Robert Pfaller

ORF

Robert Pfaller: Wie ist das mit der Mäßigung?

Im sechsten Teil der Reihe „Die Wiederkehr der Tugend" widmet sich der Philosoph Robert Pfaller der Mäßigung. „Ich glaube, man könnte mit Platon und Aristoteles durchaus sagen, dass Genussfähigkeit oder Glücksfähigkeit eine adäquate Übersetzung des Begriffes wären“, sagt er.

Sendungslogo "Was ich glaube"

ORF

Sendungshinweis

„Was ich glaube“ am Sonntag, 1. November, 16.55 Uhr, ORF 2

„Im Verständnis von Platon und Aristoteles ist Mäßigung eigentlich die Fähigkeit, etwas begehren zu können und sich freuen zu können, oder sich auch auf etwas freuen zu können", so Pfaller. "Insofern steht die Mäßigung zwischen der Sucht und dem Haben-Müssen und auf der anderen Seite zwischen dem Null-Bock oder Low-Desire-Syndrome, wie man das in der Psychologie heute nennt – also der völligen Auslöschung des Begehrens.“

Philosoph Pfaller verweist auf die Fähigkeit, Freude zu empfinden als wertvolle Ressource: „Alles, was Menschen politisch handlungsmächtig macht, beruht ja auf dem Prinzip, dass sie in der Lage sind, ihr Glück einzufordern. Das ist nicht immer selbstverständlich. Menschen sind oft sehr leicht verführbar, ihr Glück zu opfern für eine große Sache. Man braucht ihnen gar nicht viel zu bieten und sie sind schon bereit, für irgendetwas zu sterben.“ Nicht zuletzt deshalb meint Pfaller: „Es gibt vielleicht so etwas wie eine Pflicht, glücksfähig zu sein, weil man sonst für andere Menschen sehr unangenehm werden kann.“

Die Mäßigung zählt seit Platon neben der Klugheit, der Gerechtigkeit und der Tapferkeit zu den vier Kardinaltugenden. Anders als die drei christlichen oder theologischen Tugenden (Hoffnung, Liebe, Glaube), die – so heißt es im Christentum – als von Gott verliehen gelten, könnten und müssten die vier Kardinaltugenden erworben werden. Die große abendländische Tradition sieht in der Tugend jene Fähigkeit und Tauglichkeit des Menschen, die ein umfassendes Glücken des persönlichen und sozialen Lebens ermöglicht.

Bisweilen klingt der Begriff der „Tugend“ ein wenig verstaubt. Aber, hat er in einer Gesellschaft, die vor der Herausforderung das individuell Gute mit dem sozial Gerechten in Einklang zu bringen, seine Aktualität verloren? „Was ich glaube“ fragt nach bei interessanten Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst und Philosophie und lässt sie im Rahmen der Serie „Die Wiederkehr der Tugend“ über die Aktualität der alten Tugenden nachdenken.

Weitere Folgen:

  • Sonntag, 9. November: Robert Kleindienst (Schriftsteller)
    „Wie ist das mit der GERECHTIGKEIT?“
  • Sonntag, 16. November: Manfred Spitzer (Hirnforscher)
    „Wie ist das mit der KLUGHEIT?“

Gestaltung und Redaktion: Barbara Krenn