Papst Franziskus verehrt das "Jesuskind" in der Weihnachtskrippe

Reuters/Tony Gentile

Christmette mit Papst Franziskus

In der Mitte der Heiligen Nacht übernahm der ORF die Mette aus dem Petersdom in Rom. Tausende Gläubige und Papst Franziskus feierten miteinander die Weihnachtsfreude.

Für den ORF führte der Benediktiner Karl Schauer durch das Fest. Auf einer eigenen Tonspur kommentierten Johannes Karner und Gregor Waltl die Messe für Menschen mit Sehbehinderung:

Der Friede hat kein Ende

1. Lesung: Jesaja 9

Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht. Über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.

MUSIKALISCHE GESTALTUNG

Cappella Musicale Pontificia „Sistina“

Leitung:
Monsignore Massimo Palombella

Coro Guida „Mater Ecclesiae“

Leitung:
Monsignore Marcos Pavan

Orchestra Sinfonica di Pittsburgh

Leitung;
Monsignore Manfred Honeck

Orgel:
Juan Paradell

Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers. Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter. Man nennt ihn wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich. Er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere wird das vollbringen.

Um alle zu retten

2. Lesung: Brief des Apostels Paulus an Titus

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das als sein besonderes Eigentum voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

Der Glanz des Herrn umstrahlte sie

Evangelium: Lukas 2

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal, damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt, denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.

Christkind lächelnd im Stroh

ORF

Christkind im Petersdom

Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren. Er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade!“

Die Zärtlichkeit Gottes übernehmen

Predigt

„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht. Über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“ „Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie.“ So stellt uns die Liturgie in dieser heiligen Weihnacht die Geburt des Heilands vor Augen: als Licht, das die tiefste Dunkelheit durchdringt und sie auflöst. Die Gegenwart des Herrn mitten in seinem Volk nimmt die Last der Niederlage und die Traurigkeit der Knechtschaft und schafft Freude und Glück.

Auch wir sind in dieser Heiligen Nacht durch die Finsternis, welche die Erde umhüllt, zum Haus Gottes gekommen, aber wir waren geleitet von der Flamme des Glaubens, die unsere Schritte erleuchtet, und beseelt von der Hoffnung, dieses helle Licht zu finden. Wenn wir unser Herz öffnen, haben auch wir die Möglichkeit, das Wunder jenes Kindes zu betrachten, das wie die Sonne aufstrahlt aus der Höhe und den Horizont erhellt.

Der Ursprung der Finsternis, von der die Welt umhüllt ist, verliert sich in der Nacht der Zeiten. Denken wir an den dunklen Moment zurück, in dem das erste Verbrechen der Menschheit begangen wurde, als Kain, blind vor Neid, seinen Bruder Abel erschlug. So war der Lauf der Jahrhunderte gezeichnet von Gewalt, Krieg, Hass und Unterdrückung. Gott aber, der auf den Menschen seine Erwartungen setzte – er hatte ihn ja als sein Abbild und ihm ähnlich erschaffen – Gott wartete. Er hat so lange gewartet, dass er an einem bestimmten Punkt eigentlich hätte aufgeben müssen. Aber er konnte nicht aufgeben, er konnte sich selbst nicht verleugnen. Deshalb hat er geduldig weiter gewartet angesichts der Korruption von Menschen und Völkern.

Den Weg der Geschichte hindurch offenbart uns das Licht, welches das Dunkel durchbricht, dass Gott ein Vater ist und dass seine geduldige Treue stärker ist als Finsternis und Korruption. Das ist die eigentliche Botschaft der Weihnacht. Gott kennt keinen Wutanfall und keine Ungeduld, er ist immer da, wie der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn, in der Erwartung, von weitem die Rückkehr des Sohnes zu erkennen.

Die Prophetie des Jesaja kündigt den Aufgang eines gewaltigen Lichtes an, welches das Dunkel durchbricht. Es wird in Bethlehem geboren und aufgenommen von den liebevollen Händen Marias, der Liebe Josephs und dem Staunen der Hirten. Als die Engel den Hirten die Geburt des Erlösers verkündeten, sagten sie: „Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.“ Das Zeichen ist die bis zum Äußersten getriebene Demut Gottes; es ist die Liebe, mit der er in jener Nacht unsere Schwachheit, unser Leiden, unsere Ängste, unsere Sehnsüchte und unsere Grenzen angenommen hat. Die Botschaft, auf die alle warteten, das, wonach alle tief innerlich suchten, war nichts anderes als die Zärtlichkeit Gottes: Gott, der uns mit einem von Liebe erfüllten Blick anschaut, der unser Elend annimmt, Gott, der in unser Kleinsein verliebt ist.

Wenn wir in dieser Heiligen Nacht das Jesuskind betrachten, wie es gleich nach der Geburt in eine Futterkrippe gelegt wird, sind wir zum Nachdenken eingeladen. Wie nehmen wir die Zärtlichkeit Gottes an? Lasse ich mich von ihm erreichen, lasse ich mich umarmen oder hindere ich ihn daran, mir nahe zu kommen. „Aber ich suche doch den Herrn“, könnten wir einwenden. Das Wichtigste ist allerdings nicht, ihn zu suchen, sondern zuzulassen, dass er mich findet und mich liebevoll streichelt. Das ist die Frage, die das Christuskind uns einzig mit seiner Gegenwart stellt: Lasse ich zu, dass Gott mich lieb hat?

Gehen wir noch einen Schritt weiter: Haben wir den Mut, mit Zärtlichkeit die schwierigen Situationen und die Probleme des Menschen neben uns mitzutragen, oder ziehen wir es vor, sachliche Lösungen zu suchen, die vielleicht effizient sind, aber der Glut des Evangeliums entbehren? Wie sehr braucht doch die Welt von heute Zärtlichkeit. Die Antwort des Christen kann nicht anders sein als jene, die Gott angesichts unseres Kleinseins gibt. Das Leben muss mit Güte, mit Sanftmut angegangen werden. Wenn wir uns bewusst werden, dass Gott in unser Kleinsein verliebt ist, dass er selbst sich klein macht, um uns besser zu begegnen, können wir nicht anders, als ihm unser Herz zu öffnen und ihn zu bitten: „Herr, hilf mir, wie du zu sein! Gib mir die Gnade der Zärtlichkeit in den schwierigsten Lebensumständen, gib mir die Gnade, in jeder Not nahe zu sein, die Gnade der Sanftheit in welchen Konflikten auch immer!"

Liebe Brüder und Schwestern, in dieser Heiligen Nacht betrachten wir die Krippe. Dort hat sich das ereignet: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht.“ Das einfache Volk hat das Licht gesehen. Jene, die bereit waren, die Gabe Gottes anzunehmen. Nicht gesehen haben es die Überheblichen, die Stolzen, diejenigen, die die Gesetze nach ihren persönlichen Maßstäben festlegen, die in ihrer Haltung verschlossen sind. Schauen wir auf die Krippe und bitten wir im Gebet die jungfräuliche Mutter: „Oh Maria, zeige uns Jesus!“

Näheres über den Vatikan

www.vatikan.va

Kontakt

gottesdienst@orf.at

Kommentar

P. Karl Schauer
Johannes Karner
Gregor Waltl

Redaktion

Thomas Bogensberger
Verena Maria Kalenda