Islamische Burschen in weißen Gewändern sitzen mit einem Lehrer im Kreis am Boden
APA/AFP/Mohammed Abed
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Islam

Studie zu Moscheeunterricht in Oberösterreich

Oberösterreich hat erstmals eine wissenschaftliche Studie zu islamischem Moscheeunterricht durchgeführt. Kritik gibt es an nicht deutschsprachigen Unterrichtsmaterialien. Die IGGÖ erkennt Reformbedarf.

Eine Projektgruppe mit der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, der Johannes Kepler Uni sowie dem Österreichischen Integrationsfonds hat erforscht, was mit welchen Unterrichtsmethoden von wem gelehrt wird. Es gebe dringenden Handlungsbedarf bei den Büchern und beim Lehrpersonal, fasste Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdrofer (ÖVP) zusammen.

Insgesamt gibt es in Oberösterreich 65 islamische Moscheegemeinden, davon erteilten im Corona-Schuljahr 2021/22 18 einen Moscheeunterricht. 15 davon nahmen an der Studie teil, die insgesamt 1.450 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 15 Jahre unterrichteten. Im Gegensatz zum islamischen Religionsunterricht ist jener in den Moscheen freiwillig.

Gelehrt werde dort „die Glaubenspraxis etwa ‚wie faste ich richtig‘“, erläuterte Thomas Schlager-Weidinger von der Pädagogischen Hochschule am Montag in der Pressekonferenz in Linz. Auch das Auswendiglernen kleiner Koranverse stehe auf dem Programm.

Zu wenig interreligiöse Kompetenzen in Lehrbüchern

Kritisch fiel die Analyse der 36 zur Verfügung gestellten Unterrichtsmaterialien aus, die in der Regel in der Sprache der Herkunftsländer verfasst sind. Nur zwei von den Büchern werden in Oberösterreich herausgegeben, der Großteil in Deutschland. Das große Manko an den Büchern sei, dass „interreligiöse Kompetenzen und damit der Umgang mit Pluralität“ nicht gestärkt werden, merkte der Wissenschaftler an. Außerdem fehlen Materialien, die einen Bezug zum Leben der Muslime in Österreich geben. Für Hattmannsdorfer wichtiger Bestandteil für Integration.

Bei der Befragung der 57 Lehrenden – darunter 25 Frauen – stellte sich heraus, dass deren Qualifikationen sehr unterschiedlich waren. Im Wesentlichen ergaben sie vier Typen von Unterrichtenden: Jene, die selber einen Moscheeunterricht als Kind besucht haben, jene, die sich im Zuge einer Imam-Ausbildung qualifiziert haben, jene, die ein religiöses Gymnasium besucht haben und jene mit Uniausbildung. Als „dringende Notwendigkeit“ sieht es der Landesrat an, sowohl die Fortbildung der Lehrenden zu forcieren als auch das Unterrichtsmaterial zu reformieren.

IGGÖ: „Wichtiger Schritt zur Optimierung“

Binur Mustafi, Bildungsreferent und Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde OÖ (IGGÖ OÖ), betonte, dass die Studie „ein wichtiger Schritt zur Optimierung des Lehrangebots für die Moscheegemeinden ist“. Die IGGÖ OÖ war auch beratend bei der Erhebung dabei. Allerdings so stellte er klar, die Moscheegemeinden seien eigenständige Rechtskörper, die autonom entscheiden.

Die IGG könne aber motivierend einwirken, die Handlungsempfehlungen, die aus der Studie abgeleitet wurden, zu berücksichtigen. Darin wird u.a. angeregt, auf einer offiziellen Website zu definieren, was unter Moscheeunterricht verstanden wird.

„Moscheeunterricht“ statt „Koranschule“

Weiters soll ein offizielles Verzeichnis, wann und wo Moscheeunterricht stattfindet, erstellt werden. Außerdem bedürfe es eines zentralen Aus- und Weiterbildungsangebots für Unterrichtende. Und nicht zuletzt sollte ein Gremium den Moscheeunterricht regelmäßig evaluieren. Der Landesrat dankte Mustafi für die Zusammenarbeit, denn nur gemeinsam könne gegen Parallelgesellschaften vorgegangen werden.

Die IGGÖ schrieb in einer Aussendung am Montag, dass auf den Begriff „Koranschulen“ – wie von den Studienautoren angemerkt – aufgrund der Fülle an angebotenen Freizeitaktivitäten verzichtet werden sollte. Vielmehr empfehle sich die Verwendung des Begriffs „Moscheeunterricht“, der wesentlicher Bestandteil der religiösen Erziehungsarbeit sei. Diese sei gesetzliche verankert und diene der Vermittlung der religiösen Praxis und dem Verständnis der religiösen Inhalte.

Moscheen für Jugendliche oft „Safe Space“

Mustafi betonte in der Aussendung, dass es für umfassende Reformen eine Stärkung der Glaubensgemeinschaft und Unterstützung dieser durch die Politik bedürfe. Und er wies auf die nötige Zusammenarbeit mit der muslimischen Basis, denn diese müsse das Angebot ja auch annehmen, so Mustafi.

Allerdings sei es nicht Aufgabe religiöser Einrichtungen und Gotteshäuser, Integrationspolitik und die Vermittlung von Sprachkenntnissen umzusetzen. Ziel sei „die spirituelle Beheimatung ihrer Gläubigen“. Moscheen würden vielen muslimischen Jugendlichen als Safe Space dienen, in dem sie nicht zu ihrem Glauben Stellung beziehen müssen und keine damit einhergehende Diskriminierung erfahren.

Nichtsdestotrotz sei die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls von Musliminnen und Muslimen zur Gesamtgesellschaft und die Schaffung chancengleicher Partizipationsmöglichkeiten eines der wichtigsten Anliegen der IGGÖ, so die Aussendung.