Blick auf einen Teil des Höhlenklosters in Kiew
APA/AFP/TASS/A. Poddubny
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Orthodoxie

Kiew: Behörde riegelt Teile des Höhlenklosters ab

Der Konflikt um das orthodoxe Höhlenkloster (Lawra) in Kiew spitzt sich zu. Ukrainische Behörden haben laut Regierungsangaben am Dienstag Teile des berühmten Klosters für eine Kontrolle abgeriegelt.

In dem von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) genutzten Klosterkomplex prüfe eine Kommission den Zustand von „Museumsexponaten“, teilte das Kulturministerium mit. Deshalb sei der Zugang zu manchen Höhlen, in denen sich Reliquien von Heiligen befinden, geschlossen.

Die UOK kritisierte die Schließung der Höhlen und sprach von einer „beispiellosen Einschränkung der Rechte von Gläubigen“, die in dem Heiligtum beten wollten. Erst am Montag erreichte der Konflikt um das Kloster eine neue Eskalationsstufe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte sich geweigert, eine Delegation der lange dem Moskauer Patriarchat unterstehenden Ukrainischen Orthodoxen Kirche zu empfangen. Die Delegation wollte ihm eine Petition übergeben, mit der der Hinauswurf der UOK aus dem Kiewer Höhlenkloster verhindert werden soll.

Frist zur Räumung läuft bald aus

Die Behörden hatten der UOK eine Frist bis 29. März gesetzt, bis dahin muss das Kloster geräumt sein. Die Delegation der UOK wurde lediglich von Mitarbeitern der zuständigen Abteilungen des Präsidialamtes empfangen, um die Beschwerde entgegenzunehmen, zu registrieren und zur weiteren Prüfung weiterzuleiten. Das lehnte die Delegation jedoch ab.

Der Leiter der synodalen Informationsabteilung der UOK, Metropolit Kliment, zeigte sich daraufhin in einer Aussendung tief enttäuscht vom ukrainischen Präsidenten.

„Wir bedauern sehr, dass der Staat den direkten Kontakt und Dialog mit einem erheblichen Teil des ukrainischen Volkes, der sich zur Ukrainisch-Orthodoxen Kirche bekennt, vermeidet. Wir bedauern sehr, dass der Staat verzerrte Tatsachen über die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche artikuliert“, so der Metropolit. Er erklärte, dass die UOK weiterhin versuchen werden, ihrem Antrag auf Verlängerung des Pachtvertrags für das Kiewer Höhlenkloster bei den Behörden Gehör zu verschaffen.

Onufrij: Loslösung abschließen

An Metropolit Onufrij, Oberhaupt der UOK, richtete Epiphanij einmal mehr den Appell, die bereits begonnene Loslösung seiner Kirche von Moskau endlich abzuschließen. Dies sei bislang noch nicht geschehen, auch wenn die Kirchenleitung der UOK selbiges gegenüber den ukrainischen Behörden immer wieder beteuere.

Kyrill: „Verhöhnung des Prinzips der Menschenrechte“

Der Moskauer Patriarch Kyrill hatte vor wenigen Tagen in seiner Eröffnungsrede vor der Synode seiner Kirche im Blick auf das Höhlenkloster von einer „Verhöhnung des Prinzips der Menschenrechte und Freiheiten“ gesprochen. Er verglich die Politik der ukrainischen Regierung mit sowjetischen, atheistischen Zeiten, als versucht wurde, den orthodoxen Glauben zu entwurzeln und Klöster zu schließen.

Epiphanij: Keine Absichten, Kloster zu schließen

Metropolit Epiphanij, Oberhaupt der unabhängigen Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU), wies die Moskauer Anschuldigungen prompt zurück. Epiphanij betonte, dass es keinerlei Absichten gebe, das Kloster zu schließen. Die Vorwürfe des Moskauer Patriarchen seien „haltlose Manipulationen“. Worte wie Menschenrechte oder Freiheit aus dem Munde eines Menschen wie Kyrill zu hören, sei unglaublich zynisch, noch dazu, wo Kyrill zu Sowjetzeiten die besten Beziehungen zu den kommunistischen Machthabern pflegte.

Epiphanij sagte, es gebe zahlreiche Vorfälle, in denen Kleriker der UOK die russischen Aggressoren unterstützen würden und die Kirche habe auch nicht dagegen protestiert, als sich das Moskauer Patriarchat die UOK-Diözesen in den von Russland besetzten Gebieten einverleibte.

Kloster „ideologisches Zentrum“

Unter den derzeitigen Umständen sei die Lawra daher ein Zentrum der Ideologie der „Russischen Welt“. Dieses imperialistische Gedankengut sei die Grundlage und Legitimation für den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Der derzeitige Abt des Höhlenklosters, Metropolit Pawlo, sei für diese Einstellung auch schon vom russischen Präsidenten Putin ausgezeichnet worden, erinnerte Epiphanij.

An die Mönche der Lawra appellierte Epiphanij, sich endlich von Moskau zu befreien: „Wir haben einen gemeinsamen orthodoxen Glauben und gehören zur einen Kirche Christi. Die Existenz einer kirchlichen Struktur Moskaus in der Ukraine ist unkanonisch. Alle können sehen, wie sehr Russland gegen das ukrainische Volk vorgeht.“ Die Lawra dürfe nicht länger ein Instrument Moskaus sein, sondern sollte im Gegenteil „ein Ort des Gebets und des frommen klösterlichen Lebens“ sowie der spirituellen Hilfe in den gegenwärtigen schwierigen Zeiten sein.

Auch der ukrainische Kulturminister Olexandr Tkatschenko verlangte, die Ordensmänner im Höhlenkloster sollten sich der OKU anschließen. Dann dürften sie im Kloster bleiben.

Mönche verweigern Auszug

„Wir wollen nicht ausziehen – und werden es auch nicht tun“, sagte hingegen Klosterabt Metropolit Pawlo in einer Videobotschaft. Die Behörden drohten zwar mit Strafmaßnahmen, aber heute sei „nicht das 17. Jahrhundert“, es gebe Gesetze. Viele Ordensmänner lebten bereits seit 1988 in dem Heiligtum und hätten „keinen anderen Ort als hier“. Zugleich bestritt Pawlo, dass er oder andere Ordensmänner mit Russland kollaborieren würden.

Unterdessen meldete das Portal „risu“, dass es in der westukrainischen Bukowina zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der UOK und der OKU um eine Kirche gekommen ist. Solche Vorfälle gibt es schon seit vielen Jahren immer wieder. Sie verdeutlichen die kirchlich angespannte Situation im Land.