Papst Franziskus

Reuters/Giampiero Sposito

Weihnachtssegen „Urbi et Orbi“

Live vom Petersplatz in Rom übernahm der ORF die erste Weihnachtsbotschaft von Papst Franziskus sowie seinen Segen für diese Stadt und die ganze Erde.

Papst Franziskus wandte sich mit einer flammenden Friedensbotschaft an die Menschen und erbat anschließend den Segen Gottes. Zehntausende Menschen waren auf dem vatikanischen Platz mit dabei. Für den ORF kommentierte Mathilde Schwabeneder.

Jeder möge mit seinem Leben Gott verherrlichen

Ich mache mir den Gesang der Engel zu Eigen, die den Hirten von Bethlehem in jener Nacht erschienen sind, in der Jesus geboren wurde – ein Gesang, der Himmel und Erde vereint, indem er an den Himmel Lob und Herrlichkeit richtet und an die Erde der Menschen den Friedenswunsch. Ich lade alle ein, in diesen Gesang einzustimmen: Er ist für jeden Menschen, der in der Nacht wacht, der auf eine bessere Welt hofft, der sich um die anderen kümmert, indem er versucht, demütig seine Pflicht zu tun.

Verherrlicht ist Gott! Das ist es, wozu uns Weihnachten vor allem aufruft: Gott zu verherrlichen, weil er gut ist, treu und barmherzig. An diesem Tag wünsche ich allen, dass sie das wahre Angesicht Gottes, des Vaters erkennen, der uns Jesus geschenkt hat. Ich wünsche allen, dass sie Gottes Nähe spüren, dass sie in seiner Gegenwart stehen, ihn lieben, ihn anbeten. Und jeder von uns möge Gott vor allem mit seinem Leben verherrlichen – mit einem Leben, das sich aus Liebe zu ihm und zu den Mitmenschen verausgabt.

Friede bei den Menschen. Der wahre Friede ist nicht ein Gleichgewicht gegensätzlicher Kräfte. Er ist nicht eine schöne „Fassade“, hinter der es Streitigkeiten und Spaltungen gibt. Der Friede ist ein täglicher Einsatz, der von der Gabe Gottes her, von seiner Gnade her, die er uns in Jesus Christus geschenkt hat, vorangebracht wird. Wenn wir auf das Kind in der Krippe schauen, denken wir an die Kinder, die die schwächsten Opfer der Kriege sind, doch wir denken auch an die alten Menschen, an die misshandelten Frauen, an die Kranken… Die Kriege zerschlagen und verletzen so viele Leben!

Papst Franziskus beim Angelusgebet. Am Petersplatz steht ein Christbaum.

Reuters/Max Rossi

Vom Fenster seines Arbeitszimmers

Zu viele hat in der letzten Zeit der Konflikt in Syrien zerschlagen, indem er Hass und Rache schürt. Beten wir weiter zum Herrn, dass er dem geliebten syrischen Volk neue Leiden erspare und dass die Konfliktparteien jeder Gewalt ein Ende setzen und der humanitären Hilfe den Zugang gewähren. Wir haben gesehen, wie mächtig das Gebet ist! Und es freut mich, dass sich heute dieser unserer flehentlichen Bitte um Frieden in Syrien auch Anhänger verschiedener religiöser Bekenntnisse anderer Religionen anschließen. Verlieren wir nie den Mut zum Gebet! Den Mut zu sagen: Herr, schenke deinen Frieden der syrischen Nation und der ganzen Welt! Gib Frieden der Zentralafrikanischen Republik, die oft von den Menschen vergessen wird! Du aber, Herr, vergisst niemanden! Und du willst auch Frieden in jenes Land bringen, das von einer Spirale der Gewalt und des Elends gequält ist, wo viele Menschen ohne Behausung, ohne Wasser und Nahrung, ohne das Existenzminimum leben. Fördere die Einigkeit im Süd-Sudan, wo die augenblicklichen Spannungen schon mehrere Opfer gefordert haben und das friedliche Zusammenleben in jenem jungen Staat bedrohen.

Du Friedensfürst, bekehre überall die Herzen der Gewalttätigen, damit sie die Waffen niederlegen und der Weg des Dialogs aufgenommen wird. Schau auf Nigeria, das von dauernden Angriffen zerrissen ist, die die Unschuldigen und Wehrlosen nicht verschonen. Segne das Land, das du erwählt hast, um dort zur Welt zu kommen, und lass die Friedensverhandlungen zwischen Israeliten und Palästinensern zu einem glücklichen Ergebnis kommen. Heile die Wunden des geliebten Irak, der immer noch von häufigen Attentaten heimgesucht wird.

Du, Herr des Lebens, beschütze diejenigen, die um deines Namens willen verfolgt sind. Gib Hoffnung und Trost den Vertriebenen und den Flüchtlingen, besonders am Horn von Afrika und im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Gib, dass die Migranten auf der Suche nach einem menschenwürdigen Leben Aufnahme finden. Mögen Tragödien wie die, welche wir in diesem Jahr mit den zahlreichen Toten in Lampedusa erlebt haben, nie wieder geschehen!

O Kind von Bethlehem, rühre die Herzen derer an, die in Menschenhandel verwickelt sind, damit sie sich der Schwere dieses Verbrechens gegen die Menschheit bewusst werden. Wende deinen Blick den vielen Kindern zu, die in den bewaffneten Konflikten entführt, verletzt und getötet werden, und denen, die zu Soldaten gemacht und damit ihrer Kindheit beraubt werden. Herr des Himmels und der Erde, schau auf diesen unseren Planeten, der von der Gier und der Habsucht der Menschen oft wahllos ausgebeutet wird. Steh den Opfern von Naturkatastrophen bei und schütze sie, vor allem das liebe, kürzlich von einem Taifun schwer getroffene philippinische Volk.

Liebe Brüder und Schwestern, in dieser Welt, in dieser Menschheit ist heute der Retter geboren, Christus, der Herr. Halten wir inne vor dem Kind von Bethlehem. Lassen wir uns im Herzen ergreifen, lassen wir es erwärmen von der Zärtlichkeit Gottes, wir bedürfen seiner Liebkosung. Gott ist groß in seiner Liebe, ihm sei Lob und Ehre in Ewigkeit! Gott ist Friede: Bitten wir ihn, uns zu helfen, den Frieden Tag für Tag aufzubauen, in unserem Leben, in unseren Familien, in unseren Städten und Nationen, in der ganzen Welt. Lassen wir uns von der Güte Gottes innerlich ergreifen.

Geschenk der Freude und des Friedens für alle

Euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr aus allen Teilen der Welt auf diesen Platz gekommen seid, und euch allen, die ihr in den verschiedenen Ländern über die Medien mit uns verbunden seid, wünsche ich frohe Weihnachten. An diesem Tag, beschienen von der Hoffnung des Evangeliums, die von der ärmlichen Grotte von Betlehem ausgeht, bitte ich um das weihnachtliche Geschenk der Freude und des Friedens für alle: für die Kinder und die alten Menschen, für die Jugendlichen und die Familien, für die Armen und die an den Rand Gedrängten. Jesus, der für uns geboren wurde, stehe allen bei, die von Krankheit und Leid geprüft sind; er stärke jene, die sich dem Dienst an den Bedürftigen widmen. Frohe und gesegnete Weihnachten!

Näheres über den Vatikan

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Kontakt

gottesdienst@orf.at

Kommentar

Mathilde Schwabeneder

Redaktion

Thomas Bogensberger