Rund um die Uhr Betreuung im Hospiz Rennweg
ORF/Pre TV
ORF/Pre TV
Di., 14.06.2022, 22:35 Uhr, ORF 2

„Leben bis zuletzt“ und „Leben mit der Unsicherheit“

Wie lebt es sich am Lebensende, wenn eine gute palliative Pflege gewährleistet ist? Dieser Frage ist Peter Beringer in Interviews mit Medizinerinnen und Medizinern, Fachleuten und Betreuern sowie mit Patienten und Angehörigen im CS-Hospiz Rennweg in Wien und dem Tageshospiz in Salzburg nachgegangen.

Sie geben offen Auskunft über ihr Leiden und Mitleiden, aber auch über Momente guter Lebensqualität und sogar möglicher Lebensfreude – auch wenn am Ende nichts mehr hilft. Um 23.10 Uhr folgt Andrea Eders Film „Leben mit der Unsicherheit“.

„Leben bis zuletzt“

Was hilft, wenn nichts mehr hilft? Diese Frage stellt sich für Angehörige, Mediziner/innen, Pflegekräfte, Freunde, wenn die Diagnose feststeht: Ein Mensch wird sterben, in absehbarer Zeit, unter Schmerzen, womöglich in einem langen Leidensprozess.

Die Helfer/innen stehen vor einem Problem: Wohl könnte man den Tod eine Zeitlang aufhalten, aber wie geht das, ohne die Würde des Betroffenen preiszugeben? Dem sterbenden Menschen, ob alt, ob jung, wird die Endgültigkeit des bevorstehenden Abschieds bewusst: eine Grenzsituation. Wut, Trauer, Hoffnungslosigkeit sind die dominierenden Gefühle. Hinzu kommt die Furcht vor einer sinnlosen Verlängerung der Leidenszeit durch die moderne Medizin mit ihren weit fortgeschrittenen Möglichkeiten der Lebenserhaltung.

Schon in den 1960er Jahren entstanden im angelsächsischen Raum die ersten Sterbehospize, damals begann auch die Forschung über einen ethisch und medizinisch angemessenen Umgang mit Sterbenden. Es dauerte allerdings, bis die Palliativmedizin und auch die Hospizbewegung in Österreich ankamen:

Mit dem St. Raphael-Hospiz wurde 1992 die erste stationäre Palliativeinrichtung in Wien-Hernals eröffnet. Im Jahr 2000 entstand in Salzburg das erste Tageshospiz, gleichzeitig wurden erste Palliativstationen an Akutkrankenhäusern eingerichtet.

Seitdem haben sich Hospize, Palliativmedizin und palliative Pflege in Österreich etabliert, auch wenn das Angebot an Einrichtungen bei Weitem noch nicht dem Bedarf entspricht. Eine Vielzahl von Fachleuten und ehrenamtlichen Helfern sorgt sich um die Bedürfnisse der Sterbenden. Dabei geht es keineswegs allein um medizinische Notwendigkeiten: Im Alltag geht es darum, kleine und große Wünsche zu erfüllen, Gespräche zu führen, und – wie alle Beteiligten sagen – „da zu sein“, um die Menschen nicht im Stich zu lassen.

Das ist gerade in einer Zeit wichtig, in der das neue Sterbeverfügungsgesetz in Österreich den assistierten Freitod am Lebensende zulässt. Das gleichzeitig in Kraft getretene Hospiz- und Palliativfondsgesetz will als Alternative mit bedeutenden Summen den weiteren Ausbau des Hospizwesens forcieren. Damit der Suizid für Menschen, die schwerst leiden, nicht zur Norm wird.

Ein Film von Peter Beringer

Julia Schnizlein (Pfarrerin)
ORF/Metafilm

„Leben mit der Unsicherheit“

Eine unerwartete Diagnose, ein plötzlicher Jobverlust, die Erkrankung eines Kindes – Schicksalsschläge können zu persönlichen Krisen führen. Jede und jeder handelt anders in diesen unsicheren Zeiten. Neben den Schwierigkeiten tragen diese Krisen auch das Potenzial, neue Wege einzuschlagen. Diese Lösungen können wiederum anderen Menschen Mut machen und eine positive Sicht aufs Leben aufzeigen. Einige dieser Geschichten werden in Andrea Eders Film erzählt.

Die Immobilienmaklerin Andrea Salzmann verlor ihre Tochter durch einen Gehirntumor. Aufgrund dieser Erfahrung gründet sie den Verein „BON Surprise“, der schwerstkranken Kindern und deren Familien auf Empfehlung des Allgemeinen Krankenhauses Wien temporär und kostenfrei pflegegerechte Appartements zur Verfügung stellt.

Armin Schwaiger musste seine erfolgreiche Karriere als professioneller DJ aufgeben und fing wieder an, seinen Lehrberuf Zimmermann auszuüben: „Für mich war es in der Hinsicht eine Chance – nein, man muss sagen, ich wurde gezwungen, die Chance zu nutzen, und ich habe sie genutzt.“

Psychologin Johanna Gerngroß sieht die gefühlte aufgebaute Sicherheit als Illusion: „Wir tun zwar so, als wüssten wir, wie die nächsten Jahre, als wüssten wir auch, wie die nächsten Tage ausschauen. In Wirklichkeit ist das aber nur sehr bedingt so.“

Unternehmer Gregor Demblin wachte nach einem Sprung ins Meer im Krankenhaus auf und war querschnittgelähmt, doch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er beibehalten: „Ich bin davon überzeugt, dass man im Leben fast alles erreichen kann und dass kein Traum zu groß ist, um es nicht wenigstens zu probieren.“

Die Pfarrerin der lutherischen Stadtgemeinde Wien, Julia Schnizlein, musste lernen damit zurechtzukommen, dass ihre zweite Tochter von Geburt an einen Herzfehler hat: „Wir müssen einfach zulassen, dass nicht alles im Leben immer gut läuft. Wir müssen auch das Gefühl zulassen, dass nicht immer alles in unseren Händen liegt, dass nicht alles von uns machbar ist.“

Auch der Psychotherapeut Alexander Vesely sieht in Krisen ein Entwicklungspotenzial: „Was im Moment vollkommen sinnlos erscheint, kann im Nachhinein noch zu etwas Sinnvollem gemacht werden. Es kommt auf uns an. Also wir machen aus der Krise eine Chance. Jedes Individuum hat die Freiheit, eine Krise in eine Chance zu verwandeln.“

Ein Film von Andrea Eder