2. Buch Mose 3, 1 – 10

Mose musste fliehen, weil er einen ägyptischen Sklavenaufseher erschlagen hatte. Nun hütete er die Schafe seines Schwiegervaters und wusste nicht so richtig, wie es in seinem Leben weitergehen sollte.

Als Mose den brennenden Dornbusch sah, der brannte, aber nicht verbrannte, begriff er etwas von dem großen Rätsel, das Gott für uns Menschen ist. Er hörte die Stimme Gottes: „Mose, Mose!“ Mitten bei der alltäglichen Arbeit ein scheinbar alltäglicher Ruf. Nicht Mose hatte Gott gesucht, sondern Gott hatte Mose gefunden. Nicht Mose war ein „Gott–Sucher“, sondern Gott war ein „Mose–Finder“. Gott findet den Menschen im Alltag, auch wenn der es nicht vermutet.

Ingrid Bachler
ist Oberkirchenrätin der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich

Ein Weg, der kein leichter wird

Was ist das für ein Ort, an dem Gott Mose erscheint? Kein romantischer Sonnenaufgang, keine grüne Wiese, kein blühender Garten. Es ist ein Ort mitten in der Wüste, ein Dornbusch, trocken, dürr, widerspenstig. Es ist nicht der Ort, an dem man Gott vermuten würde.

Begegnungen mit Gott finden selten in der Straßenbahn oder am gedeckten Buffet statt. Nicht, dass das ausgeschlossen wäre, aber meistens ist es doch die Krise, in der Gott begegnet. Situationen, Momente, in denen es einem sprichwörtlich die Schuhe auszieht. Es geschieht im Schmerz, in der Trauer, in der Ratlosigkeit. In einer Wüste eben. Da bricht etwas in die dumpfe, ausweglose Wirklichkeit ein und ändert womöglich alles.

Im Schmerz und in der Verzweiflung hören Menschen immer wieder, wie Gott zu ihnen spricht und ihnen Mut macht aufzubrechen und einen Weg zu betreten, der kein leichter sein wird.

Wer ist dieser Gott?

Schon sein Name ist Programm: Der Gott Israels hat mehrere Bezeichnungen und Titel, aber nur einen Namen. Er lautet: „Jahwe“. Das bedeutet: „Ich bin für euch da“, oder auch „Ich werde für euch da sein“. Im Unterschied zu den obersten Göttern der antiken Religionen drückt dieser Name nicht Macht und Überlegenheit aus, sondern Zuwendungsbereitschaft. Dieser Name enthält keine autoritären, angsterzeugenden oder unterdrückenden Anteile.

Erfüllte Zeit
Sonntag, 5.2.2017, 7.05 Uhr, Ö1

„Ich werde für dich da sein!“ ist Gottes Zusage: in überfließender Liebe, in heilender Kraft. Gott stellt sich Mose nicht nur durch seinen Namen vor, sondern durch sein praktisches Handeln, das diesem Namen entspricht. Die Befreiung aus Ägypten ist nicht eine Tat Gottes neben vielen anderen. Sie ist die Tat Gottes, durch die er sich bis heute in allem befreienden Handeln zu erkennen gibt.

In einem Liedtext von Herbert Grönemeyer erkenne ich etwas von dieser handelnden Zuwendungsbereitschaft Gottes: „Wenn du dich verloren fühlst, ich dreh mich um dich, stell mich vor den bösen Blick. Deine Tränen werde ich übernehmen, wenn sich alles verdunkelt, bring ich dich durch die Nacht. Was keiner weiß, find ich für dich raus, aus jedem Labyrinth und jeder Erpressung löse ich dich aus.“