Sepp Forcher

ORF/CINEVISION

Herrgottswinkel statt Hitlerbild - Sepp Forcher und sein Glaube

Für Sepp Forcher war seine Großmutter – eine sehr religiöse Frau – ein wichtiges Vorbild. Den Glauben hat er von ihr kennengelernt. Mit zehn Jahren musste Sepp Forcher von zu Hause weg, um in Salzburg die Schule zu besuchen.

Logo Feierabend 16:9

ORF

Sendungshinweis

FeierAbend, Fronleichnam, 31.5.2018, 19.52 Uhr, ORF 2

Die Nazis haben damals auch vor den Schulen nicht halt gemacht. Im Schülerheim, erinnert sich Sepp Forcher, „war dann statt dem Herrgottswinkel das Hitlerbild“. Auch wenn lange Zeit sein Glaube verschüttet war, ist er heute wieder überzeugt, dass „der Herrgott da oben im Himmel“ es gut mit ihm meine.

„Mein Glaube war lange Zeit verschüttet, eine Art tektonisches Geschehen. Aber was immer bleibt, ist die Mariengestalt“, sagt Sepp Forcher in der von Michael Cencig gestalteten „FeierAbend“-Ausgabe „Herrgottswinkel statt Hitlerbild – Sepp Forcher und sein Glaube“, die ORF 2 zu Fronleichnam am Donnerstag, dem 31. Mai 2018, um 19.52 Uhr zeigt.

Sepp Forcher

ORF/CINEVISION

Sepp Forcher, seit bald 30 Jahren Moderator der ORF-Volksmusik-Sendung „Klingendes Österreich“, wuchs in Südtirol in bescheidenen Verhältnissen auf. Seine Eltern entschieden sich nach dem Südtirol-Abkommen zwischen Hitler und Mussolini für die sogenannte „Option“. Sie kehrten Italien den Rücken und verließen ihren ursprünglichen Heimatort Sexten, um sich in Salzburg anzusiedeln.

„In der neuen Heimat, in der Ostmark, war da plötzlich statt dem Herrgottswinkel das Hitlerbild. Als Zehnjähriger ist man knetbar, und ich bin im nationalsozialistischen Sinn geknetet worden“, erzählt Sepp Forcher, den als Kind das Heimweh nach Südtirol plagte.

Eines Tages führte ihn sein Onkel in die Salzburger Franziskanerkirche und deutete auf die Mariengestalt im Zentrum des Altarbildes, mit den Worten: „Da isch a Schtuck Hoamat in dem Altar drin.“ Sepps Onkel meinte damit die Madonnenfigur von Michael Pacher, einem Maler und Bildschnitzer aus dem 15. Jahrhundert – und aus Bruneck in Südtirol, Sepp Forchers ursprünglicher Heimat: „Als Kind betrachtet man das nicht von der Kunstseite oder von der Glaubensseite, das ist eine ganz andere Empfindung.

Die Pacher-Madonna verkörperte meine Beziehung zur alten Heimat, und immer, wenn mich Heimweh geplagt hat, bin ich in die Franziskanerkirche gegangen, obwohl man im nationalsozialistischen Regime ausgelacht worden ist, wenn man in eine Kirche gegangen ist.“

„Doppelerziehung“ nennt Sepp Forcher die widersprüchlichen Einflüsse, die ihn als Kind geprägt haben: einerseits das Religiöse – verkörpert vor allem durch die streng gläubige Großmutter – und dann des Gegenteil, die NS-Ideologie: „Ich bin lange nicht in die Kirche gegangen. Wenn du dazu noch am Berg lebst, findest du nicht so schnell in die Gewohnheit zurück, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Man wird kirchenfremd.

Aber mit dem Schicksal, das dich heimsucht, findest du auch den Glauben wieder“, erzählt Sepp Forcher: „Es fängt an, wenn ein Mensch stirbt, der dir nahe steht. Bei mir war das zuerst die Großmutter. Da ist man noch mehr erstaunt als erschreckt. Wie der Vater gestorben ist, da hab ich wieder zu beten angefangen. Ich halte das immer noch für das Beste, was der Mensch tun kann, wenn er in einer aussichtslosen Situation ist.

Das Schlimmste war natürlich, wie unser Sohn gestorben ist, weil das ist das Unvorstellbarste. Da haderst du am Anfang mit Gott, da verfluchst du ihn, weil man nimmt das ja alles sehr persönlich. Dann wendet sich das allmählich …“

Ein Film von Michael Cencig
Redaktion: Barbara Krenn