberal, er ist radikal“, sagte Kardinal Walter Kasper einmal mit Blick auf enttäuschte Reformerwartungen seiner Landsleute. Besonders deutlich ist das bei Franziskus’ Mammut-Projekt für mehr katholische Synodalität.

Reformen zur gegeben Zeit

Einerseits hat er die punktuellen Versammlungen der Bischofssynode zu einem längerfristigen Projekt mit Laienbeteiligung ausgeweitet. Doch während andere Reformer – nicht nur im deutschsprachigen Raum – auf konkrete Entscheidungen etwa in Sachen weiblicher Weiheämter, Pflichtzölibat oder Demokratisierung drängen, geht es Franziskus zunächst um einen anderen Umgangsstil in der Kirche. Welche konkreten Schritte daraus erwachsen und wann diese umzusetzen wären, kann sich für ihn erst später zeigen.

Und während er manche Entscheidungskompetenz aus dem Vatikan den Ortsbischöfen zurückgibt, behält er vieles andere sich selbst vor. Was sich auch bei seiner Kurienreform zeigt. Beraten von einem externen Kardinalsrat, unter teils frappanter Umgehung der Kurie reformiert Franziskus die Zentralverwaltung der Weltkirche – schritt- und teils auch probeweise. Den Gesamtentwurf der im April 2013 angekündigten Kurienreform gab es erst im März 2022.

Papst Franziskus
APA/AP/Samy Ntumba Shambuyi
Reformen beginnen für Franziskus in Kopf und Herz

Noch keine großen Veränderungen

Dass Reform für Franziskus in Kopf und Herz beginnt – und weniger mit Strukturen und Paragrafen, machte er in berüchtigten Weihnachtsansprachen an die Kurie deutlich. Wenn er von kurialen Lähmungen, Schizophrenie und Alzheimer sprach, wurde klar, wie er bisher vom anderen Ende der Welt den Vatikan wahrgenommen hatte. Allerdings haben in seiner Amtszeit Tempo, Transparenz und Kooperationsfähigkeit der Kurie sich noch nicht sehr viel verbessert. Das zeigt sich trotz eines großangelegten Anti-Missbrauchsgipfels 2019 und daraus folgender Maßnahmen auch bei diesem Thema.

Wichtigste Aufgabe des Mannes aus dem Stuhl des Petrus ist es, die Einheit der Weltkirche zu wahren. Zwar gab es auch unter Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) Proteste und Kritik. Doch kein Papst brachte so viel Unruhe wie Franziskus. Was für ihn nicht negativ ist.

„Fate chiasso!" Macht Lärm!“, forderte er des Öfteren, wenn er zu jungen Menschen sprach. Nach zehn Jahren ist klar, wie sehr der Kardinal aus Chile Recht behalten hat: Die katholische Kirche unter Franziskus ist nicht mehr die gleiche.