Altarraum mit jungen Gemeindegliedern und Pfarrer Heiner Schmidt

Auferstehungskirche

„Heimat finden“

Gottesdienst live aus der Evangelischen Auferstehungskirche in der Stadt Salzburg. Mit der Gemeinde feierten Pfarrer Adam Faugel und Pfarrer Heiner Schmidt.

Die Erfahrung, fremd zu sein, und die Fragestellung, was es braucht, um Heimat zu finden, waren prägend im Leben vieler Mitglieder der Gemeinde der Salzburger Auferstehungskirche. Auch für Pfarrer Adam Faugel, der als Angehöriger der deutschen Minderheit in Rumänien geboren wurde und in Salzburg Heimat fand.

„Wir leben in einer Zeit der Aufbrüche“, meint er, „manchmal entscheidet man sich für einen Neuanfang, manchmal zwingen die Umstände dazu. Beides hat mit der Sehnsucht zu tun, seinen Platz zu finden.“

Die Auferstehungsgemeinde ist noch jung. Sie entstand dadurch, dass es in der Stadt Salzburg mehr und mehr evangelische Christinnen und Christen gab, bis sich schließlich mehrere Gemeinden daraus entwickelten. Viele Pfarrmitglieder stammen auch aus anderen Teilen Österreichs oder aus Deutschland. Manche kamen am Ende des Zweiten Weltkriegs oder dann nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aus dem Osten. So ging es in diesem Gottesdienst auch darum, warum die Gemeinde für den einen oder die andere ein Ort geworden ist, der Heimat erfahren lässt.

Musik

Johann Sebastian Bach:
Süßer Trost, mein Jesus kömmt

G.G. Gastoldi, A. Bonelli:
La Mantovana

Lob Gott getrost mit Singen

Allein Gott in der Höh’ sei Ehr

Georg Friedrich Händel:
Süße Stille, sanfte Quelle

Danket dem Herrn!

Johann Sebastian Bach:
Ich folge dir gleichfalls
mit freudigen Schritten

Kyrie

Ich heb mein Augen sehnlich auf

André Campra:
Rigaudon für Bläser und Orgel

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Sopran: Diana Plasse

Flauto traverso: Moritz Plasse

Orgel: Jan Steffen Bechtold

Bläserensemble ‘Amici Musicae’

Der dich behütet, schläft nicht

Psalm 121

Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Der Herr behütet dich, der Herr ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts. Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!

Nicht mehr Gäste sein

Lesung: Epheser 2

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr miterbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.

Einander Rastplätze schaffen

Predigt von Pfarrer Faugel

Fremdsein – auch ich kenne dieses Gefühl. Sehr gut erinnere ich mich, wie es war, als ich mich zum ersten Mal so richtig fremd gefühlt habe. Das war damals, als ich mein Heimatdorf im rumänischen Banat verließ und zum Studium nach Hermannstadt ging. Alles war neu. Alles war fremd. Meine Kommilitonen sprachen einen Dialekt, den ich nur schwer verstand.
„Könnt ihr nicht etwas deutlicher reden“?
„Wieso? Du musst es halt lernen“ – lautete die Antwort.
Fremdsein hat mich mein halbes Leben lang begleitet. Auch als ich Jahre später – nun schon mit meiner Familie – Rumänien verließ und zuerst nach Deutschland und später nach Österreich übersiedelte.

„Die Fremde hat ein fremdes Leben, und wir können es uns nicht zu eigen machen, wenn es uns gleich als Gästen gefällt.“ schreibt Johann Wolfgang von Goethe. Das hatte ich schnell kapiert. Nur war ich kein Gast, der mit schönen Eindrücken wieder abreist. Ich war gekommen, um zu bleiben. Angekommen war ich deshalb noch lange nicht…

Mehr und mehr verstand ich den Kabarettisten Karl Farkas, der gesagt haben soll: „Was Deutsche und Österreicher trennt, ist die gemeinsame Sprache“. Wenn ich meine neuen Nachbarn oder Gemeindeglieder fragte, wie`s ihnen geht, war ihre Antwort fast immer: „Eh gut!“ Und wenn ich mich von ihnen verabschiedete, sagten Sie „Pfirt di!“ oder „Pfirt Ihnen“.

Aha, alles Menschen also, denen es gut geht. Ja, und vielleicht meinten sie mit ihrem freundlichen Gruß, es möge auch mir gut gehen. Das hatte ich vernommen. Aber verstanden hatte ich es nicht. Noch lange nicht.

Pfarrer Adam Faugel

Auferstehungskirche

Pfarrer Adam Faugel

Das Gefühl des Fremdseins wurde ich nicht los. Ich empfand es bedrückend – umso mehr, als ich immer wieder gefragt wurde: „Woher kommen Sie?“ Ich wollte endlich dazugehören. Wollte hier zu Hause sein – angekommen und angenommen im Land meiner Wahl. Dieses „Woher kommen Sie?“, stellte sich dagegen.

Heimat ist dort, wo ich nicht oder nicht mehr erklären muss, woher ich komme. Musste ich es hinnehmen, ein ewig Fremder zu sein?

Vielen von Ihnen ist es ähnlich ergangen.
Aus Erzählungen weiß ich, dass das Fremdsein viel belastender und beängstigender sein kann, als ich es erfahren hatte. Ich denke an die vielen Flüchtlinge, die nach dem Krieg nach Österreich und Deutschland kamen. Fremde waren sie und nicht überall willkommen.

Man kann sich aber auch mitten in der vertrauten Umgebung wie ein Fremder fühlen. Plötzlich oder schleichend bricht in der Familie ein Konflikt aus, man steht alleine da, fühlt sich abgelehnt und ausgegrenzt. Oder: Endlich der ersehnte Ruhestand. Aber die Ruhe stellt sich nicht ein, weil man in der neuen, fremden Wirklichkeit noch nicht angekommen ist. Am milden Lebensabend sind die ersten dunklen Wolken erkennbar. Aufkommende Fragen gehen mit Sorgen und Ängsten einher. Dann die völlig neue Wirklichkeit. Kalt fühlt sie sich an und fremd.

Fremdsein erzeugt kein gutes Gefühl. Es hat eine spürbare Macht, der man sich als Betroffener nicht ohne weiteres entziehen kann.

Nun ist dieses Problem uralt. Fremdsein begegnet uns in vielfältiger Weise auch in der Bibel. Ich denke an die Jünger in der Situation, als Jesus seinen Leidensweg ankündigt. Damit hat er ihnen den Boden ihres Lebenskonzeptes unter den Füßen weggerissen. Aus der Traum von einem Leben an der Seite Jesu, umgeben von seiner Gnade und Barmherzigkeit. Stattdessen Entsetzen und Befremden, viele offene Fragen und bedrückende Ängste.

In vielen Fragen und Ängsten der Jünger können wir uns wiederfinden. Das ist zunächst kein Trost, aber ein Grund mehr, darauf zu achten, wie Jesus seinen Jüngern hier begegnet. Jesus ruft in seine Nachfolge – auch uns.
„Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen…“ Jesus weiß um unsere erschreckten Herzen. Er kennt unsere Fragen. Und auch, was unsere Sehnsucht ist, ist ihm nicht fremd. Er wendet sich uns zu. Durchbricht den Kreislauf unserer Gedanken und Gefühlen:
„Glaubt an Gott, glaubt an mich! Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen…“

Man möchte aufatmen: Endlich ein klarer Weg durch das Gestrüpp dieser Welt. Endlich ein Licht, das unsere Dunkelheiten erhellt. Endlich Hoffnung, die unsere Sehnsucht freundlich berührt.

Was könnte uns hindern, Jesu Ruf zu folgen? Seine Worte ermutigen zum Glauben und Vertrauen. Aber nie hat Jesus gesagt, legt die Hände in den Schoß, seid brave Christen, macht es euch bequem in euren Gemeinden. Jesus will, dass wir uns auf sein Rufen einlassen, dass wir uns auf den Weg machen und vor Rückschlägen nicht resignieren.

Liebe Schwestern und Brüder, in aller Ungeborgenheit, die uns in diesem Leben begleitet, gibt es ein tieferes Geborgensein in Gott. Heimat bleibt meist bruchstückhaft und vorläufig. Letzte Heimat gibt uns Gott.

Die Jahreslosung erinnert daran. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“. Als Christen sind wir unterwegs zu einer letzten Heimat. Wir benützen dazu die Pfade, Wege und Straßen dieser Welt. Dazu gehört aber auch, dass wir füreinander Rastplätze schaffen, an denen wir ein Stück Heimat finden. In der Gemeinde und darüber hinaus.

Viele Menschen leiden heute unter Einsamkeit. In unserer Gemeinde haben sich Seniorinnen und Senioren zusammengetan und einen Singkreis gegründet. Leidenschaftlich gern singen sie, jede Woche eineinhalb Stunden. Ob es CD-reif klingt oder nicht, ist gar nicht so wichtig. Anschließend wird noch geplaudert – öfters feiern sie und essen miteinander. Ein gemeinsam geschaffener Rastplatz, der allen ein Stück Heimat bietet. Viele andere lassen sich finden. Nie werden wir dabei stehen bleiben können. Nie ist uns eine Wohnung absolut sicher. Aber Gott hat viele Wohnungen – sagt Jesus. Ich habe die eine und die andere im Lauf meines Lebens finden dürfen. Dafür bin ich dankbar. Dankbar - auch für die Situationen des Fremdseins, denn gerade dann durfte ich die Nähe Gottes spüren. So erlebt und erfahren, ist Fremdsein immer auch eine Chance. Anzukommen, angenommen zu werden, begleitet zu sein auf dem Weg, Heimat zu finden. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Die Pfarre und ihre Kirche

Für die 2.700 Gemeindeglieder im Süden der Stadt Salzburg sind zwei Pfarrer tätig. Auch die Gläubigen aus den Orten Anif und Grödig gehören zur Gemeinde. Von Krabbelgottesdiensten und Kinderkirche bis zur Seniorenarbeit bietet die Pfarre allen Altersgruppen Begegnung.

Die marmorne Christusfigur über dem Altar zeigt die Loslösung vom Kreuz und die Überwindung von Leid. Christus, der auf uns zugeht. Sein Wirken, sein Gesicht ist vielfältig, doch für uns kaum fassbar. Klare Formen, Kreis, Ellipse, Parabel, bestimmen die Gestaltung von Predigtkanzel, Altartisch und Taufbecken. In den Paravent ist der Verlauf des Jordans aus Stahl eingelegt.

Wer vor der Kirche und ihrem modernen Gemeindezentrum steht, hat einen eindrucksvollen Blick auf die Festung Hohensalzburg und die umliegenden Berge. Der zentrale Kirchenraum, 1999 eingeweiht, ist von glasüberdachten Gängen umgeben. Daneben liegt der Gemeindesaal, der bei Bedarf in den Kirchenraum einbezogen werden kann. Der Studententrakt "Katharina von Bora“ mit 23 Heimplätzen, Wohnungen, Verwaltung und Gemeinderäumen ist um den Kirchenraum herum angeordnet.

Aktuelles in der Gemeinde

www.evang-salzburg.at

Kontakt

Evangelische Auferstehungskirche Salzburg-Süd
Dr. Adolf-Altmann-Str. 10
5020 Salzburg
Österreich

gottesdienst@orf.at

Redaktion und Bildregie

Thomas Bogensberger