Die NGO Parents Circle Families Forum (PCFF) zählt mittlerweile fast 700 Mitglieder. Der Grundsatz der Organisation ist, dass ein Versöhnungsprozess die Voraussetzung für dauerhaften Frieden ist. In diesen Tagen wollen sich die israelischen und palästinensischen Mitglieder via Zoom treffen und über Möglichkeiten sprechen, wie sie ihre gemeinsame Arbeit fortführen können, sagt Damelin. Ein Büro der NGO befindet sich im Westjordanland und eines in Israel. Ein persönliches Treffen lässt die aktuelle Lage nicht zu.
Das PCFF wurde 1995 von Jitzchak Frankenthal gegründet. Der in Jerusalem lebende religiöse Jude verlor seinen Sohn, der als Soldat diente, durch einen Angriff der Hamas. Um mit diesem Schmerz zurechtzukommen, organisierte der heute 72-Jährige ein erstes Treffen, sowohl mit israelischen als auch mit palästinensischen Eltern, die ebenfalls ein Kind in diesem nicht endenwollenden Konflikt verloren haben. Seine Idee dahinter: die Gewaltspirale zu durchbrechen.

„Wenn die Hoffnung verloren geht, dann wird man wütend, und es entwickelt sich Hass“, sagt die Friedensaktivistin Damelin. Wenige Monate, nachdem 2002 ihr Sohn von einem Scharfschützen getötet worden war, schloss sie sich dem PCFF an. Auch davor habe sie sich schon für die Friedensarbeit eingesetzt, doch „der Tod meines Sohnes David hat mein Leben verändert“, so Damelin.
Der 28-Jährige studierte Philosophie, lehrte unter anderem an der Universität in Tel Aviv, und auch er setzte sich für ein friedliches und respektvolles Miteinander ein. Als er zur Armee eingezogen wurde, habe er zunächst überlegt, den Dienst zu verweigern, erzählt seine Mutter. Doch dann habe er sich entschieden, doch einzurücken, um ein Vorbild für andere junge Soldatinnen und Soldaten zu sein, indem er Palästinenser stets mit Respekt behandelte. „Durch meine Arbeit in der NGO kann ich die Erinnerungen an ihn aufrechterhalten“, so die Friedensaktivistin.
Narrativen entgegenwirken
Seit 2004 setzt die NGO verstärkt auf Bildungsarbeit. „Nicht sofort, aber nach einiger Zeit ging es uns im Parents Circle Families Forum vor allem um Bildung“, so Damelin. Die NGO war viel in Schulen in ganz Israel unterwegs, vor drei Wochen wurde ihnen allerdings die Arbeit an den Schulen verboten. Der Grund: Die Arbeit verstoße gegen neue, von Bildungsminister Joav Kisch erlassene Vorschriften, die alle Initiativen verbieten, die die israelischen Streitkräfte und ihre Soldaten in Verruf bringen könnten, wie israelische Medien berichteten.
„Wir waren in Schulen unterwegs und haben mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen gearbeitet. Unsere Botschaft oder unser Ziel ist es, Frieden zu verbreiten. Wir schaffen einen Rahmen der Aufklärung, auch um den verschiedenen Narrativen entgegenzuwirken“, sagt Damelin. Israelische Schüler und Schülerinnen hätten kaum Kontakt zu Palästinensern und Palästinenserinnen. Dem könne mit Information und mehr Wissen übereinander entgegengewirkt werden, so die Friedensaktivistin.

Ein vom PCFF mitorganisierter Gedenktag ist die „Joint Memorial Ceremony“ („gemeinsame Erinnerungszeremonie“), auf der israelische und palästinensische Eltern gemeinsam um ihre verstorbenen Kinder trauern. Die Zeremonie findet immer am Vorabend des Jom Hazikaron (israelischer Gedenktag für die gefallenen Israelis und zugleich Nationalfeiertag) statt. Es sei eine Möglichkeit, auch der getöteten Palästinenser und Palästinenserinnen zu gedenken und den Schmerz der anderen Seite zu sehen, so Mitinitiatorin Damelin.
Den palästinensischen Mitgliedern des PCFF wurde mehrmals die Einreise nach Israel und damit die Teilnahme an dem Gedenken verwehrt. Das oberste Gericht in Israel erklärte das jedoch jedes Mal als unzulässig. Allein in diesem Jahr nahmen laut Damelin 15.000 Menschen an der Zeremonie teil.
Großes Vertrauen
Zurzeit nimmt Damelin innerhalb der Organisation großes Vertrauen zwischen palästinensischen und israelischen Eltern wahr, „ein Vertrauen, das so groß ist, dass stets ehrlich miteinander gesprochen wird, auch jetzt“. Und das sei auch wichtig, denn nur gemeinsam werde innerhalb der Organisation etwas entschieden.
Und auch nur mit israelischen und palästinensischen Eltern gemeinsam könne das Ziel der NGO erreicht werden: dass andere Mütter oder Väter ihre Kinder in keinem Krieg verlieren und dieses Leid nicht erfahren müssen.