Ziel der Kampagne ist die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt.

ORF/TAG/TRAUM Filmproduktion/ MinDoc Film Productions

„Fünf starke Frauen“ - Vom Kampf gegen häusliche Gewalt im Iran und „Die Kung-Fu-Nonnen des Himalaya“

Häusliche Gewalt ist im Iran ein weit verbreitetes Problem: Die einzige offizielle Studie besagt, dass 66 Prozent der Frauen häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 03. März 2020
um 22.35 Uhr, ORF 2

Die Dokumentation der iranischen Regisseurin Mina Keshavarz begleitet ein Jahr lang die Aktivistinnen der Kampagne „Stoppt häusliche Gewalt gegen Frauen“.

Die engagierten Protagonistinnen wollen einen Gesetzesentwurf zur Abstimmung ins Parlament bringen, um der systematischen Gewalt gegen Mädchen und Frauen endlich Einhalt zu gebieten.

Fünf starke Frauen - Vom Kampf gegen häusliche Gewalt im Iran

Im Iran sind zahllose Frauen und Mädchen systematischer Gewalt in ihren Ehen und Familien ausgesetzt. Männer demütigen und missbrauchen ihre Frauen – und das zudem ganz legal. Das Thema wird totgeschwiegen und kommt in der öffentlichen Wahrnehmung so gut wie nicht vor.

Ziel der Kampagne ist die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt.

ORF/TAG/TRAUM Filmproduktion/ MinDoc Film Productions

Doch eine Gruppe von Frauenrechtsaktivistinnen startet eine packende Kampagne, um das lange Schweigen zu brechen und der Gewalt ein Ende zu setzen. Viele von ihnen haben selbst schlimme Gewalterfahrungen gemacht. Ihr großes Ziel, an dem sie gemeinsam arbeiten: Sie wollen einen Gesetzesentwurf zur Abstimmung ins Parlament bringen, der häusliche Gewalt unter Strafe stellt.

Die Dokumentation folgt den Protagonistinnen bei ihrer intensiven Arbeit. Die Frauen halten im ganzen Land Workshops ab — vor allem, um den Opfern häuslicher Gewalt dabei zu helfen, das Schweigen zu brechen und über ihre Erlebnisse zu sprechen. Die Treffen müssen im Verborgenen abgehalten und etwa als „Nähkurse“ tituliert werden, damit die Frauen überhaupt daran teilnehmen können.

Vieles muss im Geheimen geschehen, denn der iranische Geheimdienst beobachtet die Kampagne argwöhnisch, und die Gefahr einer Verhaftung ist allgegenwärtig. Dennoch lassen sich die Frauen nicht entmutigen und sammeln erschütternde Berichte von Betroffenen. Sie nutzen alle ihnen offenstehenden Kanäle wie Social Media, um diese Erzählungen von Gewalterfahrungen zu verbreiten und das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Die iranische Regisseurin Mina Keshavarz begleitet die Aktivistinnen von Beginn an bei ihrer Kampagne. Die Dokumentation zeigt Anwältinnen und Psychologinnen bei ihrer schwierigen Arbeit. Dabei werden viele Fragen aufgeworfen, auf die es keine einfachen Antworten gibt:

Woher kommt die weit verbreitete Akzeptanz von Gewalt gegen Frauen? Was können einzelne Frauen ausrichten, um den Kreislauf der Gewalt zu unterbrechen? Wie können Mütter ihre Töchter schützen? Und vor allem: Wird es den Aktivistinnen gelingen, ihren Gesetzesentwurf inhaltlich und formal so auszuarbeiten, dass eine Chance besteht, ihn im Parlament zur Abstimmung zu bringen?

Regie: Mina Keshavarz
ORF-Redaktion: Christoph Guggenberger
Bearbeitung: Sabine Aßmann

Essenszeit im Hemis-Kloster

ORF/Alexander W. Rauscher

Die Kung-Fu-Nonnen des Himalaya

Die Nonnen des tibetisch-buddhistischen Drukpa-Ordens entsprechen nicht dem üblichen Bild orangefarben gekleideter, still meditierender Ordensfrauen, die monoton klingende Mantras anstimmen. Nicht nur ihre Kleidung sieht anders aus.

Auch der Tagesablauf unterscheidet sich wesentlich von dem anderer Nonnen. Selbstverständlich spielen Meditation und Gebet in ihrem Kloster in Kathmandu (Nepal) eine bedeutende Rolle, doch die Frauen betreiben auch täglich eine Form der körperlichen Ertüchtigung, die man nicht mit Nonnen assoziiert: Kampfsport, genauer gesagt Kung-Fu.

Gemeinsam mit Kameramann Stephan Mussil hat Regisseur Alexander W. Rauscher die Drukpa-Nonnen über mehrere Tage begleitet und das Kung-Fu-Training vor dem Hintergrund der majestätischen Gebirgsketten des Himalaya in rund 3.300 m Seehöhe filmisch festgehalten.

„Meditation und Kung-Fu haben einiges gemeinsam, vor allem Konzentration“, sagt die 24-jährige Nonne Jigme Konchok Lhamo. „Entweder du bist drin oder nicht. Beim Kung-Fu musst du dich aber noch besser konzentrieren, sonst verletzt du dich womöglich.”

Bei dem knapp einwöchigen Kung-Fu-Workshop, das die Drukpa-Nonnen seit 2017 in Ladakh (Indien) organisieren, geht es aber nicht nur um Kung-Fu als Kampfsport und körperliches Training, sondern auch um die Steigerung von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen für die Mädchen der Himalaya-Region. Die Nonnen wollen den Mädchen das Gefühl und die Sicherheit vermitteln, dass für sie alle Chancen offenstehen und alles möglich ist.

Natürlich geht es um Selbstverteidigung. In den letzten Jahren hat Indien mit zahlreichen grausamen Vergewaltigungsfällen Negativ-Schlagzeilen gemacht. Laut einer Statistik des indischen „National Crime Bureaus“ werden jede Stunde vier Kinder in Indien sexuell belästigt oder vergewaltigt. 40.000 Angriffe auf Frauen werden jedes Jahr angezeigt, die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.

Selbst die Nonnen in Nepal wurden immer wieder mit Steinen beworfen, als sie von ihrem Kloster ins Tal hinabstiegen, und sie hatten Angst, angegriffen zu werden. Kung-Fu hat ihnen Selbstvertrauen und Stärke gegeben – und sie auch glücklicher gemacht. Die Idee für das Martial-Arts-Training hatte der 12. Gyalwang Drukpa, das spirituelle Oberhaupt des Drachen-Ordens.

Die Förderung von Umweltschutz und Nachhaltigkeit, aber vor allem die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind drei seiner wichtigsten Botschaften. „Seine“ Nonnen sollten alle Rechte haben, die Männer generell und auch die Mönche des Ordens seit Jahrhunderten genießen. So gesehen haben die Nonnen eigentlich Mönch-Status.

„Seine Heiligkeit“, wie der Gyalwang Drukpa angesprochen wird, sorgte auch dafür, dass jede der rund 200 Nonnen, die hoch über Kathmandu in ihrem Nonnenkloster auf dem Berg Druk Amithaba leben, einen Beruf erlernen konnten. So gibt es Nonnen, die ein Handwerk beherrschen, es gibt Elektrikerinnen, Computer- und Internet-Programmiererinnen, CCTV- und IT-Technikerinnen – alles Fähigkeiten, die unabhängig von fremder, in Indien meist männlicher Hilfe machen. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, das wollen die Nonnen aus Nepal auch den Mädchen im nordindischen Ladakh weitergeben.

In Gesprächen berichten die Mädchen von ihren eigenen unangenehmen Erfahrungen, die sie bereits mit dem männlichen Geschlecht machen mussten. Mit ihren Kung-Fu-Kenntnissen fühlten sie sich jetzt wesentlich besser und vor allem sicherer, betonen sie.

Aber nicht nur körperlich anstrengendes Kung-Fu-Training steht auf dem Programm, sondern auch Besuche von Frauen aus der näheren Umgebung, die besonders erfolgreich sind. Die erste Chefredakteurin der Lokalzeitung von Ladakh, die erste Polizeichefin der Region und zwei Mädchen, die bereits den Mount Everest bestiegen haben, zeigen den Mädchen, dass Erfolg auch in Berufen möglich ist, die traditionell Männern vorbehalten sind.

Die Nonnen wiederum erzählen, warum sie überzeugt sind, mit dem Eintritt in das Kloster die richtige Entscheidung getroffen zu haben – obwohl sie damit auf Kinder und Familie verzichten müssen. „Deine Familie, das ist die Welt, das ist die Familie der Menschen“, sagt Seine Heiligkeit, der Gyalwang Drukpa, den Alexander W. Rauscher in Hong Kong zu einem ausführlichen Exklusiv-Interview treffen konnte.

2007 hat der Philanthrop die religionsunabhängige Bewegung „Live To Love“ gegründet, ein internationales Netzwerk gemeinnütziger Organisationen, das sich vor allem in den Regionen des Himalaya um Bildung und medizinische Versorgung der Bevölkerung kümmert und das Verständnis für den Schutz von Gewässern und Umwelt fördert. Bereits zweimal hat „Live To Love“ sogar den Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde für die meisten gleichzeitig gepflanzten Bäume geschafft.

Auch wenn kaum eine der Teilnehmerinnen des Kung-Fu-Workshops selbst einmal Nonne werden will, so finden sie das, was hier passiert, einfach “cool”. Und es ist für die Mädchen so prägend, dass es auch in ihrem weiteren Leben Bedeutung haben wird.

Regie: Alexander W. Rauscher
Redaktion: Christoph Guggenberger