Konzilspfarrkirche St. Paul, Salzburg
ORF/Konzilspfarre St. Paul, Salzburg/Pfarrer Peter Hausberger
ORF/Konzilspfarre St. Paul, Salzburg/Pfarrer Peter Hausberger
11.04.2021 09.30 Uhr ORF 2

„Eigene Erfahrungen machen. Der Apostel Thomas als Vorbild“

Aus der Konzilspfarre St.Paul in Salzburg wurde von ORF2 und ZDF der Katholische Gottesdienst übertragen. Mit der Gemeinde feierten Vizedechant Peter Hausberger und Pastoralassistentin Ingrid Leitner.

Der Apostel Thomas ist ein Vorbild. Er verlässt sich nicht auf Erfahrungen „aus zweiter Hand“. Er will Gewissheit darüber, dass der Auferstandene der ist, der durch Leid und Tod hindurch gegangen ist.
Die anderen Mitglieder der Jesus-Gruppe lassen Thomas die Zeit, die er braucht. Durch diesen Raum, der ihm zugestanden wird, bleibt er auch Mitglied der Gemeinschaft. Der Auferstandene begegnet ihm. So wird auch er neu ins Leben gesendet.

Katholischer Gottesdienst: ‚Eigene Erfahrungen machen. Der Apostel Thomas als Vorbild‘

Mit der Gemeinde feiern Vizedechant Peter Hausberger und Pastoralassistentin Ingrid Leitner. Der Apostel Thomas ist ein Vorbild. Er verlässt sich nicht auf Erfahrungen „aus zweiter Hand“. Er will Gewissheit darüber, dass der Auferstandene der ist, der durch Leid und Tod hindurch gegangen ist. Die anderen Mitglieder der Jesus-Gruppe lassen Thomas die Zeit, die er braucht. Durch diesen Raum, der ihm zugestanden wird, bleibt er auch Mitglied der Gemeinschaft. Der Auferstandene begegnet ihm. So wird auch er neu ins Leben gesendet. In der katholischen Tradition wird der zweite Sonntag der Osterzeit auch ‚Weißer Sonntag‘ genannt; weiß wie die Gewänder der in der Osternacht getauften ersten Christen.

In der katholischen Tradition wird der zweite Sonntag der Osterzeit auch ‚Weißer Sonntag‘ genannt; weiß wie die Gewänder der in der Osternacht getauften ersten Christen.

Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele

Apg 4,32-35 (Einheitsübersetzung 2016)

Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen.
Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.

Acht Tage darauf kam Jesus bei verschlossenen Türen und trat in ihre Mitte

Evangelium: Joh 20,19-31

Als es nun Abend war an jenem Tag, dem ersten der Woche, und als die Türen verschlossen waren, wo die Schüler waren, wegen der Furcht vor den Judäern, kam Jesus und stellte sich in die Mitte und er sagt zu ihnen: Friede euch!
Und dies sprechend, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Die Schüler nun freuten sich, den Herrn zu sehen.
Jesus sprach nun zu ihnen wieder: Friede euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, sende auch ich euch. Und dies sprechend, hauchte er sie an und sagt zu ihnen: Empfangt heiligen Geist! Von wem immer ihr die Sünden erlasst, erlassen sind sie ihnen, von wem ihr sie festhaltet, festgehalten sind sie. Thomas aber, einer der Zwölf, der Didymus – „Zwilling“ – genannte, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Schüler sagten nun zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht an seinen Händen das Mal der Nägel sehe, und meinen Finger in das Mal der Nägel stecke und meine Hand in seine Seite stecke, werde ich dem gewiss nicht trauen. Und nach acht Tagen waren wieder seine Schüler drinnen, und Thomas bei ihnen. Jesus kommt bei verschlossenen Türen und er stellte sich in die Mitte und sprach: Friede euch! Dann sagt er zu Thomas: Bring deinen Finger hierher und sieh meine Hände, und bring deine Hand her und stecke sie in meine Seite, und sei nicht ohne Vertrauen, sondern habe Vertrauen. Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagt zu ihm: Weil du mich gesehen hast, hast du vertraut? Selig, die nicht sehen und (doch) vertrauen! Viele und auch andere Zeichen hat Jesus noch vor seinen Schülern getan, die nicht in diesem Buch geschrieben sind. Diese aber sind geschrieben, damit ihr vertraut, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr als Vertrauende Leben habt in seinem Namen.

Gottes Geist macht lebendig, mutig und weltoffen

Predigt

Der heutige zweite Sonntag der Osterzeit wird auch der „Weiße Sonntag“ genannt. Diese Bezeichnung hängt damit zusammen, dass in der frühen christlichen Zeit die Osternacht der einzige Tauftermin war. Am Sonntag nach Ostern, also am heutigen Sonntag, sind die Neugetauften mit den weißen Kleidern, die den Neubeginn symbolisieren, zum Gottesdienst gekommen.
Für die Jüngerinnen und Jünger aus dem Schülerkreis Jesu war es furchtbar, dass Jesus – ihr Lehrer und Meister – den entsetzlichen Tod am Kreuz gestorben ist. Sie sind hinter verschlossenen Türen versammelt und sie fürchten sich. Denn die Mitte ihrer Gemeinschaft ist ihnen abhanden gekommen.
Die Welt ist eng, wenn man hinter verschlossenen Türen lebt, und diese Türen können von außen oder von innen verschlossen sein. Menschen sind eingesperrt im Strafvollzug, andere sind aus politischen Gründen inhaftiert und weggesperrt, viele unter grober Missachtung der Menschenrechte. Als eine spezielle Form der Isolation erleben viele die Absonderung auf Grund der Corona – Maßnahmen.
Der Evangelist Johannes erzählt, dass Jesus, der Auferstandene, in die verschlossene, angsterfüllte Gemeinschaft der Schülergruppe kommt. Er stellt sich in die Mitte – denn er ist ihre Mitte – und spricht ihnen den Frieden zu. Statt Angst ist nun Friede in ihrer Mitte. Der Auferstandene verbindet den Friedenswunsch mit einer Geste der Neuschöpfung. Er haucht seine Schüler an. Das greift die Schöpfungserzählung aus dem Buch Genesis auf. Gott hat das Erdenwesen Adám angehaucht und in ihn Lebensodem hineingeblasen, und „so wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen“ (Gen 2,7). Der Auferstandene haucht die Schüler an und spricht dazu „Empfangt heiligen Geist!“
Gottes Geist macht lebendig, mutig und weltoffen.
Der Apostel Thomas war nicht dabei gewesen, als die Jüngerinnen und Jünger die Begegnung mit dem Auferstandenen erfahren haben. Thomas hinterfragt ihre Erzählungen, er ist kritisch. Leider wird er als „ungläubiger Thomas“ bezeichnet. Unserer Meinung nach wird ihm das nicht gerecht. Für uns ist Thomas ein Vorbild. Denn er will seine eigene Erfahrung machen. Er will die Wunden berühren, das Mal der Nägel und die verwundete Seite. Das ist für ihn die Beglaubigung dafür, dass es Jesus ist, der Gekreuzigte, der ihnen als Auferstandener begegnet. Erst dann will er dem trauen.

Ingrid beim Bild in der Werktagskapelle: Begegnung mit dem Auferstandenen

Nach acht Tagen sind die Mitglieder der Schülergruppe Jesu wieder beisammen – und diesmal ist Thomas dabei. Wieder stellt sich der Auferstandene in die Mitte. Nach dem Friedensgruß wendet er sich Thomas direkt zu. Thomas darf sich vergewissern, dass es Jesus, der Auferstandene ist, der ihm begegnet. Zu gern würden wir wissen, ob Thomas tatsächlich die Wunden Jesu berührt hat. Vielleicht war es aber einfach das Wort des Auferstandenen „Sei nicht ohne Vertrauen, sondern habe Vertrauen“, das Thomas zum Ausruf bewogen hat „Mein Herr und mein Gott!“
Der Künstler Michael Seywald hat das Bild mit dem Titel „Auferstehung“ geschaffen. Die dunkle Figur und die leuchtende Figur stehen einander gegenüber, sind miteinander in Beziehung. In der dunklen Gestalt können wir den Menschen erkennen mit dem Schweren, das er trägt, mit all seinen Fragen und Wünschen. Auf dem Hintergrund des heutigen Evangeliums sehen wir auch den Apostel Thomas darin. Die strahlende Figur ist die des auferstandenen Christus. Der Körper eines gotischen Kreuzes, dem Teile fehlen, scheint durch. Der Gekreuzigte, geschunden, wie er ist, ist im Licht. Das Gesicht ist zutiefst gütig und zugewandt. Der Auferstandene begegnet dem Menschen und lädt ihn ein, zu vertrauen. Das wirklich Überraschende an diesem Bild aber ist, dass die dunkle und die lichtvolle Figur dieselbe Gestalt sind. Das symbolisiert die Entwicklung vom Irdischen zum Göttlichen.

Thomas ist ein Vorbild, weil er seine eigene Erfahrung machen und wissen wollte, wer es ist, dem er vertraut. Vorbildlich reagieren auch die Mitglieder seines Freundeskreises. Sie schließen Thomas nicht aus. Sie lassen ihm die Zeit, die er braucht. So geht es uns in unseren christlichen Gemeinden auch heute: Wir haben immer wieder – wie Thomas – Zweifel und Bedenken. Wir sind Mitglieder einer Gemeinschaft, die es ermöglicht, eigene Erfahrungen zu machen. Wir halten die Mitte frei für den, der die Mitte ist: der auferstandene Christus. Er spricht uns an, lädt uns ein zum Vertrauen, sendet uns.
Wir wünschen einander viel österliche Freude, Kraft und Zuversicht in der herausfordernden Zeit.

Musik

Eingangslied: GL 318 Christ ist erstanden
Gloria: GL 168,2 Ehre Gott in der Höhe
Halleluja: GL 175,2 mit Coda von Colin Mawby
Gabenbereitung: Improvisation Orgel
Sanctus: GL 196 Heilig, heilig, heilig
Lamm Gottes: GL 781
Danklied: Christus ist auferstanden (Otmar Faulstich)

Musikalische Gestaltung

Orgel: Peter Mittendorfer mit Chorensemble

Redaktion und Regie

Thomas Bogensberger