Albert Biesinger

ORF/Cinevision

Mit einem Fuß im Himmel

Als vor neun Jahren im deutschen Winnenden ein junger Mann an einer Schule Amok lief, war Albert Biesinger sofort zur Stelle. Der Theologe ist Notfallseelsorger.

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ORF

Sendungshinweis

FeierAbend, Allerseelen, 2.11.2018, 16.45 Uhr, ORF 2

Menschen im Angesicht des Todes zu begleiten, gehört zu seinen Hauptaufgaben. Trauriger Höhepunkt in Biesingers Arbeit als Notfallseelsorger war der Amoklauf in Winnenden.

Der Ort liegt etwa 20 Kilometer nordöstlich von Stuttgart. Am 11. März 2009 gegen 9:30 Uhr betritt der damals 17-jährige Tim K. die Albertville-Realschule in Winnenden und tötet insgesamt 16 Menschen.

Die Tragödie von Winnenden brachte ihn selbst auch an seine Grenzen. Auch wenn der Theologe das Ringen mit Gott sehr gut kennt - Kraft gibt ihm in solchen Situationen dann dennoch sein Glaube. „Was wäre das für ein Gott, der in einer solchen Leid-Situation nicht mitgehen würde!“

2010 macht der damals Anfang 60-Jährige Professor für Religionspädagogik aus Tübingen eine für ihn lebensverändernde Erfahrung: Nach einem Routine-Eingriff im Krankenhaus muss Biesinger notoperiert werden. Er wird in ein künstliches Koma versetzt. Die Herzfrequenz sinkt dramatisch. Er ist dabei, seinen Körper zu verlassen.

Die Erfahrung, die er in dieser Zeit des künstlichen Komas macht, verändert sein Leben. Er spürt einen Sog ins Licht, erlebt ein explosives Glück. Entgegen allen Erwartungen der Ärzte überlebt er die Operation.

Dieses Nahtoderlebnis verändert das Leben von Albert Biesinger nachhaltig: „Ich habe erfahren, dass es gar nicht so schlimm gewesen wäre, wenn ich gestorben wäre!“, erinnert er sich. Und fügt hinzu: „Ich habe vorm Sterben keine Angst mehr.

Ich bin nicht gegangen, ich bin da. Aber ich bin anders da als früher.“ Gelassener sei er geworden, erzählt er. Und er frage sich jetzt öfter, wenn er etwas unternimmt: „Ist das, was ich tue, das Richtige?“

Ein Film von Tobias Dörr
Redaktion: Barbara Krenn