Bergkarabach

Armenisch-Apostolische Kirche verschiebt Ölweihe

Die Armenisch-Apostolische Kirche hat beschlossen, die Weihe von Ölen für die Sakramente (Myronweihe), die für 1. Oktober geplant war, angesichts der dramatischen Lage in Bergkarabach (Artsach) zu verschieben. Stattdessen wird am 1. Oktober ein Gebetstag für Bergkarabach stattfinden.

Das teilte die Kirche mit. Dieser Gebetstag findet in ganz Armenien, aber auch in allen anderen armenischen Kirchengemeinden weltweit statt. Die Myronweihe findet nur alle sieben Jahre in Etschmiadsin, dem Sitz der Armenischen Kirche bei Eriwan, statt. Das geweihte Öl – und nur dieses – wird dann an alle armenischen Kirchen weltweit verteilt und für rituelle Salbungen bei verschiedenen Sakramenten verwendet.

Der armenische Premierminister Nikol Paschinian hat unterdessen am Montag laut internationalen Medienberichten gemeint, er rechne damit, dass alle 120.000 Bewohner von Bergkarabach die Region verlassen würden. Die Gefahr ethnischer Säuberungen sei einfach zu groß. Bis Montagabend sind demnach schon fast 7.000 Flüchtende durch den nun wieder offenen Latschin-Korridor in Armenien angekommen.

Ein kunsvoll verzierter Kessel für geweihtes Myronöl in Etschmiadzin (Armenien)
Kunstvoll verzierter Kessel aus Silber für geweihtes Myronöl in Etschmiadsin

Expertin: „Stummes Leid“

Die Salzburger Armenien-Expertin Jasmin Dum-Tragut hält derzeit in der Stadt Goris, wo die Flüchtlinge aus Karabach ankommen, eine Lehrveranstaltung an der Universität ab. Sie beschrieb gegenüber Kathpress ihre Eindrücke von der Ankunft der ersten Flüchtlinge: „Sie kommen, in kleinen Bussen, steigen ruhig und geordnet aus. Jungen Frauen mit Kleinkindern, ganze Familien, alte Männer und Frauen, manche sehr gebrechlich und viele Kinder“.

Sie hätten nur ein paar Dinge in Plastiksackerln mit und sähen müde aus. Sie seien sehr diszipliniert und würden in Hotels einquartiert. Es sei ein „stummes Leid“ und zugleich ein Leid, das beschämend sei für Europa und die Welt, die den Menschen nicht geholfen hätten, so Dum-Tragut.

Behörden ermöglichen Ausreise

Die Behörden von Bergkarabach (Artsach) hatten mitgeteilt, all jenen, die ausreisen wollten, Treibstoff zur Verfügung zu stellen. In deren Hauptstadt Stepanakert waren laut APA zahlreiche Menschen zu sehen, die ihre Habseligkeiten in Busse und auf Laster luden. Männer und Frauen standen Schlange, um in Busse nach Armenien zu steigen.

Am Montag war es in einem Treibstoffdepot bei Stepanakert zu einer Explosionskatastrophe mit Hunderten Opfern gekommen. Das Büro des Menschenrechtsbeauftragten der international nicht anerkannten Republik Artsach sprach Montagabend von mindestens 200 Verletzten und einer unbekannten Zahl von Toten. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren viele Menschen für Benzin angestanden, weil sie mit ihren Autos nach Armenien fliehen wollten. Unklar war zunächst, was die Katastrophe in der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Region auslöste.

Das Menschenrechtsbüro der Region appellierte an die internationale Gemeinschaft: Es sei dringend notwendig, insbesondere schwer verletzte Menschen zur Behandlung auszufliegen. „Die medizinischen Kapazitäten Bergkarabachs sind nicht ausreichend, um die Leben der Menschen zu retten“, hieß es in der Mitteilung auf „Twitter“ (X).