Die Dokumentation von Karoline Thaler zeigt neue Erkenntnisse der Neurobiologie und geht 
tiefenpsychologischen Deutungen ebenso nach wie alten religiösen Traditionen, die Träume als Tor zur 
Sphäre des Göttlichen auffassen.
ORF/clever contents
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Di., 21.06.2022, 22:35 Uhr, ORF 2

„Träume“ und „Dänischer Alptraum“

Sind Träume bloß „Schäume“, Trugbilder? Oder sagen sie etwas Wahres über den Menschen aus, Verdrängtes oder Unbewusstes über sein Leben, seine Beziehungen und sogar seinen Transzendenzbezug? Träume gelten in vielen religiösen Traditionen als Tor zur Sphäre des Göttlichen.

Die „kreuz und quer“-Dokumentation von Karoline Thaler geht neuen Erkenntnissen der Neurobiologie ebenso wie tiefenpsychologischen Deutungen nach. Sie zeigt, was die Bewusstseinsforschung heute zum Beispiel über „luzides Träumen“ weiß.

Es kommen Fachleute ebenso zu Wort wie Menschen, deren Leben sich durch einen Traum radikal verändert hat. Um 23.10 Uhr folgt Michael Graversens Film „Dänischer Alptraum“.

„Träume“

„Wenn mich jemand fragt, was Träume zu bedeuten haben, dann sage ich mit tiefer Überzeugung, auch aus persönlicher Erfahrung im Umgang mit Träumen, Träume machen dir Appetit auf das lebendige Sein“, sagt der Theologe und Psychotherapeut Arnold Mettnitzer. Dass das Göttliche zum Menschen in Träumen spricht – und sich dadurch dem Menschen ein Tor zur Transzendenz öffnet –, war in der Antike und im Alten Orient eine gängige Überzeugung.

Vom Altertum bis ins Mittelalter gehörten der Traum und Traumdeutung sogar zur ganzheitlichen Sicht des Menschen. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich Märchen, Mythen und Sagen, Musik und bildende Kunst immer wieder mit diesem Thema beschäftigen.

Allein die Frage, WARUM wir träumen, ist noch weitgehend unbeantwortet. Was passiert mit uns, während wir in eine scheinbar andere Welt hinübergleiten? Und was soll das überhaupt sein, ein Traum? Inwieweit sind Träume relevant für die eigene Lebensführung? Und enthalten sie vielleicht sogar wichtige Erkenntnisse, die im Wachzustand nicht zugänglich sind?

„Also ich definiere den Traum gerne breit, als eine subjektive Erfahrung, die man während des Schlafens hat. Und das Wichtige oder Interessante an der Sache ist, dass diese Erfahrung im Traum praktisch unabhängig von der Außenwelt ist“, sagt die Neurologin und Schlafforscherin Francesca Siclari. Seit Jahren beschäftigt sie sich mit dem Traum und arbeitet am Universitätsklinikum in Lausanne an einer groß angelegten Traumstudie.

Bei Alpträumen, die so stark sind, dass sie zur Qual werden, kann gezieltes Schlafcoaching, wie zum Beispiel das Erlernen von „Klarträumen“, hilfreich sein. Denn mit Hilfe des sogenannten Klartraums ist es möglich, bewusst in das Traumgeschehen einzugreifen.

„Der markante Unterschied zwischen einem Traum und einem Klartraum ist, dass man im Klartraum erkennt, dass man träumt und sich noch gleichzeitig darüber bewusst ist, dass man eine Entscheidung treffen kann“, sagt die Psychotherapeutin Brigitte Holzinger, Leiterin des Instituts für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien. „Bei vielen Patienten hilft bereits die Gewissheit, Träume steuern zu können, um die Alptraumrate deutlich zu senken.“

Eine Dokumentation über das Träumen kommt an ihm nicht vorbei: Sigmund Freud. Spätestens seit seiner „Traumdeutung“ – erschienen im Jahr 1900 – ist klar, dass Träumen kein passiver Zustand, sondern ein aktives Geschehen ist, das laut Freud vom Unterbewusstsein gesteuert wird. „Das ist eine Zäsur: Plötzlich ist es möglich, den Traum als Gegenstand einer theoretischen, akademischen, wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu haben“, davon ist der Kulturwissenschaftler und Philosoph Murat Ates überzeugt. Seit Jahren beschäftigt er sich mit der Phänomenologie des Traums.

Auch wenn sich Medizin und Forschung weitgehend darin einig sind, dass Träume einen Sinn haben – restlos klären lassen sie sich bislang nicht. „kreuz und quer“ wagt eine Annäherung und spricht mit Charlotte Aigner von der Österreichischen Franz Kafka Gesellschaft über Träume und Traumbilder in Leben und Werk des Schriftstellers Franz Kafka, besucht den Tänzer und Psychotherapeuten Žiga Jereb, dessen Traum sein Leben ein stückweit verändert hat, und spricht mit dem Theologen und Psychotherapeuten Arnold Mettnitzer über die Traumdeutung in biblischen Erzählungen und ihre Relevanz für unser tägliches Leben heute.

Regisseurin Karoline Thaler hat in ihrem Film (Kamera: Klemens Koscher, Schnitt: Dominic Kubisch) die Welt des Traums mit außergewöhnlichen Bildmontagen visualisiert.

Ein Film von Karoline Thaler

Wasiullah.
ORF/AUTLOOK Film/klassefilm aps

„Dänischer Alptraum“

Nach einer traumatischen Flucht aus Afghanistan, die ihn durch halb Europa geführt hat, kommt der 15-jährige Wasiullah in Dänemark an – im Land seiner Zukunftsträume.

Der Film von Michael Graversen begleitet den Teenager über einen Zeitraum von fast vier Jahren und folgt ihm auch auf einer Zwischenstation nach Italien, wo Wasiullah zunächst auf der Straße leben muss. In all dem Elend wird die Hoffnung des jungen Mannes auf eine harte Probe gestellt.

Ein Film von Michael Graversen