Kardinal Schönborn Silvesterinterview 2021
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30.01.2022, 12.30 Uhr, ORF 2

Nach Münchner Missbrauchsgutachten

Nach Münchner Missbrauchsgutachten: Viel Sünde und wenig Sühne? | Queer und katholisch: Mitarbeitende der katholischen Kirche outen sich | Hildegard Burjan: Selige im Spannungsfeld | „Leben ohne Grenzen“: Zen-Meister Thich Nhat Hanh

30.1..2022, 12.30 Uhr, ORF 2
1.2. 2022, 8.55 Uhr, ORF III
5.2. 2022, 11.30 Uhr, ARD ALPHA

Nach Münchner Missbrauchsgutachten: Viel Sünde und wenig Sühne?

„Eisernes Mauern wie damals“, konstatiert der Journalist und Kirchenkenner Josef Votzi im Interview mit der „Orientierung“. „Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Dammbruch im Missbrauchsfall des Wiener Erzbischofs Hans Hermann Groer scheint sich wenig im Vatikan verändert zu haben“.

Der Anlass der Wortmeldung: Ein Gutachten zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Erzbistum München und Freising – vom Erzbistum selbst in Auftrag gegeben – hat dem emeritierten Papst Benedikt XVI. in insgesamt vier Fällen in seiner damaligen Funktion als Erzbischof Fehlverhalten vorgeworfen.

Um das Wissen um pädophile Priester ging es dabei u.a. – und darum, dass sich Joseph Ratzinger um das Schicksal von Missbrauchsbetroffenen damals kaum bis gar nicht gekümmert haben soll. Wie reagiert man nun in Österreich auf den aktuellen Befund?

Was sagt Kardinal Christoph Schönborn? Was meint Waltraud Klasnic, die als Vorsitzende der Unabhängigen Opferschutzkommission über Jahre hinweg mit zahlreichen Missbrauchsfällen zu tun hatte? Wolfgang Treitler, Theologe und Vizedekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, als Kind selbst Opfer von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche, will jedenfalls von „Beileidsbekundungen“ der Kirche nichts mehr hören: „Ich ertrage es mittlerweile nicht mehr, denn es folgt keinerlei Konsequenz.“

„Tief betroffen“ über die Inhalte des Münchner Gutachtens zeigt sich der Feldkircher Bischof Benno Elbs. Die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen sei in Österreich anders gelaufen als in anderen Ländern und offenbar auch im Erzbistum München und Freising, so Elbs: „Das Geschehene kann nicht wieder gutgemacht werden, aber wir können den Opfern helfen, über unabhängige Instanzen."

Bericht: Marcus Marschalek, Alexandra Mantler; Länge: 8 Minuten/

Queer und katholisch: Mitarbeitende der katholischen Kirche outen sich

In einer beispiellosen Aktion mit dem Hashtag #OutInChurch haben sich in Deutschland vergangene Woche 125 Personen als queer geoutet. Es sind hauptamtliche, ehrenamtliche und ehemalige Mitarbeitende in römisch-katholischen Einrichtungen, unter ihnen auch zahlreiche Priester und Ordensleute.

Sie fordern unter anderem, „ohne Angst offen leben und arbeiten“ zu können und dass Menschen mit nicht heterosexueller Orientierung einen „diskriminierungsfreien Zugang zu allen Handlungs- und Berufsfeldern der Kirche erhalten“.

Denn viele von ihnen riskieren mit diesem Outing ihre Jobs: Im kirchlichen Arbeitsrecht – nicht nur in Deutschland – ist die sexuelle Orientierung queerer Mitarbeitender oftmals nach wie vor ein Kündigungsgrund. Das müsse sich ändern, fordern die teilnehmenden Personen. Ein „Orientierung“-Team hat einige von ihnen in Berlin getroffen und auch Reaktionen aus Österreich eingeholt.

Bericht: Verena Gleitsmann, Mitarbeit: Marcus Marschalek; Länge: 5 Minuten

Hildegard Burjan: Selige im Spannungsfeld

Sie war Politikerin und Gründerin einer Schwesterngemeinschaft: Hildegard Burjan. 1883 kam sie in Görlitz zur Welt, als Tochter einer jüdischen Familie. Nach einer schweren Krankheit konvertierte sie, wurde Katholikin. Damals war sie 26 Jahre alt. Gemeinsam mit ihrem Mann übersiedelte sie nach Wien.

1919 – nach der ersten Wahl, bei der Frauen uneingeschränkt wählen und gewählt werden konnten– war sie, als einzige Frau für die Christlichsoziale Partei, Abgeordnete in der Konstituierenden Nationalversammlung.

Im selben Jahr gründete sie die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, um soziale Nöte aufzugreifen. Vor zehn Jahren – am 29. Jänner 2012 – wurde sie im Wiener Stephansdom seliggesprochen. 45 Schwestern zählt die Gemeinschaft derzeit, wobei Hildegard Burjan selbst ja verheiratet war und eine Tochter hatte.

Die Caritas Socialis ist bis heute vor allem für ihre Angebote in den Bereichen Pflege und Hospiz bekannt. 500 Männer und Frauen engagieren sich ehrenamtlich, im Caritas Socialis Hospiz Rennweg sind es rund 70. Eine von ihnen ist die Schauspielerin Tanja Raunig. Außerdem im Interview mit der „Orientierung“: die Publizistin Ingeborg Schödl und Caritas-Socialis-Schwester Karin Weiler.

Bericht: Sandra Szabo, Länge: 9 Minuten

„Leben ohne Grenzen“: Zen-Meister Thich Nhat Hanh

Er galt als „Meister der Achtsamkeit“ und Begründer des „Engagierten Buddhismus“: Der buddhistische Lehrer Thich Nhat Hanh ist im Alter von 95 Jahren gestorben bzw. „in die große Verwandlung eingegangen“, wie die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft mitteilte.

Hanh wurde 1926 in Vietnam geboren, mit 16 wurde er Mönch. In den 1960er Jahren setzte er sich für ein Ende des Krieges ein, ein Engagement für das er jahrelange Verbannung in Kauf nehmen musste. In seiner Heimat wurden seine Bücher verboten, er musste im Exil leben. Erst 2005 konnte er zurückkehren.

Am 22. Jänner starb er nun in jenem Tempel, in dem er 1942 zum Mönch ordiniert worden war. In einem Gedicht schrieb er einst: „Dieser Körper bin nicht ich, ich bin nicht an diesen Körper gebunden, ich bin Leben ohne Grenzen.“

Bericht: Sandra Szabo, Länge: 4 Minuten

Moderation: Sandra Szabo
Redaktionsleitung: Norbert Steidl