25.10.2020 9:30 ORF 2

‚Was Früchte trägt‘

Live aus der Evangelischen Pfarrkirche in Scharten (OÖ) wurde der Gottesdienst von ORF2 und im ZDF übertragen. Mit der Gemeinde feierten Pfarrer Alexander Lieberich und sein Team.

„Wie die Bäume bei uns im Obsthügelland von ihren Wurzeln getragen werden, so werden wir vom Glauben getragen“, sagt Pfarrer Alexander Lieberich. „Und so wie ein Baum seine guten Früchte nicht nur für sich selbst trägt, so profitiert von den Früchten des Glaubens immer auch die Umgebung.“

Evangelischer Gottesdienst: ‚Was Früchte trägt‘

Mit der Gemeinde feiern Pfarrer Alexander Lieberich und Team. „Wie die Bäume bei uns im Obsthügelland von ihren Wurzeln getragen werden, so werden wir vom Glauben getragen“, sagt Pfarrer Alexander Lieberich. „Und so wie ein Baum seine guten Früchte nicht nur für sich selbst trägt, so profitiert von den Früchten des Glaubens immer auch die Umgebung.“ Der Baum ist auch ein altes biblisches Bild für den Menschen: „Bäume werden durchströmt von Säften, sie durchströmen den Stamm und die Äste. So wie der Glaube die Menschen durchströmt. Aber Menschen können sich auch entwurzelt fühlen, und dann dürfen sie auf Gott hoffen. Seine Liebe als bedingungsloses Geschenk lässt uns gut verwurzelt bleiben und Hoffnung behalten“, so Pfarrer Lieberich.

Der Baum ist auch ein altes biblisches Bild für den Menschen: „Bäume werden durchströmt von Säften, sie durchströmen den Stamm und die Äste. So wie der Glaube die Menschen durchströmt.

Aber Menschen können sich auch entwurzelt fühlen, und dann dürfen sie auf Gott hoffen. Seine Liebe als bedingungsloses Geschenk lässt uns gut verwurzelt bleiben und Hoffnung behalten“, so Pfarrer Lieberich.

Er gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist
Psalm 1
Glücklich ist der Mensch, der in dieser Weise lebt:
Er folgt nicht dem Vorbild der Frevler und er betritt nicht den Weg der Sünder. Mit Leuten, die über andere lästern, setzt er sich nicht an einen Tisch. Vielmehr macht es ihm Freude, in der Heiligen Schrift zu lesen.

Tag und Nacht denkt er darüber nach und sagt Gottes Wort laut vor sich hin. Er gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist. Seine Früchte trägt er zu seiner Zeit und seine Blätter verwelken nicht. Alles, was er tut, gelingt ihm gut.

Verwurzelt sein heißt einen guten Stand haben
Predigt

Das Buch der Psalmen beginnt mit einem Glückwunsch.
Herzlichen Glückwunsch, du liest!
Ich denke, dazu kann man jemanden wirklich beglückwünschen, wenn er sich Zeit und Muße nehmen kann, ein gutes Buch zu lesen. Unser erster Psalm gratuliert nicht nur zum Lesen allgemein, sondern zur Freude am Lesen der Heiligen Schrift.

Der, der liest, ist wie ein Baum, nicht wie irgendein Baum, sondern wie so einer, der an Wasserbächen gepflanzt ist. Selbst wenn es trocken ist, kein Regen da ist, und niemand gießt, selbst dann gut versorgt, weil die Wurzeln im Wasser hängen. Herzlichen Glückwunsch, lieber Baum, du hast einen guten Platz gefunden, hier kannst Du Früchte bringen.

Musik

Ein feste Burg ist unser Gott von Hermann Bönicke

Mutig komm ich vor den Thron

Gloria Patri

Kyrie eleison – EG 178.9

Allein Gott in der Höh sei Ehr – EG 179

Höher/Higher von Dominik Laim

Ein feste Burg – EG 362

Verleih uns Frieden von Felix Mendelssohn Bartholdy

Großer Gott, wir loben dich – EG 331

Toccata über ‚Ein feste Burg‘ von Zsolt Gárdonyi

Musikalische Gestaltung:
Evangelischer Kirchenchor Scharten unter der Leitung von Johanna Lieberich, Ingeborg Hartmann und Franziska Leuschner

Die Online-Band der Gemeinde unter der Leitung von Werner Hagmüller

Orgel: Johanna Lieberich

Musikalische Gesamtleitung: Diözesankantorin Franziska Leuschner

Zu gratulieren kommt es mir, wenn ich an die Beiträge denke, die wir gesehen haben. Herzlichen Glückwunsch lieber Jakob, dass dir im richtigen Moment ein Bibelspruch eingefallen ist und du Mut bekommen hast. Glückwunsch lieber Rudi, dass du Bewahrung erfahren hast, dir liebe Lisa für deine schöne Art, das Haus zu verlassen, und Friedl dir, dass du dich als gesegnet erfährst und Segen sein kannst.
Ich glaub es euch: ihr seid verwurzelt, wie ein Baum an den Wasserbächen.

Verwurzelt sein heißt einen guten Stand haben, fest und sicher zu sein. Verwurzelt sein bedeutet für mich Früchte zu bringen, aber zu seiner Zeit. Zu dem alten Birnbaum in unserem Pfarrgarten, da habe ich einen besonderen Bezug. Bevor ich meine Pfarrstelle hier antrat, hatte ich ein langes Gespräch mit einem lieben Freund und am Ende wurden wir auch gemeinsam still im Gebet.

Danach sagte er zu mir: ich denk an einen alten Baum, in dem Vögel ein Zuhause haben; welche die immer schon da waren und welche, die neu dazukommen, dort darfst du wirken, so stelle ich mir deine Gemeinde vor. Als ich dann hierher kam und zum ersten Mal vom Schreibtisch aus auf diesen alten Birnbaum schaute, da musste ich an meinen Freund denken.

Der Birnbaum bringt seine Früchte, aber er bringt sie nicht ständig, er hat eine Zeit das Reifens und Wachsens, er hat eine Zeit ganz ohne Früchte und eine Zeit, da sind ihm sogar die Blätter zuviel – er schüttel sie ab und ruht. Und könnte mein Baum Gefühle haben: ich denk, er wäre ganz entspannt und froh dabei.

Ich bin nicht immer so entspannt und froh. Manchmal bin ich nicht wie ein Baum gepflanzt an den Wasserbächen. Dann fühle ich mich ausgelaugt, und mühe mich, Früchte zu bringen, obwohl vielleicht gar nicht die Zeit dafür ist. Und dann gibt es da noch diese Stimme, den zu hohen Anspruch an mich selbst, und den vermeintlichen Anspruch den andere an mich stellen, die sagt: Sei möglichst perfekt in Beruf, Partnerschaft und Familie. Leiste noch mehr, erlebe noch mehr.

Und wenn diese Stimme zu laut wird, dann werde ich blind für die schönen Dinge in meinem Leben. Blind für meine Familie und Freunde, blind für die Früchte in meinem Leben.

Nicht jede Zeit kann eine Zeit des Reifens und Wachsens sein, manchmal gibt es Zeiten der Dürre, des Zweifelns, der Einsamkeit. Zeiten, in denen wir inneren quälenden Fragen ausgesetzt sind oder eben dieser inneren Stimme.

Wir gehen auf das diesjährige Reformationsfest zu und erinnern uns, wie Martin Luther mit vielen anderen zurück zu den Wurzeln des Christenums ging, indem er die geschenkte Liebe und Gnade Gottes groß machte.

Martin Luther kannte diese Stimme auch. Für ihn war sie sogar die Stimme Gottes, die zu ihm sagte: Nein dein Leben ist nicht richtig, nein so kannst du nicht zu mir kommen, dein Leben muss besser werden, mehr gute Werke müssen her. Sonst bist du verloren. Der Gott, den Luther kannte, war ein strafender und fordernder Gott.
Immerhin Luther gehörte zu den wenigen Lesern jener Zeit und er las in der Bibel „Der Gerechte wird aus Glauben leben“.

Das war für Luther die Entdeckung und auf einmal wurde aus dem Nein ein Ja. Ja, Gott hat schon alles für mich getan, bei Ihm ist die Sache klar – ich bin sein geliebtes Kind, an dem er Freude hat. Die Erkenntnis machte Luther ganz schön froh: Er beschreibt das so: „Hier fühlte ich mich wie neugeboren und wie im Paradies.“
Da hatte Luther sozusagen die Wurzel wiederentdeckt, die uns stark macht und trägt.

Da kann es Zeiten der Dürre im Leben geben, aus dem JA Gottes können wir Kraft ziehen. Da können Stürme uns in die Äste fahren, aber das bleibt. Gott sagt Ja zu uns. Und Gottes Ja zu mir soll Auswirkungen auf mein Leben haben.

Ich bin nicht immer stark, ich kann nicht immer Früchte bringen. Manchmal bin ich verletzlich und schwach, da ist das Nein lauter als das Ja. Aber immer, egal ob es Zeit ist Frucht zu bringen oder Zeit die Blätter fallen zu lasse, immer ist da ein anderer, der fest ist und stark, der mich hält.

Fest wie der Boden auf dem ich stehe, fest wie der Boden in dem ein alter Baum verwurzelt ist.
Für mich ist dieser Boden das göttliche Ja, das von Anfang an zu mir gesprochen ist. Ja, so wie Du bist, bist du geliebt von Anfang an. In meinen Augen bist du richtig und wertgeachtet, geschätzt und umsorgt. Dieses Ja hat einen Namen: Jesus Christus, der zu meinem Leben und zum Leben von uns allen ja gesagt hat.

Ja, sagt er, so nehme ich dein Leben an, und ich will es mit dir tragen. Ich trage Deinen Schmerz, deine Schuld, ich trage es bis zum Kreuz und bleibe auch dort nicht stehen. Wenn du keinen Weg weißt – ich weiß noch einen für dich. Wie der ausschaut wirst du sehen; dass am Ende alles gut wird, darfst du jetzt schon wissen.

Das Ja Gottes ist für mich wie der Boden, in dem wir verwurzelt sind. Hier in Scharten, im Gottesdienst, in der Gemeinde. Ich erlebe immer wieder, wie dieses verwurzelt sein Frucht bringt.

Ich habe es gerade erlebt bei den vier Beiträgen die wir gesehen haben, ich habe es in der Coronazeit erlebt, als viele bereit waren, für andere einzukaufen, da zu sein und zuzuhören. Ich habe es gehört beim Telefonieren während des Lockdowns im Frühjahr mit meinen Gemeindegliedern. Und immer wieder habe ich Dinge gehört wie: Herr Pfarrer, der Glaube gibt schon Kraft, Herr Pfarrer, ich bete und dann bin ich nicht mehr allein.

Ich erlebe es bei all den Menschen, die sich einbringen, überall in der Gesellschaft; natürlich bemerke ich es besonders in meinem Umfeld. Im Glauben zu leben bedeutet auch immer zu handeln. Die guten Früchte kommen von alleine, wenn ich verwurzelt bin. Luther nennt das so: Der Baum trägt die Früchte, die Früchte tragen nicht den Baum.

Verwurzelt sein bedeutet auch, dankbar Gott gegenüber zu sein: dankbar für all die kleinen Dinge und all die Großen. Danke Gott für ein Dach über dem Kopf, für Essen auf dem Tisch, für Familie, Freunde, für die Schönheit der Natur und für vieles andere mehr. Wer so dankt, der kommt zum Denken und zum Loben. Zum Denken an die Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, an die, die nicht so viel zu Essen haben. An die, bei denen es in der Familie Unfrieden gibt. Das führt dann oft auch zum Handeln, praktisch und konkret, oder auch nur mit einem stillen Gebet.

Danken ist das eine, Loben das andere: Den Loben, der mir alles Gute schenkt und den zu loben der mich handeln lässt.
Loben zieht bekanntlich nach oben.
Wenn ich so persönlich mir Zeit nehme in der Bibel zu lesen, mir Gottes Ja zusprechen zu lassen, zu danken und zu loben, dann macht mich das meistens ganz schön froh:
Für mich fühlt es sich an, wie vielleicht für den Birnbaum im Pfarrgarten, wenn nach den kalten Winden des Winters die Frühlingssonne ihn wärmt und der erste warme Regen ihm das Signal gibt neue Blüten zu tragen.

Für Luther fühlte es sich an, wie geborgen sein in einer festen Burg mit dicken Mauern. Sicher vor allen Gefahren.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.

Bildregie: Thomas Bogensberger