Bibelessay zu Matthäus 2, 1 - 12

Jedes Jahr ersteht das Bild von neuem. Die heiligen drei Könige sieht man in den vielen Krippen, die in Häusern, Kirchen, Auslagen und auch auf manchen öffentlichen Plätzen stehen.

Im Volksmund tragen sie die Namen Kasper, Melchior und Balthasar. Mit diesen Namen bekommen die drei Buchstaben gewissermaßen ihr Gesicht, die im Umkreis dieses Festtages von den Sternsingern auf die Rahmen von Eingangstüren geschrieben werden: C - M - B; in diesen Buchstaben jedoch wird auch ein Segensspruch abgekürzt: Christus mansionem benedicat - Christus segne das Haus. Diese beiden Deutungen liegen also ziemlich weit auseinander und zeigen, dass sich das Kirchenvolk meist seine Reime auf das gemacht hat, was ihm in der unverständlichen lateinischen Sprache vorgesetzt wurde.

Wolfgang Treitler
ist katholischer Theologe und Judaist

Dass Frieden kommen wird

Und dennoch lassen sich beide Auslegungen zu einer Deutung verbinden. Denn Matthäus erzählt gewissermaßen eine doppelte Weggeschichte, in der die volkstümlichen drei Könige und die Häusersegnung zusammenhängen. Diese Könige oder Gelehrten kommen ins Heilige Land und gehen mit gewandelter Einsicht wieder nach Hause. Sie sind im Land auf den Messias getroffen - und das änderte ihre Weltsicht. Messias bedeutet ja, dass Frieden kommen wird. Diese Botschaft widerfährt den drei Weisen in Israel, in der Stadt Davids, in Betlehem, das nahe an Jerusalem liegt. Und so ziehen sie wieder zurück in ihre Heimatländer.

Erfüllte Zeit
Freitag, 6.1.2017, 7.05 Uhr, Ö1

Und was machen sie dort? Matthäus erzählt davon nichts mehr, aber es lässt sich in der Linie dieser Geschichte weitererzählen. Sie kommen nicht nach Hause, um dort alle zu terrorisieren, die dieser geänderten Weltsicht nicht entsprechen. Mir scheint, diese drei unbekannten, aber gescheiten Leute - Kasper, Melchior und Balthasar - kommen nach Hause und bringen etwas mit, das man bis dahin dort nicht gekannt hat: Den Segen aus dem Land Israel - ein messianisches Friedenszeichen. Im Namen des Messias seien die Häuser gesegnet. Christus mansionem benedicat.

Diese drei sind auch nicht mehr nach Israel zurückgekehrt, um dort zu missionieren. Das ist unnötig, denn das, was sie erfahren haben, kommt aus Israel. Sie haben eine Kernbotschaft Israels mitgenommen und hinausgetragen, den Segen des Gottes Israels.

Der Segen Israels

Wenn auch tiefe Zweifel bestehen, ob Jesus der Messias aus dem Haus Davids wirklich gewesen ist, so kann doch kein Zweifel bestehen, dass in ihm die Friedensbotschaft Israels wie ein helles Licht in der finsteren Heidenwelt aufgeleuchtet ist und kluge Menschen inspiriert hat. Von ihnen her gilt daher auch: Aufgabe der monotheistischen Religionen, die wie das Christentum auf der Basis des Judentums stehen, kann es nicht sein, sich gegen Israel und Juden zu wenden, sondern Israels Kernbotschaften unter die Völker zu bringen und dort zu leben.

So kann die Botschaft der drei Weisen auch heute den nichtjüdischen Völkern zum Segen werden. Und so wird Weihnachten das Fest der segensreichen Auffindung dieser Botschaft messianischen Friedens, deren Kunde und deren Wirklichkeit wir heute so bitter nötig haben.