Am Donaukanal im zweiten Wienerbezirk schaut sich Noorullah Qureshi auf seinem Smartphon die Wohnungsinserate an und führt Telefonate mit Wohnungsvermietern.

ORF/Zoran Dobric

Mein neues Leben und der Entscheider

„kreuz und quer“ begleitet Noorullah Qureshi, der in Afghanistan mit dem Tod bedroht wurde, bei seinen Versuchen, in Österreich Fuß zu fassen. Noch vor kurzem erlaubten Beamte der Asylbehörde den Asylwerbern prinzipiell nur kurze Antworten auf ihre Fragen. Das war oft ein Grund, warum etwa die Hälfte aller Asylverfahren mit negativem Ausgang vom Bundesverwaltungsgericht dann wieder zurück an die Asylbehörde geschickt wurden.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 13. November 2018
um 22.35 Uhr, ORF 2

Mein neues Leben

Ein positiver Asylantrag ist nicht der Abschluss - damit beginnt erst ein anspruchvoller bürokratischer Hürdenlauf: Amtswege, Sprach- und AMS-Kurse, Wohnungs- und Jobsuche, Freundeskreis- und Sprachveränderungen. „kreuz und quer“ begleitet Noorullah Qureshi, der in Afghanistan mit dem Tod bedroht wurde, bei seinen Versuchen, in Österreich Fuß zu fassen.

Der Entscheider

ORF/Zoran Dobric

Der Entscheider

Noch vor kurzem erlaubten Beamte der Asylbehörde den Asylwerbern prinzipiell nur kurze Antworten auf ihre Fragen. Das war oft ein Grund, warum etwa die Hälfte aller Asylverfahren mit negativem Ausgang vom Bundesverwaltungsgericht dann wieder zurück an die Asylbehörde geschickt wurden:

„Es gab dadurch schlicht und ergreifend viel zu wenig Informationen, um pro oder kontra urteilen zu können“, sagt Katrin Hulla, Juristin bei der Asylberatung der Caritas. Seit in den vergangenen zwei Jahren viele neue „Entscheider“ angestellt wurden, gibt es auch eine neue Befragungsart der Asylwerber: Das Hauptinterview soll von Beginn an ein offenes und persönliches Gespräch werden, heißt es.

„Für mich ist die Art und Weise entscheidend, wie erzählt wird. Wenn einfach monoton runtergeredet wird, dann werde ich ehrlich gesagt sehr skeptisch. Wenn ich jetzt zehn Minuten lang ohne Probleme erzähle, wie ich festgehalten wurde und gefoltert wurde, dann denk ich mir ok, das ist komisch.

Die Emotionen sollten da sein. Was mir persönlich auch wichtig ist, sind kleinere Details, die man sich nicht einfach so ausdenken kann, die glaubwürdig klingen…“, erzählt uns Florian Tschabuschnig, der seit 2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Entscheider arbeitet.

Sowohl der Asylwerber als auch der „Entscheider“ stehen unter enormem emotionalen Druck. Doch bevor das Hauptinterview stattfindet, muss der „Entscheider“ alle bis dahin bekanntgegebenen Daten des Asylwerbers prüfen. Dafür stehen ihm sämtliche Abteilungen des BFA im Lande, Mitarbeiter der österreichischen Konsulate und Asylbehörden der meisten EU-Länder zur Verfügung.

„kreuz und quer“ begleitet den 27jährigen Afghanen Noorullah Qureshi, der seit November 2015 auf sein Asylverfahren in Österreich wartet. In Afghanistan war er als Dolmetscher bei der US-Army beschäftigt, bis ihn die Taliban auf offener Straße angriffen. „Sie attackierten mich mit einem Bajonett, sie trafen mich jedoch nicht.

Beim zweiten Mal erwischten sie mich. Das Bajonett drang tief in meinem Körper hinein. Ich hielt die verletzte Stelle mit der Hand fest und fiel zu Boden“, schildert Noorullah Qureshi, warum er sein Heimatsland verlassen musste.

„kreuz und quer“ begleitet den 27jährigen Afghanen durch sein Asylverfahren, jedoch aus der Perspektive des 33-jährigen Entscheiders, Florian Tschabuschnig, der als Angestellter des österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über den Verbleib des afghanischen Asylwerbers in Österreich entscheiden wird. Es ist ein Blick hinter die „Kulissen“ des österreichischen Asylwesens – wie Behörden und deren Angestellte über das Schicksal von Flüchtlingen entscheiden.

Regie und Drehbuch: Zoran Dobrić
Redaktion: Helmut Tatzreiter