Erlöserkirche Jenbach

Marco Uschmann

‚Nicht vom Brot allein‘

Live aus der Erlöserkirche in Jenbach/Tirol wurde der Evangelische Gottesdienst von ORF 2 und ZDF übertragen. Mit der Gemeinde feierten Pfarrerin Andrea Petritsch und Gemeindepädagogin Uli Jung.

Was nährt uns, wenn im Alltag Durststrecken kommen? Was braucht der Mensch für seine Lebenswanderung unbedingt, und was ist unnötiger Ballast?
Dieser Frage geht Pfarrerin Andrea Petritsch im Gottesdienst nach - zusammen mit dem Kinderliedermacher Reinhard Horn und Kindern aus der Pfarrgemeinde. Mit ihnen ist sie immer wieder mal unterwegs auf Wanderungen in der Tiroler Bergwelt. Dann ist es gut, wenn alle etwas Proviant in ihre Rucksäcke gepackt haben. Für die Pfarrerin ist dies ein Bild, das sich auch auf das Leben übertragen lässt.

Musik

Wir wandern

Gut dass ich da bin

Was wir zum Leben brauchen

Gott sei Dank

Bleib an meiner Seite

Dir will ich singen

Was wir zum Leben brauchen

Fröhlich ohne Angst

Was uns auf dem Herzen liegt

Geht mit Gott

Musikalische Gestaltung:

Gesang und Klavier: Reinhard Horn

Querflöte: Rebecca Möller

Evangelischer Kinderchor Jenbach

Musikalische Gesamtleitung und Komposition:

Reinhard Horn

KONTAKTE Musikverlag, Lippstadt

www.k-mv.eu

www.reinhardhorn.de

Psalmgebet

Gott, gut, dass du da bist.
Wir sind unterwegs. Unterwegs auf unserem Lebensweg.
Ich schaue mich um und meine Welt ist eine schöne Welt.
Da sind die Berge, der Wald, die Bäche und Seen,
Tiere und Pflanzen, andere Menschen.
Ich staune und freue mich.
Ich will dich loben und fröhlich sein.

Gott, gut, dass du da bist.
Wir sind unterwegs. Unterwegs auf unserem Lebensweg.
Wir brauchen Kraft, essen und trinken,
und vieles mehr, damit wir den Weg gehen können.
Ich schaue um mich.
Meine Welt ist eine rätselhafte Welt.
So viel zum Entdecken und doch werde ich nie alles verstehen.

Gott, gut, dass du da bist.
Manchmal habe ich Hunger und Durst nach mehr. Der Proviant scheint aufgebraucht. Die Kraft ist dahin.
Wo ist das Pflaster, wo der Trost?
Ich schaue um mich.
Meine Welt ist eine dunkle Welt.
Es gibt so viel Trauriges, so viel Schweres
und Dinge, die mir Angst machen.
Manchmal ist es nicht zum Aushalten.

ZUSAGE:
Unsere Welt ist Gottes Welt.
Das Schöne, das Wunderbare,
das Rätselhafte, das Dunkle.
Alles liegt bei ihm.
Es ist nicht leicht zu begreifen,
aber wir dürfen Gott an unserer Seite wissen.
Das soll uns Kraft und Freude schenken.

Und da ist Gott

Predigt

Vieles haben wir in unseren Lebensrucksäcken.
Die Frage ist: Haben wir das, was wirklich hilft? Was uns in schweren Lebenssituationen wirklich trägt? Oder schleppen wir Schönes, aber Unnötiges mit uns herum?
Martin Luther vor ungefähr 500 Jahren, der hat den Menschen damals sehr geraten, nur wirklich Not - wendendes dabei zu haben. Es hatte sich so Vieles in den Jahrhunderten des christlichen Glaubens. angesammelt. Die Menschen dachten, das sei gut. Aber er sagte: Gebt es weg! Seine Regel war: Schaut in der Bibel nach und vor allem fragt, was Jesus sagen würde. Und im Übrigen braucht ihr keine Angst zu haben!

Jesus hat ein gutes Maß gegeben. Er sagt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt. So steht es im Matthäusevangelium im 4. Kapitel.

Das heißt doch: Denke an das, was dein Körper braucht: Essen, Trinken…, aber denke nicht nur daran. Deine Seele braucht auch, Not- wendendes. Vergiss sie nicht.
Packe deinen Lebensrucksack und sei weise dabei.
In guten Geschichten kann ich Gott hören und er spricht zu mir.
Und ich weiß, manche Menschen wie Uli finden ihn in der Natur oder wie Reinhard in der Musik und in den Armen von lieben Menschen da ist er auch. Ganz bestimmt.
Und doch: Manchmal da hilft scheints gar nichts mehr.
Da weiß ich nicht mehr, wo Gott ist. Da ist der Rucksack leer. Alles aufgebraucht. Die Kraft aus und vorbei.
Ich bin am Ende und weiß nicht mehr weiter.
Ich kenne das. Ich habe es selbst erlebt.

Und dann? Wie fülle ich meinen Lebensrucksack dann? –

Genau dann!

In der verzweifelten Traurigkeit, in der größten Angst,
in der tiefsten Tiefe, im dunkelsten Dunkel?
Dann... ?

Dann!
Ich kann zusammenbrechen.
Ich kann mit Gott schimpfen oder schreien, wie Jesus am Kreuz. -
Aber ich bin nicht der Schreityp.

Ich funktioniere irgendwie weiter, - und auf einmal sind andere da, die halten und tragen und beten.
Das tut gut.

Ich falle in alte, gewohnte Formeln, Gebete, die ich vor ewigen Zeiten gelernt habe. Der Herr ist mein Hirte u.s.w. Sie kommen mir nicht einmal passend vor, aber es tut gut.

Ich singe auch - ein ganz einfaches Lied. Nicht mit super Stimme, eher schlecht als recht. Es beruhigt.

Und auf einmal weiß ich, Gott ist nicht nur Freude und Glück, sondern auch Weinen, Schmerz und Verzweiflung. Das tut weh. Saumäßig. Aber ich muss es aushalten. Einfach aushalten.

Und ich werde innerlich ganz still. - Also - ich lasse los und berge mich irgendwie. Und da ist das Leid, der Schmerz, die Traurigkeit, die Angst. - Da bin ich. Und da ist Gott.

Und dann – irgendwann - irgendwie - füllt sich mein Rucksack wieder. Oder war er vielleicht gar nicht wirklich leer? Ich weiß es nicht mehr.

Ich lebe und ich möchte weitergeben, dass die Freude am Leben gelebt werden soll, dennoch, genauso wie Vertrauen. Dennoch -

Ich bin nicht die einzige, die diese Erfahrung macht oder gemacht hat. Jede, jeder tut es auf seine oder ihre Weise. Es gibt bestimmt mehrere Möglichkeiten und Wege. Aber grundsätzlich stimmt, der Mensch lebt echt nicht von Brot allein, sondern eben von vielen anderem. Und Gott spielt da eine Rolle. Jesus hatte Recht.

Und der Reformator Martin Luther vor ungefähr 500 Jahren hat es gut wiederentdeckt. Seine Erkenntnisse, die haben was: Gottvertrauen ganz ohne Angst. Weil Gott eben einfach da ist, sogar im aller größten Leid, im dunkelsten Dunkeln, in der tiefsten Tiefe, in der allergrößten Verzweiflung. Einfach da.

Bildregie: Thomas Bogensberger

gottesdienst@orf.at