Abt Otto Strohmaier beim Ikonenmalen

ORF/Posch TV

Gut allein sein und Liebe ist nichts für Feiglinge

Im Stift Sankt Lambrecht in der Steiermark ist heuer – unter dem Eindruck der Corona-Krise – alles anders als sonst im Frühling: keine öffentliche Messen mit Kirchenvolk, keine Gäste und Touristen.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 28. April 2020
um 22.30 Uhr, ORF 2

Es ist noch stiller. Ein Geheimnis der Benediktinermönche gegen Einsamkeit ist der klar strukturierte Tagesablauf. Das zweite aber ist das individuelle, oft harte innere Ringen, im vielen Alleinsein nicht einsam zu werden.

Die Geschichten der Mönche zeigen, wie auch schwierige Situationen des Alleinseins manchmal in gute, segensreiche Zeiten verwandelt werden können. Danach „Liebe ist nichts für Feiglinge“

Wenn zwei Menschen sich dazu entschließen, den Rest ihres Lebens gemeinsam zu verbringen, ist selten vorhersehbar, was alles auf sie zukommen wird an Schwierigkeiten und Hindernissen. Und im Rückblick fragt man sich bisweilen, wie diese Schwierigkeiten und Hindernisse gemeistert wurden. In dieser Doku hören wir fünf Paaren dabei zu, wie sie sich solche(n) Fragen stellen.

Abt Otto Strohmaier beim Ikonenmalen

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Gut allein sein

„Was macht einen Mönch aus? Es ist einer, der Einsamkeit als Segen erleben kann, nicht als Isolation, sondern als Chance“, ist Otto Strohmaier, der ehemalige Abt von St. Lambrecht, überzeugt. Aber der Weg dorthin ist mit Angst und Zweifeln gepflastert.

Seit zwei Monaten ist das Leben ein anderes und für viele, die die Zeit in Covid 19 -Quarantäne verbringen oder krank sind, ist es sehr einsam.

Im Stift Sankt Lambrecht in der Steiermark erwacht gerade der Frühling. In anderen Jahren wäre jetzt Hochbetrieb, um die Osterfeierlichkeiten vorzubereiten, aber heuer ist es still. Auch für die Benediktinermönche, die das altehrwürdige Stift verwalten, ist diese Situation neu.

Doch ihr klar geregelter immer gleicher Tagesablauf aus beten und arbeiten vermittelt auf den ersten Blick das Gefühl, hier sei alles unverändert und schmerzende Einsamkeit nur eine weit entfernte Randerscheinung.

Regisseurin Waltraud Paschinger ist für kreuz und quer der Frage nachgegangen: Können wir von Mönchen etwas über die Bewältigung von Einsamkeit und Isolation erfahren? Ein klar strukturierter Tagesablauf scheint das eine Geheimnis gegen Einsamkeit zu sein, aber das zweite ist ein individueller Kampf, denn Einsamkeit ist nicht „allein zu sein, sondern allein gelassen zu sein – von Gott und/oder allen anderen verlassen zu sein“.

Es sind keine Besser-Leben-Tipps, die die Mönche geben. Es sind ihre Geschichten von einsamen Entscheidungen, Kreativität als Ventil oder unendlicher Einsamkeit mitten unter Menschen, ihre Schlüsse daraus und ihre Lebensweisheiten, die berühren.

Natürlich hilft der Glaube. Aber Gott „kommt nicht auf Knopfdruck, er lässt sich nicht ,her-beamen‘, wann immer man ihn gerade braucht“. Einsamkeit zu bewältigen ist Arbeit. Sie führt in die Untiefen der Seele. Sie zuzulassen kann aber den Blick für neue Möglichkeiten eröffnen. Wenn man die Beschallung von außen durch andere einmal abschaltet, gezwungen oder freiwillig, lernt man sich selbst neu kennen und vielleicht auch mögen.

Inmitten der monumentalen Gemäuer des Stiftes St. Lambrecht, inmitten seiner verborgenen, sonnigen Gärten, seiner uralten, geheimnisvollen Bibliothek und seiner prunkvollen Räume wandelt sich Einsamkeit Schritt für Schritt zu einer Chance.

Regie: Waltraud Paschinger
Produktionsleitung: Ursula Merzeder
Redaktion: Helmut Tatzreiter

Liebe ist nichts für Feiglinge

„Eine Liebesbeziehung zu führen, ist das größte spirituelle Abenteuer der Neuzeit“, postuliert Stefan Jetter zu Beginn dieser Doku von Michael Cencig und Birgit Foerster.

Und er weiß, wovon er spricht – nicht nur als Experte für Paarcoaching, das er gemeinsam mit seiner Frau Sandra Teml-Jetter anbietet, sondern auch als Ehemann: „Gerade vor wenigen Wochen haben wir wieder eine tiefe Krise erlebt, wo wir nicht wussten, ob wir zusammen heil rauskommen.“ Sie sind heil rausgekommen – wie alle fünf Paare, die in diesem Film porträtiert werden, heil herausgekommen sind; und zwar aus sehr unterschiedlichen Krisen.

Manuela und Bojan zum Beispiel. Nach rund zehn Ehejahren beginnt Bojan, Vater zweier Kinder, eine Parallelbeziehung mit einer Mitarbeiterin zu führen – wider besseres Gewissen: „Ich hab gespürt, dass ich eigentlich nicht der Mensch bin, der seine Familie verlässt. Aber wenn ein Mensch, den du begehrst, dieses Begehren erwidert, das fühlt sich so unglaublich gut an. Das ist wie Doping.“

Manuela war sich sicher, dass Bojan in der Beziehung zur anderen Frau nicht glücklich werden würde: „Wenn es sein Glück gewesen wäre, hätte ich gesagt Es ist dein Glück. Es tut weh, aber es ist dein Glück – und hätte das Feld geräumt.“

Nach über zehn Jahren des Hin und Her entschied sich Bojan endgültig für Manuela. Sie besiegelten ihre erneuerte Verbindung mit einem schamanistischen Ritual. „Vielleicht passen wir gar nicht besonders gut zusammen“, sagt Manuela heute, „aber wir sagen Ja zu einander. Ich finde es wichtig, dass man den Tanz gemeinsam zu Ende tanzt.“

Untreue war auch bei Lisa und Hannes im Spiel – wenn auch unter völlig anderen Vorzeichen. Vor sechs Jahren fliegt Hannes mit einem Koffer voll Waffen nach Kairo um ein Handelsschiff vor Piraten schützen. Die nötigen Papiere hat er sich im Vorfeld besorgt.

Er macht das nicht zum ersten Mal. Ein Auftrag mit kalkuliertem Risiko. Was Hannes jedoch nicht einkalkuliert hat, ist das politische Chaos im Ägypten des Jahres 2011. Die Papiere nützen ihm gar nichts. Er verbringt 5 Jahre in einem ägyptischen Gefängnis.

Das bedeutet auch fünf Jahre brutalster Trennung von seiner Frau Lisa: „Physisch war es für mich härter, aber psychisch sicher für die Lisa“, sagt Hannes heute. Lisas Verzweiflung mündete schließlich in dem Versuch, sich emotional von Hannes zu lösen. Sie brach den ohnehin nur rudimentär möglichen Kontakt ab und begann ein Verhältnis mit einem anderen Mann: „In dem ganzen Irrsinn wollte ich einfach nur ein Stück Normalität.

Ich glaube, das hat mich vor dem Selbstmord gerettet“, sagt Lisa. In seiner Zelle in Kairo erfuhr Hannes von Lisas Verhältnis – mit einem Mann, der ihr Gewalt androhte. Und von seiner Zelle in Kairo aus aktivierte er seine Freunde, die Lisa beschützten. Da hat Lisa nach eigenen Worten nach langer Zeit wieder ihren Mann gespürt, „der vom Gefängnis in Kairo aus für meine Sicherheit sorgte. Und da haben wir beschlossen, den Weg gemeinsam zu Ende zu gehen.“

Victoria und Dimitrii hat der Abenteuerfilm ihrer Liebesbeziehung schon in jungen Jahren einiges abverlangt. Dimitrii kam aus Sibirien nach Wien, um hier sein Erasmus-Semester an der Technischen Universität zu absolvieren. Die Slawistik-Studentin Victoria lernte er im Rahmen eines sogenannten Sprachtandems kennen. Man wollte sich gemeinsam in der Sprache des anderen üben, Dimitrii also sein Deutsch und Victoria ihr Russisch perfektionieren.

„Das hat von Anfang an nicht funktioniert“, erinnert sich Dimitrii. Denn es war Liebe auf den ersten Blick. Mit dem Ende von Dimitriis Erasmus-Semester endete dann allerdings die Leichtigkeit des Seins. Und es begann eine Fernbeziehung, wie Victoria sie von je her für sich ausgeschlossen hatte: „Ich habe einmal eine Beziehung zu einem Linzer beendet, weil mir die Entfernung Wien-Linz zu groß war.

Aber bei Dimitrii machte es mir nichts aus, nach Moskau zu fliegen, am Flughafen zu übernachten und dann sieben Stunden mit einer rumpelnden Boeing nach Irkutsk in Sibirien weiterzufliegen. Das war überhaupt kein Problem.“ Im Gegensatz zum zähen Kampf um Dimitriis Aufenthaltsbewilligung – das war sehr wohl ein Problem. Es gab eine Zeit, da erschien dem Paar Russland als gemeinsamer Lebensmittelpunkt realistischer als Österreich. „Ich hatte nur eine Bitte an Dimitrii – dass wir dann eventuell in Moskau leben und nicht in Irkutsk.“ Es ist am Ende doch Wien geworden …

… wie auch für Sergej, den zweiten Russen in dieser Doku. In den 1990er Jahren war es noch leichter, sich als Ausländer in Österreich niederzulassen. Insbesondere, wenn man mit einer Österreicherin verheiratet war. Sergej hat seine Frau Rosmarie in Moskau kennengelernt, wo sie als Dolmetscherin arbeitete. Bei einer Ausstellung seiner Bilder sind sie einander zum ersten Mal begegnet.

Sergej war damals bereits erblindet - durch einen Kopfschuss, den er sich in suizidaler Absicht zugefügt hatte: „Ich habe im Gefühl gelebt, von niemandem gebraucht zu werden, weder als Mensch, noch als Vater, noch als Maler.“

Gebraucht werden ist ein bestimmendes Thema in der Beziehung von Rosmarie und Sergej: „Er ist genau der Mensch, den ich in meinem Leben gebraucht habe“, sagt Rosmarie. Wobei das Umgekehrte offensichtlicher ist - dass Sergej Rosmarie braucht.

In den ersten Jahren in Wien fühlt sich Rosmarie für Ihren fern seiner Heimat gewissermaßen entwurzelten Mann verantwortlich. Sie organisiert für Sergej Ausstellungen in verschiedenen europäischen Ländern. Rosmarie tut alles für ihn – und schaut zu wenig auf sich. Bis sie nicht mehr kann: „Es war vielleicht so wie damals für Sergej, als er zur Pistole gegriffen hat. Alles ist mir zu viel geworden.

Da bin ich auf ein Seminar gestoßen mit dem Titel Reinigung und Neubeginn. Dort hab ich dann eine Woche lang vor allem geweint – und zwar immer dann, wenn es geheißen hat: Du wirst geliebt. Also nicht Ich liebe, sondern Du wirst geliebt … Ich hab dann gelernt, dass ich nicht allein für alles verantwortlich bin.“ Für diese Erkenntnis also hat Rosmarie Sergej in ihrem Leben gebraucht.

Wenn zwei Menschen beschließen, den Rest ihres Lebens gemeinsam zu verbringen, ist selten vorhersehbar, was alles auf sie zukommen wird an Schwierigkeiten und Hindernissen. Und im Rückblick stellt sich bisweilen die Frage, wie diese Schwierigkeiten und Hindernisse gemeistert wurden. Wie haben sie es also geschafft, unsere fünf Paare?

So unterschiedlich die Problemstellungen, so unterschiedlich die Lösungen. In jedem Fall gibt es mehrere Antworten auf die Frage nach dem Gelingen, mehrere Faktoren, die ausschlaggebend sind dafür, dass die Paare nach wie vor – oder wieder – zusammen sind. Was in jedem Fall dazu gehört sind Liebe und Mut, die stets größer waren als selbst das größte Problem. Oder wie es die Paarexpertin und Ehefrau Sandra Teml-Jetter am Ende auf den Punkt bringt: „Die Liebe und das Glück sind nichts für Feiglinge.“

Regie: Michael Cencig und Birgit Foerster
Redaktion: Christoph Guggenberger