Wolfgang Treitler, Katholischer Theologe und Betroffener von Missbrauch.
ORF/METAFILM
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Di., 07.06.2022, 22:35 Uhr, ORF 2

„Sündige Kirche“ und „Religion ohne Sexualität. Die Shaker“

Was haben ein überhöhtes Priesterbild, der vielzitierte Klerikalismus und eine rigide Sexualmoral mit Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche zu tun? Welche Rolle spielt die Priesterausbildung in Sachen Missbrauchsprävention?

Ausgehend vom Befund der großangelegten „Mannheim, Heidelberg, Gießen“-Studie, kurz MHG-Studie, die die katholische Kirche selbst in Deutschland in Auftrag gegeben hat, begibt sich ORF-Redakteurin Clara Akinyosoye für die neue „kreuz und quer“-Dokumentation „Sündige Kirche“ auf eine Spurensuche. Um 23.10 Uhr folgt „Religion ohne Sexualität. Die Shaker“ von Anita Lackenberger und Gerhard Mader.

„Sündige Kirche“

Welche strukturellen Faktoren in der Kirche können Missbrauch begünstigen und warum ist Klerikalismus problematisch? Diese Fragen erläutert die Dogmatikerin Gunda Werner. Es sind Fragen, die auch den Theologen Wolfgang Treitler beschäftigen. Er selbst hat in seiner Jugendzeit im Internat im Stift Seitenstetten in den 1970er Jahren Missbrauch erlebt.

Im Gespräch mit dem nunmehrigen Abt von Seitenstetten erzählt er eindrücklich, warum der Missbrauchsskandal auch theologisch vor brisante Fragen stellt: wie etwa vor jene nach dem Gottesbild. Zur Bedeutung der Sexualmoral kommt u. a. der Sexualtherapeut Jonni Brem zu Wort, der Täter aus dem kirchlichen Umfeld therapiert.

Wie die Doku zeigt, wurde die Kirche in Österreich mit Christoph Kardinal Schönborn zum Vorreiter im Bemühen, Missbrauchsfälle in den eigenen Reihen aufzuklären und zu verhindern. Deutlich wird dies auch anhand aktueller Beispiele: Der Besuch im bischöflichen Internat Augustinum in Graz zeigt die Veränderungen seit den 1970er Jahren, wie dort mit der belasteten Geschichte umgegangen wird und wie Präventionsarbeit gelingen kann.

Doch was hat sich innerkirchlich wirklich verändert? Und wo stehen Reformen noch aus? Neben Experten und Expertinnen hat Clara Akinyosoye auch kirchliche Vertreter getroffen, etwa Bischof Benno Elbs. Er betont in der Doku, warum Machtkontrolle in hierarchischen Organisationen wie der Kirche wichtig sind, und spricht sich für eine grundlegende Reform in der Frauenfrage aus.

Das Treffen der Redakteurin mit dem spätberufenen Priesterseminaristen Clemens Haudum gibt einen Einblick in das gemeinsame Leben im Priesterseminar in Wien heute – einem Ort, an dem die zukünftigen Priester ausgebildet werden, und geht der Frage nach, inwiefern Empfehlungen der Fachleute hier umgesetzt werden.

Ein Film von Clara Akinyosoye

ehemaliger Geflügelstall mit südseitig grossen Fenstern für mehr Licht, Sonne und Wärme für die Tiere
ORF/Gerhard Mader

„Religion ohne Sexualität. Die Shaker“

Die Shaker sind ein Stück amerikanischer Geschichte, es sind Menschen, die vor 200 Jahren auszogen, um die Welt zum Guten zu verändern. Bis heute sind die Shaker bekannt für ihre Musik, aber auch für die außergewöhnliche Designkunst.

Gegründet wurde diese christliche Bewegung von einer Frau – Ann Lee, die in den 1780er Jahren aus Manchester in die USA kam, um dort mit ihren Anhängern ihren Glauben zu verwirklichen.

Einer der zentralen Punkte ihrer Religion war ein zölibatäres Leben von Frauen und Männern in gemeinsamen Siedlungen. Die Gleichheit der Geschlechter, die Gleichwertigkeit von Frauen- und Männerarbeit, war von Beginn an ein zentrales Anliegen. Es gibt viele Bereiche, in denen die Shaker Vorreiter waren: Sie waren Pazifisten und lehnten jede Art von Rassismus ab.

Zudem waren die Shaker geniale Erfinder und Konstrukteure. Eigentum des Einzelnen war tabu. Die Shaker lebten mit Gemeinbesitz und werden oft als die ersten „Kommunisten“ Amerikas bezeichnet.

Die Shaker waren auch die ersten Samenhändler und -produzenten der Vereinigten Staaten, sie waren Vorreiter der Elektrifizierung und erfanden eine Vielzahl von Maschinen. In ihrer Blütezeit (Mitte des 19. Jahrhunderts) gab es Tausende Shaker, heute sind es nur mehr ganz wenige Menschen, die ein Leben in der traditionellen Form aufrechterhalten können.

Ein Film von Anita Lackenberger und Gerhard Mader