Sonderzeichen

Kirchenzeitungen und geschlechtersensible Sprache

Österreichs Kirchenzeitungen sind sich einig darin, „diskriminierungssensibel“ berichten zu wollen und sich auch sprachlich um Geschlechtergerechtigkeit zu bemühen. Kathpress machte eine Rundfrage bei „Der Sonntag“, „Kirche bunt“ und Co.

Das Wie ist recht unterschiedlich, wie die Anfrage in den Redaktionen der Diözesanblätter – viele davon von Frauen geleitet – ergab: Die in einer Kooperationsredaktion vertretenen Kirchenzeitungen der Diözesen Linz, Innsbruck, Feldkirch und Eisenstadt verwenden seit Jahresbeginn 2023 den Doppelpunkt wie in „Pastoralassistent:innen“, um beiden Geschlechtern gerecht zu werden.

Andere wie „Der Sonntag“ der Erzdiözese Wien oder „Kirche bunt“ in St. Pölten verzichten aus Gründen der Lesbarkeit bewusst auf derlei Sonderzeichen, nennen aber in der Regel beide Geschlechter oder aber geschlechtsneutrale Formulierungen.

Doppelpunkt statt Schrägstrich

Die Leiterin der in Salzburg beheimateten Kirchenzeitungskooperation, Monika Slouk, informierte darüber, dass die Redaktion nach Rücksprache mit den Herausgebern den Doppelpunkt statt des „nicht mehr zeitgemäßen“ Schrägstrichs („Pastoralassistent/innen“) verwendet. Das bedeute aber keine Fixierung auf dieses „Hilfsmittel“.

Ein Stapel kirchlicher Zeitungen
Kathpress/Henning Klingen
Die kirchlichen Zeitungen suchen unterschiedliche Lösungen in Sachen gendergerechte Sprache

Im Sprachstil solle „deutlich werden, dass uns Geschlechtersensibilität wichtig ist“, sagte Slouk: „Wir wollen das auf verschiedene intelligente Arten ausdrücken“ – durch neutrale Formulierungen ebenso wie durch „doppelte Formulierungen“ wie in „Lehrerinnen und Lehrer“, durch Abwechseln in Aufzählungen oder weniger Nominalstil und mehr Verbalstil.

Die „KirchenZeitung“ der Diözese Linz bemüht sich laut Chefredakteur Heinz Niederleitner bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten um eine geschlechtersensible Sprache. An die Stelle des „/" trat mit Beginn 2023 der ":", aus ästhetischen und praktischen Gründen. Die von der Kirchenzeitung angebotene Vorlesefunktion macht nun bei ":“ eine automatische Pause – wie man es auch von den Moderatorinnen und Moderatoren der ZIB im ORF kennt.

„Der Sonntag“: Kriterium Lesbarkeit

Der Wiener „Sonntag“ verzichtet auf in den letzten Jahren entwickelte Schreibweisen wie Binnen-I, Gender-*, Unterstrich oder Doppelpunkt. Laut Chefredakteurin Sophie Lauringer führen derlei Sonderzeichen – leider – nicht zu mehr Geschlechtergerechtigkeit für jeweils mitgemeinte Personen. „Vielmehr stören sie den Lesefluss, das Leseverständnis etwa bei Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache oder mit Handicaps und die Lesefreude.“ Zudem seien viele der Schreibweisen in digitalen Medien nicht barrierefrei.

Zugleich versicherte Lauringer, „Der Sonntag“ sei dem christlichen Menschenbild verpflichtet; in der Berichterstattung werde keine Person aufgrund seiner oder ihrer Geschlechterzugehörigkeit ausgegrenzt.

„Transgender-Kultur“ nicht unterstützt

Eine „Transgender-Kultur“, in der Geschlechter beliebig anpassbar, austauschbar und frei wählbar sind, werde damit aber nicht unterstützt. Das sei kein Widerspruch zu Gleichberechtigung, „die für uns selbstverständlich gelebte Praxis in der Redaktion, im Medienhaus der Erzdiözese Wien und in der Berichterstattung ist“, so Lauringer.

Die Chefredakteurin schloss sich vollinhaltlich der „Der Erklärung der Nachrichtenagenturen zu sprachlichen Anpassungen“ aus dem Jahr 2021 an. Geplant sei eine Befragung unter den Leserinnen und Lesern des „Sonntag“, um den weiteren Umgang in Genderfragen zu klären.

Gegen „Stottersprache“ beim Vorlesen

Ähnlich Sonja Planitzer, Chefredakteurin von „Kirche bunt“: „Wir achten auf eine sachlich korrekte, verständliche, les- und vorlesbare sowie geschlechtersensible Sprache“, die Berichterstattung orientiere sich an der Empfehlung des Rates für deutsche Rechtschreibung. Dabei solle der Spielraum für Gendergerechtigkeit genutzt werden, den die deutsche Sprache auch ohne besondere Schreibweisen schon jetzt einräume – ohne auf Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinneren zurückzugreifen, so Planitzer.

Als geschlechtergerechte sprachliche Alternativen zum generischen Maskulinum greife „Kirche bunt“ vorzugsweise auf Paarformen („Ministrantinnen und Ministranten“) oder geschlechtsneutrale Formulierungen („Studierende“, „Verantwortliche“, „Person“ etc.), auf geschlechtsneutrale Pluralformen („Gläubige“), substantivierte Partizipien, neutrale Funktionsbezeichnungen („Lehrkraft“), Umschreibungen mit Infinitiv etc. zurück. Bei Zitaten, deren wörtliche Wiedergabe für die Berichterstattung von großer Bedeutung ist, blieben Gendersternchen oder ähnliche besondere Schreibweisen jedoch erhalten, ebenso bei der Übernahme von Texten durch Gastautorinnen und -autoren, wies Planitzer hin.

Die Publizistin denke auch an sehbehinderte Leserinnen und Leser, die auf Screenreader angewiesen sind. Ihnen würden bei Doppelpunkten, Binnen-I etc. nur Worte in „Stottersprache“ vorgelesen. „Das wollen wir ganz bewusst vermeiden“, so Planitzer.

Gurk: Meinungen zum ":" gehen auseinander

In der neuen Grundorientierung der Diözese Gurk-Klagenfurt hat sich der Doppelpunkt durchgesetzt, deshalb werde er auch in der Kärntner Kirchenzeitung „Sonntag“ seit einiger Zeit verwendet, teilte Chefredakteurin Anna Maria Bergmann-Müller mit. „Wir mussten uns auf eine einheitliche Linie einigen, weil diverse Presseaussendungen und andere redaktionelle Beiträge, auch von freien Mitarbeiter:innen, mit unterschiedlichen Sonderzeichen zu uns gelangten.“

Die Meinungen darüber gingen freilich auseinander, sowohl innerhalb der Redaktion als auch unter der Leserschaft, räumte Bergmann-Müller ein. „Meiner Meinung nach führt an der gendergerechten Sprache kein Weg vorbei und auch nicht wieder zurück.“ Geschlechtsneutralen Pluralformen, Umschreibungen etc. solle dabei aber der Vorzug gegeben werden.

Umschreibungen

Im Amt für Kommunikation und im „Rupertusblatt“ der Erzdiözese Salzburg ist der Umgang gerade mit Sonderzeichen noch in Diskussion, berichtete Chefredakteurin Ingrid Burgstaller. Bis dato gebe es keine eindeutige Empfehlung, somit drücke sich das Bemühen um eine geschlechtergerechte Sprache in anderen Umschreibungen aus.

Anders im „Ländle“: Beim „KirchenBlatt“ der Diözese Feldkirch sei bereits vor dem Wechsel auf den Doppelpunkt gegendert worden, erklärte Redaktionsleiter Joachim Schwald. "Um auch diversgeschlechtliche Personen typografisch sichtbar zu machen bzw. einzubeziehen, haben wir uns entschlossen vom „/" auf den ":“ zu wechseln.

„Diskriminierungssensible“ Agenturen

Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen – darunter die APA und die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) – haben 2021 ein gemeinsames Vorgehen vereinbart, um sprachliche Diskriminierungen zu vermeiden. Dabei setzen sie auf behutsame Anpassungen in Richtung einer „diskriminierungssensibleren“ Berichterstattung.

Das noch vielfach verwendete generische Maskulinum soll schrittweise zurückgedrängt werden. Noch sei „unklar, ob und welches der Sonderzeichen (Genderstern, Unterstrich, Doppelpunkt etc.), die auch nicht-binäre Geschlechtsidentitäten abbilden sollen, sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzen wird“. Deshalb verzichten die Nachrichtenagenturen bis auf weiteres auf die Verwendung dieser Zeichen, hieß es.

Aber viele andere Möglichkeiten zur Vermeidung diskriminierender Sprache und zur Sichtbarmachung von Diversität seien konsequent zu nutzen, hieß es in dem Leitfaden, dem sich auch Kathpress verpflichtet weiß.