Bibelessay zu 1 Korintherbrief 13, 1 – 13

Das Stichwort „Liebe“ ist zentral für das 13. Kapitel des 1. Briefes des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth. Es ist ein „Hohelied der Liebe“, das gerne bei kirchlichen Hochzeiten gelesen wird.

Dem Apostel geht es gar nicht um die Liebe zweier Menschen, die heiraten wollen. Im Gegenteil! Klare Worte statt Gefühlsduselei sind das. Neun Mal kommt das Stichwort „Liebe“ vor. Kein Lied im eigentlichen Sinn, sondern eindringliche Mahnung ist es.

Dr. Jutta Henner
ist evangelische Theologin und Leiterin der Österreichischen Bibelgesellschaft

Gottes selbstlose Liebe

Die beiden Briefe des Apostels nach Korinth sind Zeugnis für die Verbundenheit des Paulus mit der von ihm gegründeten Gemeinde. In dieser aufstrebenden, multikulturell und multireligiös geprägten griechischen Handelsstadt hatte Paulus die Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus verkündigt – und diese Predigt war auf fruchtbaren Boden gefallen. Die Gemeinde wächst. Nur wenige Jahre später hält sich Paulus auf seiner dritten Missionsreise im kleinasiatischen Ephesus auf.

In Briefen und im persönlichen Austausch mit Mitgliedern der christlichen Gemeinde in Korinth, die nach Ephesus gereist sind, erfährt Paulus von Problemen und Streitigkeiten in Korinth. Da gibt es Spaltungen in konkurrierende Gruppen, da gibt es Fragen, wie man denn als Christ seinen Alltag und seine Beziehungen in dieser multikulturellen Umgebung gestalten kann, da gibt es Konflikte darüber, wie ekstatisch denn der Gottesdienst gefeiert werden soll. Missverständnisse, Eitelkeiten, Egoismus und Rücksichtslosigkeit haben Einzug gehalten.

Erfüllte Zeit
Sonntag, 7.2.2016, 7.05 Uhr, Ö1

Paulus nimmt brieflich Stellung, gibt der Gemeinde zu konkreten Fragen konkrete Antworten, und erinnert die zerstrittenen und überheblichen Korinther an den Kern des christlichen Glaubens – die Liebe! Dabei gebraucht Paulus ein Wort für „Liebe“, das außerhalb der Bibel nahezu unbekannt ist. Obwohl es Paulus in diesem Abschnitt über die Liebe Jesus Christus nicht explizit erwähnt, ist Jesu Sendung in diese Welt für Paulus Zeichen von Gottes selbstloser Liebe, die auch und gerade denen gilt, die es nicht verdient haben. Diese Liebe nach dem Vorbild Jesu, die Menschen allein aus ihrem Glauben und ihrer Hoffnung heraus zu leben fähig sind, soll hinausgetragen werden in die Welt und so den Glauben glaubwürdig machen.

Alles Vorläufige und Vordergründige wird vergehen. Doch die Liebe in ihrer Vollkommenheit wird bleiben. In ihr leuchtet das Reich Gottes schon hier und heute in einer gebrochenen Welt auf.